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Kurzzeittherapie hilft Schreibabys und ihren Eltern

07.10.2002  00:00 Uhr
Pharmacon Mallorca

Kurzzeittherapie hilft Schreibabys und ihren Eltern

Endlich ist das Baby auf der Welt. Die Freude bei den Eltern ist groß. Was jedoch, wenn das Kind nicht aufhört zu schreien und sich scheinbar durch nichts beruhigen lässt? Schreibabys treiben ihre Eltern an den Rand der Verzweiflung. Eine körperorientierte Kurzzeittherapie verspricht Hilfe.

Alle Säuglinge schreien, aber einige mehr und länger, erklärte Dr. Peter Keller vom Diagnose- und Behandlungszentrum für Kinder und Jugendliche in Berlin. Sie verunsichern ihre Eltern, die sich in ihrer Vorfreude auf das Kind alles ganz anders vorgestellt hatten.

Säuglinge zwischen ein und drei Monaten schreien vor allem in den Abendstunden. Normal sind zwischen drei und fünf Stunden. Das Schreien nimmt innerhalb der ersten sechs Wochen zu, danach bis zum dritten Monat auf durchschnittlich eine Stunde wieder ab. Schreibabys, etwa ein Viertel aller Kinder in diesem Alter, schreien an mehr als drei Tagen pro Woche zwischen drei und fünf Stunden. Selbst wenn sich die Kinder – oft durch Ablenken – beruhigen lassen, hält dies nur kurze Zeit an.

Scheinbar gibt es für das Schreien keinen Grund. Schreibabys sind nur selten ernsthaft krank. Typisch sind Probleme beim Füttern, die oft gleichzeitig auftreten, aber nicht die Ursache für das Schreien sind. Zwischen gestillten und mit der Flasche ernährten Kindern besteht kein Unterschied. Die viel beschworenen Blähungen oder Dreimonatskoliken sind nicht die Ursache, sondern eine Folge des Schreiens, weil die Kinder viel Luft schlucken. Entschäumungsmittel bringen daher keine Besserung.

Warum also schreien die Kinder? Ursache ist eine frühe Beziehungsstörung zwischen Säugling und Eltern. Babys kommen nicht mit der Fähigkeit auf die Welt, ihr Verhalten selbst zu regulieren, erklärte Keller. Schreibabys sind leichter und stärker erregbar als ihre ruhigeren Altersgenossen. Sie können sich nicht gegen die vielen Einflüsse der Umwelt abschirmen. Durch die oft panischen Reaktionen der Eltern machen die Babys die Erfahrung, dass sie nicht verstanden werden und keine Hilfe erhalten.

Verzweiflung und Enttäuschung

Bei den Eltern führt das ständige Schreien ihres Kindes zu Verzweiflung und Enttäuschung. Sie stehen dem Problem hilflos gegenüber und haben das Gefühl zu versagen. Durch den Schlafmangel leiden sie an chronischer Erschöpfung und Überforderung. „Die Familien sind völlig am Ende ihrer Kräfte“, sagte Keller. Zu oft werde dies übersehen – auch von Ärzten, die dem Problem oft nicht viel weniger hilflos gegenüber stehen als die Eltern selbst. Verständlich, dass einige Eltern dann Wut empfinden, auch gegenüber dem Kind. Oft kommt es zu Problemen zwischen den Partnern, die sich gegenseitig Vorwürfe machen.

Viele Eltern gehen dazu über, das Kind mit Tricks vom Schreien abzuhalten. Vor allem bei Ein- und Durchschlafstörungen, die oft gleichzeitig mit dem Schreien auftreten, versuchen Eltern ihr Kind zu überlisten. Sie fahren mit ihm im Auto spazieren, stellen das Bettchen auf die Waschmaschine, beginnen beim ersten Schrei zu stillen oder versuchen, es mit der Teeflasche zu beruhigen. Typisch ist auch das so genannten Cocktail-Shaker-Syndrom, bei dem meist die Mutter das Kind ständig in Bewegung hält, damit es nur ja nicht anfängt zu schreien. Eine echte Interaktion zwischen Mutter und Kind ist dabei nicht mehr möglich.

Was hilft Eltern und Kind? Zunächst wird das Kind untersucht, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen. „Oft hilft den Eltern schon die Erklärung, dass ihr Kind gesund ist“, sagte Keller. Denn die Sorge, dass doch etwas nicht stimmen könnte, ist oft übermächtig. Die Berliner Ärzte und Psychologen bieten den Eltern eine psychotherapeutische Beratung im Rahmen einer körperorientierten Kurzzeittherapie an. Therapieziel ist, die Interaktion zwischen Mutter beziehungsweise Eltern und Kind zu verbessern und so das auffällige Verhalten möglichst zu normalisieren. Auch Methoden zur Stressbewältigung mit Hilfe von Entspannungsanleitungen, Übungen zur Körperwahrnehmung sowie Babymassagen sind Teil der Therapie.

Dabei soll die Selbstregulation des Babys gefördert und Stress bei Eltern und Kind abgebaut werden. Die Eltern lernen, wie sie den verloren gegangenen emotionalen Kontakt zu ihrem Kind besser regulieren und die eigenen Barrieren, die sich im Lauf der vergangenen Wochen aufgetürmt haben, schrittweise abbauen können. Kommen die Eltern rechtzeitig zu einer Therapie, reichen oft drei bis vier Stunden aus. Später dauert die Therapie meist wesentlich länger, berichtete der Referent.

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