Politik
Seit Mai dieses Jahres läuft das operative Geschäft von MediService,
einem Versandhandelsunternehmen in der Schweiz. Sein Direktor, Jean
Pierre Krähenbühl, stellte das Unternehmen kürzlich unter anderem bei
einer Fortbildungsveranstaltung der Landesapothekerkammer Hessen in
Kassel vor. Die Zufriedenheit der rund 6.000 Kunden sei extrem hoch. 100
Prozent der Nutzer würden MediService weiterempfehlen, sagte
Krähenbühl.
"Wir liefern Ihre Medikamente zu Ihnen nach Hause und helfen damit Kosten
sparen", heißt es auf dem Deckblatt der Informationsbroschüre. 15 Prozent will
MediService so realisieren. Eingespartes geht an die Krankenversicherung zugunsten
der Versicherten zurück. "Wir geben Kunden, die mithelfen, die ihre Medikamente
über MediService beziehen, am Jahresende 50 Franken", erklärt der Betreiber,
dessen Kundenkreis (im Durchschnitt 52 Jahre und älter) pro Jahr Medikamente für
rund 1600 Franken bezieht. Ohne Incentives gehe eben heute nichts mehr. Auch in
Deutschland sei noch Luft im System, meint Krähenbühl und rät den deutschen
Apothekern, nicht immer in Prozent sondern in handfesten Beträgen zu rechnen.
"Wenn Sie von 1000 Franken 200 in der Tasche haben, ist es etwas anderes als 40
Prozent von 20 Franken."
MediService arbeitet mit dem größten Schweizer Krankenversicherer Helsana
zusammen. Nach und nach werden alle chronisch Kranken angeschrieben und mit
dem Versandunternehmen bekannt gemacht. "Sie senden uns Ihr Rezept. In der
Regel erhalten Sie Ihre Medikamente innerhalb von drei Arbeitstagen portofrei per
Post zugestellt." In der Praxis sei es meist nur ein Tag nach Rezepteingang. Ist der
Empfänger nicht zu Hause, wenn der Postmann klingelt, kann er einen zweiten
Liefertermin telefonisch vereinbaren.
Sicherheitsaspekte seien beim Arzneimittelversand berücksichtigt: "Die
Medikamente werden neutral und, wenn nötig, gekühlt verpackt", klärt der Prospekt
auf. Vorher werde jedes Rezept von einem Apotheker geprüft. Für Fragen aller Art
steht bei MediService rund um die Uhr ein Kundendienst bereit. Die Telefonauskunft
ist kostenlos, und die Nummer bekommt der Kunde mit der ersten Lieferung ebenso
wie seine persönliche Kundenkarte und einen Medikamentenpaß.
Krähenbühl denkt bereits weiter. Im Jahr 2000 soll in der Schweiz ein neues
Heilmittelgesetz verabschiedet werden, das liberaler als manche kantonalen
Regelungen sein soll. Da der Generikaanteil bei den Eidgenossen lediglich drei
Prozent beträgt, "arbeiten wir an Parallelimporten und Medikamentenlisten, die
zusammen mit den Ärzten und Krankenkassen erarbeitet werden sollen". Weiteres
Sparpotential will der Manager noch aus dem Markt kitzeln: "Wir beziehen noch
ausschließlich beim Grossisten", sagt er. Aber für die 15 Prozent der Produkte, mit
denen 80 Prozent des Umsatzes gemacht werden, könnten sicherlich im Direktbezug
noch Vorteile ausgehandelt werden. Denkbar ist, aber "so wird derzeit noch nicht
gearbeitet", daß ein Arzt Rezepte sammelt und zu MediService schickt und dafür
auch honoriert wird. Dies allerdings sei ein diffiziles Parkett. An einen Versand
rezeptfreier Medikamente an Privatkunden sei derzeit nicht gedacht.
In der Diskussion haben die hessischen Apothekerinnen und Apotheker, unter
anderem die Spitzen von Kammer und Verband, massiv gegen die Übertragbarkeit
solcher Strukturen auf das deutsche Gesundheitssystem protestiert. Nicht alles, was
organisatorisch machbar sei, sei auch qualitativ sinnvoll. (Lesen Sie dazu auch das
Editorial in dieser Ausgabe.)
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Kassel

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