Pharmazeutische Zeitung online

Nicht alles ist Gold, was glänzt

07.06.1999  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag PHARMACON MERAN

Nicht alles ist Gold, was glänzt

Das Sprichwort gilt auch für Arzneistoffe. 35 neue kamen 1998 auf den deutschen Markt. Davon sprach Dr. Hartmut Morck, Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung, nur zwölf einen echten oder teilweise innovativen Wert zu.

Zu den wirklichen Innovationen zählte er bei seinem Vortrag in Meran Basiliximab, Cysteamin, Imiquimod, Montelukast, Orlistat, Nevirapin, Rituximab, Tirofiban und Topiramat. Einen teilweise innovativen Wert haben nach seiner Wertung Repaglinide, Rivastigmin und Trovafloxacin.

Mit vier Neueinführung waren die Antibiotika am stärksten vertreten. Trovafloxacin (Trovan®) gilt als erster Vertreter einer neuen Gruppe von Gyrase-Hemmern. Diese "vierte Generation" von Fluorochinolonen hat ein breiteres Wirkspektrum und eine bessere Aktivität gegen grampositive, gramnegative, atypische und vor allem anaerobe Erreger. Aufgrund der langen Halbwertszeit von 11 Stunden reicht die einmal tägliche Gabe von 200 bis 300 mg. Dagegen entpuppt sich Levofloxacin (Tavanic®) als alter Bekannter. Wie die Vorsilbe andeutet, handelt es sich um das S-Enantiomer vom Ofloxacin. Es soll zwei- bis dreimal wirksamer sein als Ofloxacin, was Morck aber angesichts ähnlicher Tagesdosen bezweifelte. Beide Gyrase-Hemmer sind fast vollständig bioverfügbar und verteilen sich gut im Gewebe. Unterschied: Levofloxacin ist auch zugelassen bei ambulant erworbener Pneumonie.

Einen echten Fortschritt in der HIV-Therapie brachte der erste nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-(RT)-Hemmer Nevirapin (Viramune®). Seine Struktur erinnert an Benzodiazepine und Trizyklika. Das Molekül ist ein idealer Kombi-Partner für nukleosidische RT-Hemmer, da es nicht um die Bindung am Enzym konkurriert, sondern dessen aktives Zentrum alloster blockiert und auch die DNA-Polymerase-Aktivität behindert. Die hochgesteckten Hoffnungen, mit Mehrfachkombinationen von RT-Hemmern und Protease-Inhibitoren, zu denen auch der Neuling Nelfinavir zählt, das Virus eradizieren zu können, haben sich nicht erfüllt.

Ein besseres Sicherheitsprofil als sein Vorgänger Tacrin bietet das neue Alzheimer-Medikament Rivastigmin (Exelon®), das bislang keine hepatischen, kardiovaskulären und pulmonalen Nebenwirkungen zeigte. Rivastigmin hemmt ebenfalls die Acetylcholinesterase und erhöht die Konzentration des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn. Leider bedeutet dieser Ansatz noch keinen Einstieg in die Heilung, sondern kann die degenerative Erkrankung nur zeitlich begrenzt stabilisieren.

Es ist kein Sulfonylharnstoff, wirkt aber wie diese: das Antidiabetikum Repaglinide (NovoNorm®). Vorteil: Die insulinotrope Wirkung tritt innerhalb von dreißig Minuten ein. Daher ist ein flexibler Einsatz direkt zu den Mahlzeiten möglich.

Die Struktur läßt nicht erahnen, für welche Indikation das Fructose-Derivat zugelassen ist: Topiramat (Topamax®) ist ein Zusatzmedikament bei Patienten mit partiellen epileptischen Anfällen. Verglichen mit anderen Antiepileptika greift Topiramat an mehreren Zielorten an und verhindert die Ausbreitung der Krampfaktivität. Aufgrund guter Ergebnisse in Studien könnte der Stoff auch zur Monotherapie zugelassen werden. Der Einsatz bei Kindern und beim Lennox-Gastaut-Syndrom wird derzeit überprüft. Nach Expertenmeinung könnte Topiramat sogar Carbamazepin als Leitsubstanz der Antiepileptika ablösen.

Eine echte Innovation, die die therapeutischen Erwartungen aber nicht ganz erfüllt hat, ist Montelukast (Singulair®). Der erste Leukotrien-Rezeptorantagonist unterbindet die Leukotrien-vermittelten Entzündungsvorgänge und die Bronchokonstriktion und wird mit anderen Asthma-Medikamenten kombiniert. Da der Krankheitsprozeß sicher vielschichtig ausgelöst und unterhalten wird, hofft man nun auf Interleukin-2-Antagonisten, berichtete Morck.

Eine Metamorphose hat Raloxifen (Evista®) erlebt, das ursprünglich Tamoxifen in der Tumortherapie ersetzen sollte. Da es auf den Knochen wie ein Estrogen wirkt und die Knochendichte erhöht, wurde es 1998 als Osteoporose-Medikament auf den Markt gebracht. Auf Brust- und Uterusgewebe soll Raloxifen estrogen-antagonistisch wirken; daher sieht die Firma keine Gefahr einer Tumorstimulierung. Um dies schlüssig zu beweisen, sind aber noch Studien über fünf bis zehn Jahre nötig, kritisierte Morck.

Für eine kleine Indikation, aber dort eine echte Innovation ist Imiquimod (Aldara®), das zur lokalen Behandlung von Feigwarzen zugelassen ist. Feigwarzen werden durch humane Papillomviren ausgelöst und können maligne entarten. Imiquimod soll nach äußerlicher Anwendung virusabwehrende Zytokine stimulieren und wirkt so indirekt antiviral. Top

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