Politik
Die SPD sieht in der
Gen- und Biotechnik ein unverzichtbares Instrument der
biologischen und biomedizinischen Forschung. Der Erfolg
der neuen Technologie in Deutschland werde aber von ihrer
Akzeptanz in der Bevölkerung abhängen, sagte
SPD-Vorstandsmitglied Wolf-Michael Catenhusen auf einer
Veranstaltung in Bonn.
Während gentechnisch hergestellte Arzneimittel von den
Menschen weitgehend akzeptiert würden, stießen
gentechnisch veränderte Lebensmittel auf große Skepsis
beim Verbraucher. Dies werde sich ändern, wenn
gentechnische Lebensmittel einen direkten Nutzen für den
Verbraucher hätten. So werde sich eine allergenfreie
Reissorte sehr wahrscheinlich am Markt durchsetzen,
während dies für gentechnisch verändertes Soja
sicherlich nicht gelte. Da Vertrauen in der Bevölkerung
nur durch Transparenz entstehen könne, sei eine
grundsätzliche Kennzeichnungpflicht unabdingbar.
Für die medizinische Gentechnik sieht Catenhusen in
Deutschland nur eine Chance, wenn es gelinge, die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für kleine
Technologiefirmen zu verbessern. Diese seien auch in den
USA der eigentliche Motor für Innovationen. In
Deutschland fehlten Risikokapitalfonds, die jungen
Wissenschaftlern Startkapital zur Gründung einer eigenen
Firma liefern könnten. Außerdem müßten Forscher an
den Hochschulen dabei unterstützt werden, ihre
Erkenntnisse als Patent anzumelden. Dies sei die Basis
für den Wissenstransfer zwischen Universität und
Wirtschaft.
Der SPD-Politiker warf der Bundesregierung vor, zu spät
mit der Förderung der Gentechnik begonnen zu haben. Das
BioRegio-Programm sei zwar eine gute Sache gewesen, aber
deutlich zu spät gekommen. BioRegio war ein vom
Bundesforschungsministerium ausgeschriebener Wettbewerb,
in dem deutsche Regionen ihre Leistungsfähigkeit in der
Biotechnologie verglichen. Den Vorwurf, die SPD habe die
Biotechnik jahrelang blockiert, wies Catenhusen zurück.
Seine Partei habe die neuen Technologien immer begrüßt
und lediglich "klare Rahmenbedingungen in Bezug auf
Ethik und Umweltschutz" gefordert.
Ein klares Nein kommt von der SPD zur Keimbahntherapie
und zum Klonen von Menschen. Der Hamburger Senator Dr.
Fritz Vahrenhold hält eine Bewertung von vererbenswerten
und nichtvererbenswerten Eigenschaften für äußerst
bedenklich. "Da spüren wir die Nähe zum
faschistischen Gedankengut." Der SPD-Senator
forderte ein weltweites Verbot dieser Technik.
Bio- und Gentechnik seien heute unverzichtbare
Schlüsseltechnologien, so Vahrenhold weiter. Aufgabe der
Politik sei es jetzt, einen offenen Diskussionsprozeß in
der Bevölkerung anzuregen und zu moderieren. Dieser
dürfe jedoch nicht mit dem vordergründigen Ziel
geführt werden, die Akzeptanz der Gentechnik zu
erhöhen. Vielmehr müsse es darum gehen, Risiken und
Chancen abzuwägen und eine von weiten Teilen der
Gesellschaft getragenen Konsens zu finden.
Arbeitsplätze und Gentechnik
Recht zurückhaltend sind heute die Prognosen über die
Zahl der Arbeitsplätze, die durch die Gentechnik
entstehen werden. Gingen Studien Anfang der neunziger
Jahre noch von mehreren Millionen neuer Stellen aus,
erwarten heute Experten bis zum Jahr 2000 nur noch
Zuwächse im fünfstelligen Bereich. Laut einer
Prognos-Studie werden in den nächsten Jahren lediglich
rund 20 000 neue Stellen in der Biotechnik entstehen. Dr.
Ulrich Dolata vom Bremer Institut für interdisziplinäre
Technikforschung glaubt, daß selbst diese Zahl noch zu
hoch gegriffen sei. Im wesentlichen würden neue
Arbeitsplätze alte ersetzen und sich so in der Summe
wenig verändern. Auch Dr. Lutz Müller-Kurth,
Vorsitzender der Vereinigung deutscher
Biotechnikunternehmen, erwartet frühestens für 2010
einen nennenswerten Anstieg der Stellenzahl. Prognosen
seien jedoch sehr schwierig, da die meisten Unternehmen
in diesem Bereich erst wenige Jahre existieren und ihre
Perspektiven noch nicht einschätzen können.
PZ-Artikel von Daniel Rücker, Bonn
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