Pädiater befragen Parteien zur Familienpolitik |
05.09.2005 00:00 Uhr |
Am 18. September ist Bundestagswahl. Familien mit Kindern sind eine immer kleiner werdende Wählergruppe. Dementsprechend zurückhaltend sind die Parteien mit Aussagen zu den Belangen von Kindern. Die Kinderärzte wollen mit einem »Wahlkompass Kindergesundheit« zumindest die medizinischen Aspekte beleuchten.
Insgesamt 22 Fragen zu gesundheitspolitischen Problemen hat der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) den Bundestagsparteien und der Linkspartei gestellt. Gefragt wurde nach Drogenprävention, Förderung behinderter oder chronisch kranker Jugendlicher oder OTC-Erstattung für Jugendliche bis 18 Jahre. Die Ergebnisse sind unter www.kinderaerzte-im-netz.de zusammengestellt. Leider hat die Linkspartei nicht geantwortet.
Vage Aussagen
Erfreulicherweise haben sich die Kinderärzte nicht allein auf medizinische Fragen beschränkt, sondern auch nach allgemeinen familienpolitischen Themen gefragt. So mussten die Parteien auch erklären, wie sie die soziale Situation von Familien verbessern wollen, was sie für eine höhere Geburtenrate unternehmen und wie sie die vorschulische und schulische Ausbildung organisieren. Interessanterweise sind hier die kleinen Parteien FDP und Grüne weitaus aktiver als CDU und SPD, wobei alle beim Zeithorizont im Vagen bleiben. Auffällig ist auch, dass die CDU zumindest in der eingestellten Antwort zu Kindergärten überhaupt keine Aussage macht, dafür aber die Eltern bei der frühkindlichen Erziehung stärken will.
Im Ergebnis, aber nicht in der konkreten Ausführung sind sich die Parteien, einig darüber, dass Kinder auch in Zukunft keinen Krankenkassenbeitrag zahlen müssen. Während SPD und Grüne sie weiterhin in der Familienversicherung lassen wollen, stellen Union und FDP eine steuerfinanzierte Variante in Aussicht. Da sie die GKV auf pauschale Beiträge umstellen wollen, ist eine Familienversicherung für sie zwangsläufig obsolet.
Interessanterweise wollen zwar alle Parteien die Prävention ausbauen und die Impfraten erhöhen, CDU, SPD und Grüne machen sich aber nicht dafür stark, dass die GKV für alle von der STIKO empfohlenen Impfungen die Kosten übernimmt. Allein die FDP will sich für eine generelle Kostenübernahme der STIKO-Impfungen einsetzen. Allerdings soll dies auch über Impfaktionen der Gesundheitsämter erreicht werden, was bei den Kinderärzten wahrscheinlich auf keine große Begeisterung stößt.
Wenig Euphorie bewirkt auch die Aussage der Union zum Erhalt der ambulanten Kinder- und Jugendärzte als eigenständige Fachgruppe. Während FDP, Grüne und SPD dies befürworten, merkt die CDU an, dass der Berufs Kinderarzt angesichts sinkender Geburtenzahlen an Attraktivität verliere. Deshalb müsse man sich die Frage stellen, wie man eine »den Besonderheiten der Kinder gerecht werdende medizinische Versorgung sichern« könne.
Altbekanntes bieten die Parteien zur Frage nach einer Anhebung der Altersgrenze für die Erstattung von OTC-Arzneimitteln. Union und FDP verweisen darauf, dass sie entsprechende Anträge in den Bundestag eingebracht hätten, diese aber von der rot-grünen Mehrheit abgelehnt wurden. SPD und Grüne lehnen eine generelle Erstattung bis zu einem Alter von 18\ Jahren ab und verweisen auf die Ausnahmeliste des Gemeinsamen Bundesausschusses. Hier plädieren die Grünen immerhin dafür, die Liste schrittweise zu erweitern.
Kritik an Off-label-Use
Mit der Arzneimittelversorgung von Kindern ist keine der gefragten Parteien zufrieden. Zu wenige Arzneimittel seien für Kinder getestet und zugelassen, zu häufig müssten Kinderärzte diese für den Off-label-Use verordnen. CDU und SPD wollen allerdings keine nationalen Gesetze ändern, sondern verweisen auf eine europäische Lösung. Die FDP beschränkt sich darauf, den Status quo für unbefriedigend zu erklären. Eine Belohnung von Pharmaunternehmen, die ihre Arzneimittel auch für Kinder testen, kann sich nur eine Partei vorstelle die Grünen.
Angesichts der eher geringen Beachtung, die Kinder- und Familienpolitik
im aktuellen Wahlkampf zuteil wird, ist der Wahlkompass Kindergesundheit
eine sehr hilfreiche Informationsquelle über die Positionen der Parteien.
Die ausgewählten Fragen betreffen natürlich auch Themen, die nicht Eltern,
sondern die Ärzte der Kinder interessieren. Ein echter Wahlkompass ist das
Werk deshalb nur für Pädiater.
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