Pharmazie bleibt spannend |
Daniela Hüttemann |
02.07.2019 11:00 Uhr |
Die meisten Absolventen der Hamburger Pharmazie nahmen ihr Zeugnis für das zweite Staatsexamen persönlich von ihrem Professor Dr. Peter Heisig (hinten Mitte) entgegen. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
»Der Tag der Pharmazie trägt unsere Forschung nach außen«, erklärte Institutsleiter Professor Dr. Wolfgang Maison zur Begrüßung der Absolventen bei der Festveranstaltung. Zuvor hatten Doktoranden aus verschiedenen Arbeitskreisen ihre Arbeiten in Kurzvorträgen oder als Posterpräsentation vorgestellt. Als herausragende Promotion der Hamburger Pharmazie im vergangenen Jahr wurde die Arbeit von Dr. Serge Kliewer aus Maisons Arbeitsgruppe mit dem Niemann-Innovationspreis für Pharmazie ausgezeichnet. Thema der Arbeit waren Untersuchungen zur Oberflächenmodifikation von Kunststoffen mit quartären Ammoniumsalzen zur Herstellung kontaktaktiver Biozide.
Besonders gespannt auf den Tag der Pharmazie waren natürlich die Absolventen des zweiten Staatsexamens, die im feierlichen Rahmen ihr Zeugnis und viele gute Wünsche entgegennahmen. »Es war ein steiler, manchmal steiniger Weg«, resümierte eine der Absolventinnen. »Sie haben viel Zeit und Energie investiert, aber die Belohnung ist groß«, gratulierte Institutsleiter Maison. »Sie haben viele interessante Dinge gelernt und haben exzellente Berufsaussichten.« Das bestätigte Kai-Peter Siemsen, Präsident der Hamburger Apothekerkammer, in seinem Grußwort: »Apotheker ist einer der charmantesten und wichtigsten, wenn auch stark unterschätzten Berufe, der sehr vielfältig ist. Egal, wo Sie arbeiten werden und was für Verwaltungskram auf Sie zukommt, Sie können Menschen helfen und Sie werden gebraucht!« Auch Professor Dr. Peter Heisig betonte bei der Zeugnisübergabe: »Sie übernehmen Verantwortung für kranke Menschen – achten Sie darauf, dass Sie stets auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft bleiben.«
Ein besonderer Höhepunkt des diesjährigen Tags der Pharmazie war, dass die Veranstaltung mit dem 600. Vortrag der Hamburger Landesgruppe der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) zusammenfiel. Dazu referierte der amtierende DPhG-Präsident Professor Dr. Stefan Laufer von der Universität Tübingen über die Zukunft der akademischen Wirkstoffforschung. Da die großen Pharmafirmen deutlich bei ihrer präklinischen Forschung den Rotstift angesetzt haben, sieht er eine Riesenchance für Kollaborationen mit den Unis und Ausgründungen ihrer Institute.
Laufers Vortrag steht nun in einer Reihe mit denen bedeutender Pharmazieprofessoren, wie zuvor die emeritierten Hamburger Professores und ehemaligen Landesgruppen-Vorsitzenden Dr. Hans-Jürgen Duchstein und Dr. Elisabeth Stahl-Biskup im Dialog in einem Rückblick auf die Vortragsreihe hervorgehoben hatten. Die DPhG wurde 1890 unter Federführung Hermann Thoms' in Berlin gegründet. In der Folge entstanden zahlreiche Regionalgruppen. Die Landesgruppe Hamburg wurde bereits 1946 nach dem Zweiten Weltkrieg noch vor dem Dachverband wiedergegründet und begann ihr immer noch laufendes Vortragsprogramm.
Professor Dr. Hans-Jürgen Duchstein und Professor Dr. Elisabeth Stahl-Biskup blickten zurück auf 600 Vorträge der DPhG-Landesgruppe Hamburg. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Unter den Referenten findet sich das »Who is who« der deutschen Pharmazie und verwandter Wissenschaften, deren teils jahrzehntelang zurückliegende Vorträge heute immer noch relevant sind, wie Duchstein und Stahl-Biskup erläuterten. So stellte Professor Dr. Ewald Sprecher bereits 1970 die Frage, ob biogene Arzneimittel überholt sind. »Damals war die Antwort nein – und heute ist sie es erst recht, man denke nur an die vielen monoklonalen Antikörper«, kommentierte Stahl-Biskup. 1982 ging es beim 300. Vortrag von Pharmaziehistoriker Professor Dr. Rudolf Schmitz um die Selbstverantwortlichkeit des Apothekers in Studium, Fort- und Weiterbildung – ebenfalls heute noch ein aktuelles Thema.
Im 500. Vortrag stellte sich 2007 Professor Dr. Wolfgang Wiegrebe die Frage: »Radiopharmazie – ein Arbeitsgebiet auch für Apotheker?« und war damit auch seiner Zeit voraus, wie ein aktueller PZ-Titelbeitrag illustriert. Und selbst das Thema des 100. Vortrags »Der gegenwärtige Stand der Tuberkulose-Therapie«, von Nobelpreisträger Professor Dr. Gerhard Domagk gehalten, ist heute noch immer noch ein Gebiet, auf dem sich (wieder) einiges tut. Der Blick in die Vergangenheit zeigt, was Kammerpräsident Siemsen zuvor den Studenten mit auf den Weg gab: »Die Pharmazie ist eine lebendige Wissenschaft, die Neuerkenntnisse bis zu Ihrer Rente verspricht.«