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Rheumatherapie macht endlich Fortschritte

18.09.2000  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag PHARMACON WESTERLAND

Rheumatherapie macht
endlich Fortschritte

von Ulrich Brunner, Westerland

Die medikamentöse Therapie der rheumatoiden Arthritis hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Versuchten Mediziner früher so lange wie möglich symptomatisch mit den nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) zu behandeln und wechselten erst dann zu den Basistherapeutika wie Methotrexat, Gold und Sulfasalazin, erhalten die Patienten heute nur noch so lange NSAR, bis die verzögerte Wirkung der Basismedikamente eintritt; und zwar hauptsächlich, um die teils gravierenden Nebenwirkungen auf den Magen zu vermeiden.

Obwohl die Ursachen der rheumatoiden Arthritis nach wie vor unbekannt sind und die Krankheit noch immer nicht geheilt werden kann, stehen seit kurzem neue potente Pharmaka zur Verfügung, berichtete Professor Dr. Albrecht Ziegler, Pharmakologe am Klinikum der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.

Als zentrales Schwungrad der Krankheitsprogression bezeichnete Ziegler die übermäßige Produktion der T-Zellen. Zunächst diffundieren Granulozyten, die mit Hilfe von Selektinen vorher leichter an den Endothelzellen der Blutgefäße hängenbleiben (rolling), ins betroffene Gewebe und aktivieren dort T-Zellen. Deren übermäßige Vermehrung führt zur Freisetzung von Zytokinen wie TNF-a und Interleukin 1, die die Leukozytenproduktion wiederum verstärken. Die Zytokine induzieren unter anderem die Synthese der Cyclooxygenasen, die dann die Produktion von proinflammatorischen Prostaglandinen ankurbelt. Die Mediatoren stimulieren aber auch die Synthese von Kollagenasen und Peptidasen, die kontinuierlich Knorpel und Knochen zerstören. Die Entzündung im Gelenk aktiviert wiederum neue Selektine, so dass ein Teufelskreis in Gang gesetzt wird.

Der Folsäureantagonist Methotrexat zählt laut Ziegler nach wie vor zu den am häufigsten verordneten Basistherapeutika. Die Substanz blockiert die De-novo-Synthese von Purinbasen, die die schnell proliferierenden Lymphozyten dringend brauchen. Diese Lymphozyten können im Gegensatz zu ihren ruhenden Kollegen nur in geringem Maße auf vorhandene Basen zurückgreifen, die beim Abbau von DNA frei werden. In niedrigeren Dosen, wie in der Rheumatherapie eingesetzt, greift Methotrexat also hauptsächlich nur die aktivierten Zellen an.

Auch das seit kurzem verfügbare Leflunomid (Arava®) stört die Basenproduktion der Lymphozyten. Das Prodrug hemmt jedoch Enzyme, die die aktivierten Zellen für die Bildung von Pyrimidinbasen braucht. Im Gegensatz zu Methotrexat, das neben Übelkeit, Haarausfall, Myelosupression und Schleimhautentzündungen auch eine gefährliche Pneumonitis auslösen kann, besitze Leflunomid wahrscheinlich ein günstigeres Nebenwirkungsprofil, so der Pharmakologe. Auch hier leiden die Patienten zwar vermehrt unter Entzündungen und Haarausfall, da die Substanz ihre Wirkung ja ebenso vor allem in schnell prolieferierendem Gewebe entfaltet, eine höhere Infektanfälligkeit hätte man aber bisher nicht beobachtet.

Noch günstiger bewertete Ziegler die beiden weiteren Neulinge in der Rheumatherapie: Infliximab und Etanercept. Beide fangen den zentralen Mediator TNF-a ab und greifen daher noch umfassender in das Entzündungsgeschehen ein. Infliximab ist ein muriner Antikörper gegen das Zytokin, Etanercept besteht dagegen aus der konstanten Domäne des menschlichen Immunglobulins G, das die Forscher dann an den löslichen Teil humaner TNF-a-Antikörper koppelten. Wichtigster Vorteil der beiden neuen Arzneistoffe gegenüber Methotrexat: Beide entfalten ihre Wirkung schon nach wenigen Tagen. Auch die klinischen Studien hätten vielversprechende Ergebnisse gebracht, sagte der Referent. Im Gegensatz zu Methotrexat konnten die Neulinge die im sogeannten ACR-Score zusammengefassten Beschwerden bei der Arthritis in adäquaten Dosen bei einem nicht unerheblichen Teil der Patienten sogar um rund 50 bis 70 Prozent senken. Laut Ziegler für diese Indikation ein "tolles Ergebnis". Einziger Nachteil: Sowohl Infliximab als auch Etanercept schlagen mit extrem hohen Therapiekosten zu buche. Top

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