Pharmazeutische Zeitung online

Kombinationen für mehr Lebensqualität

01.03.2004  00:00 Uhr

PHARMAZIE

Brustkrebstherapie

Kombinationen für mehr Lebensqualität

 

von Conny Becker, Berlin

Metastasiert ein Mammakarzinom bei Patientinnen, die mit Anthrazyklinen vorbehandelt sind und auf diese nicht mehr ansprechen, kommen häufig Taxane zum Einsatz. Eine Kombination mit dem Nukleosidanalogon Gemcitabin kann hier die Prognose verbessern und wurde im vergangenen Jahr zur First-line-Therapie zugelassen.

Etwa 40 Prozent aller Patientinnen mit Brustkrebs entwickeln trotz adjuvanter Maßnahmen Metastasen und/oder erleiden ein Rezidiv, wodurch sich ihre Prognose erheblich verschlechtert. Nur 5 bis 10 Prozent von ihnen überleben die nächsten fünf Jahre, im Mittel versterben sie nach rund zwei Jahren. „Daher ist das Ziel hier nicht die Kuration, sondern die Lebensverlängerung“, sagte Privatdozent Dr. Jens Huober vom Klinikum der Eberhard Karls Universität, Tübingen, auf einem Satelliten-Symposium der Firma Lilly im Rahmen des 26. Deutschen Krebskongresses in Berlin. Dabei sollten die körperliche Leistungsfähigkeit sowie eine gute Lebensqualität möglichst langfristig erhalten bleiben. Kombinationstherapien sollten somit auch bei besserer Wirksamkeit gegenüber Monotherapien die Nebenwirkungsrate nicht stark erhöhen.

Suche nach optimaler Kombination

Der Antimetabolit Gemcitabin (Gemzar®) sei auf Grund seiner gering ausgeprägten Knochenmarksdepression und guter Verträglichkeit ein geeigneter Kombinationspartner in der Chemotherapie, so der Mediziner. Das Desoxycytidin-Analogon, das sich vom natürlichen Nukleosid nur durch zwei zusätzliche Fluoratome unterscheidet, wirkt nach Phosphorylierung wachstumshemmend, da nach Einbau des Triphosphats in die DNA deren Synthese abbricht. Zugleich hemmt es die Bildung des natürlichen Nukleotids durch Blockade der Ribonukleotid-Reduktase, womit es den eigenen Einbau verstärkt, und scheint darüber hinaus Apoptose hervorzurufen.

An einem ganz anderen Punkt der Zellteilung greifen die Taxane Paclitaxel und Docetaxel an. Sie fördern den Aufbau von Mikrotubuli, verhindern aber ihre Depolymerisierung, so dass sich die Zelle nicht teilen kann. Nach gemeinsamer Gabe fördert Paclitaxel laut einer Studie zudem die Anhäufung von Gemcitabintriphosphat in mononukleären Zellen und könnte dessen zytotoxischen Effekt in soliden Tumoren verstärken.

Werden Patientinnen gegen Anthrazykline resistent oder leiden unter kardiotoxischen Nebenwirkungen, kommt eine ähnlich effektive Therapie mit Taxanen infrage – oder auch eine Taxan-Kombination. In der mulizentrischen Phase-III-Studie, die für die Zulassung ausschlaggebend war, erhielten 529 Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs randomisiert entweder eine Kombination von Paclitaxel (175 mg/m2 Körperoberfläche [KO] über drei Stunden am Tag 1) mit Gemcitabin (1250 mg/m2 KO an Tag 1 und 8) oder das Taxan allein. Im Mittel wurden die Zyklen mit der Kombination sechsmal, mit der Monotherapie fünfmal alle drei Wochen wiederholt. Alle Frauen waren mit Anthrazyklinen vortherapiert.

Mit 39,3 gegenüber 25,6 Prozent sprachen signifikant mehr Patientinnen auf das Studienregime an als auf die Taxangabe, wobei die mittlere progressionsfreie Zeit 5,4 verglichen mit 3,5 Monaten betrug. Nach sechs Monaten waren 44 gegenüber 30 Prozent der Behandelten noch progressionsfrei.

„Gerade in der palliativen Situation müssen wir fragen: Hat die Kombination eine höhere Toxizität?“, bekräftigte der Referent, der die getestete Therapie daraufhin als gut verträglich einstufte. Als Nebenwirkungen traten zwar signifikant mehr Neutropenien auf, die sich aber nur in 5 (versus 2) Fällen und damit nicht signifikant häufiger in einem neutropenischen Fieber manifestierten. Die nicht hämatologischen Nebenwirkungen waren in beiden Studienarmen laut Huober vergleichbar. Dass auch unter der Kombination die Dosis nur selten reduziert oder eine Gabe ausgelassen wurde, spreche für die gute Verträglichkeit. Besonders wichtig für die Patientinnen sei zudem, dass die Lebensqualität verbessert werden konnte, was sich in den letzten zwei Zyklen signifikant zeigte.

Docetaxel als neuer Partner

Nachdem Gemcitabin in Kombination mit Paclitaxel zur Behandlung von Anthrazyklin-vorbehandelten Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom zugelassen ist, werde auch Docetaxel als Partner in der First-line-Therapie geprüft. Bisherige Studien zeigten Ansprechraten von 61 bis 78 Prozent und eine mittlere progressionsfreie Zeit von acht bis neun Monaten, so Huober. Auch hier seien die Nebenwirkungen tolerabel, eine Phase-III-Studie laufe bereits. Ebenso teste eine Vergleichsstudie die Kombination gegen Docetaxel und Capecitabin, deren hohe Nebenwirkungsrate mit dem neuen Regime unterschritten werden soll. Zudem soll eine laufende Phase-III-Studie die Gembitabin-Taxan-Kombination auch in der adjuanten Therapie etablieren.

 

Künftig auch Platinkombination? Wurden an Brustkrebs erkrankte Frauen bereits intensiv mit Anthrazyklinen und Taxanen in der adjuvanten Therapie vorbehandelt, liegen keine konkreten Empfehlungen für die First-line-Therapie vor, so Privatdozent Dr. Volker Heinemann aus München. Denkbar wäre hier ein Einsatz von Gemcitabin zusammen mit Cisplatin, welches bisher auf Grund geringer Ansprechrate sowie des schwer zu ertragenden Haarausfalls nicht gegeben werde. Grund dafür sei, dass in der Vortherapie DNA-Reparaturmechanismen hochgefahren werden, die gegen das Platinderivat unempfindlich machen. Kombiniere man Cisplatin jedoch mit Gemcitabin, ergebe sich ein synergistischer Effekt. Denn indem es die Ribonukleotid-Reduktase und somit eine adäquate DNA-Reparatur hemmt, sensibilisiert es die Tumorzellen wieder für Cisplatin. Präklinisch sei dieser Synergismus laut Referent bereits nachgewiesen. Zudem zeigen acht Phase-II-Studien eine mittlere Responserate von 43 Prozent verglichen mit durchschnittlich 7 Prozent unter Cisplatin beziehungsweise 25 Prozent unter Gemcitabin allein. Dabei litten nur etwa 5 Prozent der Patientinnen unter schwerem Haarausfall vom Grad 3. Im Allgemeinen vertrugen die Frauen die Therapie gut, wobei diese auch ambulant und bei akzeptablen Kosten verabreicht werden konnte. Die Kombination mit Platin zählt in den fortgeschrittenen, metastasierten Stadien des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms, des Pankreas- sowie des Harnblasenkarzinoms inzwischen zur Standardtherapie.

 

© 2004 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa