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Niederländer brauchen Versanderlaubnis

Datum 24.01.2005  00:00 Uhr
Kammergericht

Niederländer brauchen Versanderlaubnis

von Thomas Bellartz, Berlin, und Daniel Rücker, Eschborn

Nach einem Urteil des Kammergerichts Berlin dürfen niederländische Arzneiversender verschreibungspflichtige Präparate nicht ohne behördliche Genehmigung nach Deutschland liefern. Bis auf Weiteres wird sich in der Praxis vorerst dennoch nichts ändern. Denn das Verfahren richtete sich persönlich gegen DocMorris-Gründer Jacques Waterval.

Mit ihrer Entscheidung vom 9. November 2004 bestätigen die Berliner Richter die Sicherheitsbedenken vieler deutscher Apotheker gegen den grenzüberschreitenden Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Niederländische Apotheken dürften nach Auffassung nur dann nach Deutschland versenden, wenn sie entweder eine gültige Versanderlaubnis haben oder die Niederlande zu den Staaten gehören, die für den Versandhandel vergleichbare Rahmenbedingungen und Sicherheitsstandards haben. Das Kammergericht hat die Revision nicht zugelassen. Die einzige Möglichkeit für Waterval ist eine Nichtzulassungsbeschwerde.

Aus Sicht der Apotheker hat das Urteil allerdings einen gravierenden Schönheitsfehler: Es gilt lediglich für DocMorris-Mitbegründer Waterval. Er – und nicht das von ihm gegründete Unternehmen – war Beklagter in dem Verfahren. Mittlerweile ist er jedoch bei dem Versender ausgeschieden. Da Entscheidungen von Zivilgerichten nur inter pares, also zwischen den Parteien, Rechtskraft entfalten, hat das Urteil keine unmittelbaren Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Versandhandel mit Arzneimitteln.

Neuer Prozess gegen DocMorris

Das weiß auch der Berliner Verband Sozialer Wettbewerb, der das Verfahren gegen Waterval angestrengt hatte. Geschäftsführerin Angelika Lange sieht das Urteil als Motivation dasselbe Verfahren gegen DocMorris und dessen aktuellen Geschäftsführer Ralf Däinghaus zu führen. Bereits Anfang Januar hatte der Verband dem niederländischen Versender eine Unterlassungserklärung zugestellt – erwartungsgemäß ohne Reaktion aus dem Nachbarland. DocMorris versendet weiter verschreibungspflichtige Medikamente nach Deutschland. Am 19. Januar reichte der Wettbewerbsverband deshalb Klage beim Landgericht in Berlin ein.

Eine kurzfristige Entscheidung ist allerdings ausgeschlossen. Wie Lange erklärt, hat der Wettbewerbsverband keine einstweilige Verfügung beantragt, sondern ist direkt in das Hauptsacheverfahren eingestiegen. Die mündliche Verhandlung wird frühestens im Sommer stattfinden. Eine Prognose zum Urteilstermin wollte Lange nicht abgeben.

Kammer erwartet keine Kehrtwende

Die Apothekerkammer Berlin (AKB) begrüßt die Entscheidung des Kammergerichts Berlin, warnt aber vor unrealistischen Erwartungen an eine Eindämmung des EU-weiten Versandhandels mit Arzneimitteln. „Das Urteil ist uneingeschränkt zu begrüßen. Es setzt ein deutliches Zeichen für die Arzneimittelsicherheit, den Verbraucherschutz und den fairen Wettbewerb,“ erklärte Geschäftsführer Rainer Auerbach. An der aktuellen Situation ändere das Urteil allerdings nichts, da es nicht gegen einen aktiven Versandhändler ergangen sei. Auerbach rät, die Auswirkungen des Urteils nüchtern zu bewerten. Dabei dürfe nicht verkannt werden, dass der grenzüberschreitende Versandhandel mit Arzneimitteln von der Gesundheitspolitik gewollt sei. Daher müsse man eher mit Korrekturen des Gesetzgebers am Arzneimittelgesetz und am Apothekengesetz – und damit einer Harmonisierung des hohen deutschen Schutzniveaus auf einen niedrigeren EU-Level – rechnen als mit einer Kehrtwende beim Versandhandel. Dies bedeute, dass bei Apothekerinnen und Apothekern nicht der Eindruck entstehen dürfe, das Thema DocMorris & Co. sei mit dem Berliner Urteil „erledigt“.

Auf das Urteil Bezug genommen hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Wolf Bauer in seiner jüngsten schriftlichen Frage an die Bundesregierung, die am 21. Januar dem Bundeskanzleramt zugestellt wurde. Der Euskirchener Apotheker, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags, will wissen, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus dem Kammergerichts-Urteil ziehe. Und wenn sie keine Konsequenzen ziehe, dann solle sie mitteilen, warum nicht. Eine Antwort aus dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung dürfte in Kürze vorliegen. Endgültige Klarheit wird aber auch sie nicht geben.

 

Kommentar: Versandverbot für Waterval Schade, schade. Um ein Haar hätte DocMorris vor dem Kammergericht Berlin eine schwere Schlappe einstecken müssen. Hätte der Verband sozialer Wettbewerb vor drei Jahren nicht gegen Jacques Waterval, sondern gegen das Unternehmen geklagt, dann hätte der Versender heute ein großes Problem. Leider kam alles ganz anders.

Im Jahr 2001 war DocMorris-Mitgründer Apotheker Waterval noch für das Tun des Unternehmens verantwortlich. Deshalb richteten die Wettbewerbsschützer die Klage gegen ihn. Kurze Zeit später schied Waterval aus dem Unternehmen aus. Das Verfahren lief zwar weiter, aber eben nicht gegen das Unternehmen DocMorris.

Deshalb ist das Urteil des Kammergerichts Berlin auch keine hohe Wellen schlagende Sensation. Vielleicht wird es bei einigen Politikern den Blick für die Risiken des grenzüberschreitenden Versandhandels schärfen. Es ist auch ganz sicher eine Bestätigung für die Bedenken der Apotheker gegen Geschäftsmodelle à la DocMorris. Es wäre aber naiv, aus dem Richterspruch weit reichende Konsequenzen für niederländische Versender abzuleiten. Die Berliner Richter haben dem niederländischen Apotheker Jacques Waterval den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verboten, mehr nicht.

Daniel Rücker
Stellvertretender Chefredakteur

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