Pharmazeutische Betreuung hilft |
Sven Siebenand |
06.06.2023 18:00 Uhr |
Professor Dr. Ulrich Jaehde von der Universität Bonn sprach beim Fortbildungskongress Pharmacon in Meran über die pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie. / Foto: PZ/Alois Müller
Beim Pharmacon-Kongress in Meran informierte Professor Dr. Ulrich Jaehde von der Universität Bonn, dass mittlerweile mehr als 100 Substanzen für eine orale Antitumortherapie zur Verfügung stehen, insbesondere zahlreiche Tyrosinkinasehemmer. Mit ihnen sei es möglich, viel personalisierter zu behandeln als früher. Dass die Ärzteschaft davon auch Gebrauch macht, zeigen die Verordnungszahlen dieser Medikamente, die in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind.
Jaehde macht aber auch deutlich, dass es neben Chancen der oralen Antitumortherapie auch Herausforderungen gibt. »Nur bei richtiger Anwendung sind die Mittel ein Gewinn für die Patienten. Werden sie falsch angewendet, können sie schaden.« Die Apotheke kann einiges dazu beitragen, dass letzterer Fall nicht eintritt. So ist es laut dem Professor für Klinische Pharmazie wichtig, Patienten gezielt zu informieren, etwa über den Ablauf von Therapiezyklen, zum Vorgehen bei einer vergessenen Einnahme und auch zu möglichen Wechselwirkungen mit OTC-Präparaten.
Auch das Prüfen und Fördern der Adhärenz ist aus Sicht des Referenten eine wichtige Aufgabe. Zwar seien Krebspatienten häufig adhärenter als andere Patienten, aber auch unter den Tumorpatienten gibt es Personen, die es mit der Einnahmetreue nicht so genau nehmen. Einnahmepläne, Schulungen zur Bedeutung einer korrekten Einnahme oder Informationen über Erinnerungsmöglichkeiten: Man könne einiges für nicht adhärente Patienten tun, so Jaehde. Untersuchungen hätten gezeigt, dass bei initial wenig adhärenten Patienten dadurch oft die Einnahmetreue verbessert werden kann.
Besonders wichtig ist es, bei der Abgabe oraler Antitumortherapeutika auf Interaktionen zu prüfen. Ein häufiges Problem sei Jaehde zufolge die Kombination eines Kinasehemmers mit einem Protonenpumpenhemmer (PPI). Er erinnerte daran, dass die Erhöhung des pH-Wertes im Magen durch einen PPI zu einer deutlichen Abnahme der Plasmakonzentration des Krebsmedikaments und damit zu einer Wirkabschwächung führen kann. Dieses Problem sei von Substanz zu Substanz unterschiedlich groß. Erlotinib und Dasatinib seien Beispiele für Arzneistoffe, bei denen die Kombination mit einem PPI sehr relevant ist.
Zu prüfen ist auch, ob starke Enzyminduktoren oder -inhibitoren in der Begleitmedikation ein Handeln erfordern, weil sie die Wirkung des Krebsmittels entweder deutlich abschwächen oder erhöhen beziehungsweise die Nebenwirkungsrate deutlich ansteigen lassen. Jaehde betonte, dass auch die Interaktion mit Nahrungsmitteln in den Blick zu nehmen sei. »Die Einnahmeempfehlungen für Kinasehemmer unterscheiden sich sehr«, sagte der Apotheker.