Politik

Angehörigen der gesetzlichen Krankenversicherung droht in diesem Jahr
keine höhere Selbstbeteiligung, wenn ihre Krankenkasse den Beitragssatz
anhebt. Im Zusammenhang mit dem Gesetz über Finanzhilfen für die
ostdeutsche Krankenversicherung setzte der Bundestag die erst im
vergangenen Jahr im Rahmen der dritten Stufe der Gesundheitsreform
beschlossene Koppelung bis Ende 1998 aus.
Danach wird ab 1999 der kassenartenübergreifende Finanzausgleich für die Dauer
von zwei Jahren auf die gesetzliche Krankenversicherung in den neuen Ländern
ausgedehnt. Bereits in diesem Jahr haben Krankenkassen die Möglichkeit, im
Rahmen freiwilliger Selbsthilfe, Kassen des eigenen Systems in den neuen Ländern
finanziell zu unterstützen. Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer nannte es in der
parlamentarischen Debatte konsequent, die westdeutschen Krankenkassen und ihre
Versicherten nicht für finanzielles Engagement zwischen Elbe und Oder auch noch zu
bestrafen. Ein zeitliches Zusammentreffen von erhöhten Zuzahlungen und Finanzhilfen
für die ostdeutsche Krankenversicherung finde bei den Bürgern keine Akzeptanz.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Lohmann widersprach der These, die
Regierungskoalition verschiebe aus wahltaktischen Gründen eine zusätzliche
Selbstbeteiligung der Patienten bei Arzneimitteln, Massagen und Klinik-Aufenthalten.
Westdeutschen Beitragszahlern sei es schlicht und einfach nicht zuzumuten, mit ihren
finanziellen Ressourcen die Miesere der ostdeutschen Krankenkassen zu lindern.
Nach Ansicht des FDP-Parlamentariers Dieter Thomae, Vorsitzender des
parlamentarischen Gesundheitsausschusses, kommt auf die Versicherten und ihre
Arbeitgeber in den nächsten Monaten keine Welle von Beitragssatzerhöhungen zu.
Die Krankenkassen stünden inzwischen in einem harten Wettbewerb untereinander.
Dabei würden sie ihren Mitgliedern ohne Not keine zusätzlichen finanziellen
Belastungen mehr aufbürden. Andernfalls drohe der Verlust von Marktanteilen.
Koalitionsintern haben sich Union und Liberale darauf verständigt, dem bayerischen
und baden-württembergischen Drängen nach einer regionalisierten
Krankenversicherung nicht nachzugeben. Das Gesetz über die Finanzhilfe für
ostdeutsche Krankenkassen sieht deshalb lediglich vor, den Sachverständigenrat für
die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen um ein Gutachten über die
Regionalisierung zu bitten. Damit ist offen, wie sich das Münchner und das
Stuttgarter Kabinett bei der Schlußabstimmung im Bundesrat verhalten werden. Ein
positives Votum der Kammer gilt allerdings als gesichert, da auch
sozialdemokratisch regierte Länder der Finanzhilfe für die gesetzliche
Krankenversicherung zwischen Elbe und Oder am 6. März keine Hindernisse in den
Weg legen wollen.
PZ-Artikel von Jürgen Becker, Bonn


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