Plasma statt Pflaster |
Annette Rößler |
04.10.2023 07:00 Uhr |
Da es die Kaltplasma-Therapie noch nicht so lange gibt, sind die Langzeiterfahrungen damit begrenzt. Zu befürchten sein könnte etwa eine mutagene Wirkung, die letztlich zur Krebsentstehung führt. Hinweise darauf gibt es aber der Leitlinie zufolge keine, weder aus In-vitro-Tests, aus Tierversuchen noch aus klinischen Untersuchungen. Bei Letzteren betrage der Beobachtungszeitraum bisher sieben Jahre.
Die positiven Wirkungen von Kaltplasma sind laut der Leitlinie so gut belegt, dass sie für die Anwendung bei chronischen und infizierten Wunden sowie als Behandlungsversuch bei ulzerierten, offenen, anaerob kontaminierten Tumormetastasen starke Empfehlungen ausspricht. Da noch keine evidenzbasierten Standards für die Therapie existieren, gilt das jedoch immer nur für bestimmte Geräte, deren Hersteller die entsprechenden Studien durchgeführt haben.
In der Tat konnten schon mehrere Hersteller für ihre Produkte in Studien starke Effekte nachweisen; erst kürzlich war in einer geplanten Zwischenauswertung einer herstellergesponsorten Studie eine Verbesserung der Wundheilungsrate bei Patienten mit chronischen Wunden um 214 Prozent zu verzeichnen (»Journal of Clinical Medicine«, DOI: 10.3390/jcm12155121). Allerdings konnte eine Metaanalyse vor wenigen Jahren die wundheilungsfördernde Wirkung von Kaltplasma nicht bestätigen. Die Anwendung war zwar sicher und gut verträglich, führte aber insgesamt nicht zu einem schnelleren Wundschluss oder einer signifikanten Keimreduktion (»International Wound Journal« 2018, DOI: 10.1111/iwj.12999).
Zurzeit ist die Kaltplasmatherapie keine Kassenleistung; die Kosten in Höhe von circa 50 Euro pro Sitzung müssen gesetzlich Krankenversicherte daher selbst tragen. Es ist jedoch möglich, dass sich das in naher Zukunft ändert. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) startete 2021 auf Antrag der Firma Neoplas ein Bewertungsverfahren der Kaltplasmabehandlung bei chronischen Wunden, nachdem diese für ihr Gerät Kinpen® Med überzeugende Studienergebnisse hatte vorlegen können.
Laut der jüngsten Bekanntmachung zu diesem Verfahren aus dem Februar 2023 hält der G-BA den Nutzen der Kaltplasmabehandlung bei chronischen Wunden zwar noch nicht für hinreichend belegt, sieht in ihr aber »das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative«. In einer Studie im Auftrag des G-BA soll nun geklärt werden, ob die Plasmatherapie der Standard-Wundbehandlung überlegen ist. Sollte der G-BA das schließlich offiziell feststellen, müssten die Krankenkassen die Kosten übernehmen.