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Retardiertes Nikotinsäurepräparat erhöht HDL-Cholesterol

03.05.2004  00:00 Uhr

Retardiertes Nikotinsäurepräparat erhöht HDL-Cholesterol

von Anke Pfleger, Berlin

Ab Mai steht für die Behandlung von Fettstoffwechselstörungen ein alter Bekannter in neuem Gewand zur Verfügung: Die Neuformulierung von Nikotinsäure (Niaspan®) als Retardtablette erhöht vor allem das schützende HDL-Cholesterol und vermindert so das Arterioskleroserisiko.

„Bisher zielten Therapien zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen vorwiegend auf die Senkung des LDL-Wertes ab“, konstatierte Professor Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen vom Charité Campus Virchow-Klinikum in Berlin auf der Einführungs-Fachpressekonferenz. Ein erniedrigter HDL-Wert sei jedoch mindestens genauso besorgniserregend. So sei bei 50 Prozent der Frauen, die einen Herzinfarkt erleiden, der HDL-Wert erniedrigt, obwohl sich LDL und Triglyceride im Normbereich befinden. Diabetiker zeigten neben erhöhten Triglyceridwerten ebenfalls häufig niedrige HDL-Konzentrationen. Dies mache eine individuelle Therapie notwendig.

Nikotinsäurepräparate seien in der Lage, den HDL-Spiegel um 15 bis 35 Prozent zu erhöhen. Dagegen ließe sich mit Statinen nur eine Erhöhung um etwa 5 bis 15 Prozent und mit Fibraten um 10 bis 20 Prozent erreichen. Darüber hinaus senke Nikotinsäure die LDL-Werte um 8 bis 16 Prozent sowie die Triglyceride um 14 bis 35 Prozent.

Verringerte LDL-Bildung

Der Wirkmechanismus, über den die Nikotinsäure das Lipidprofil verändert, ist noch nicht vollständig geklärt. Bekannt ist jedoch, dass Nikotinsäure die Freisetzung von freien Fettsäuren aus dem Fettgewebe hemmt. Dadurch gelangen weniger freie Fettsäuren in die Leber, die dann auch nur in geringerem Maße zu Triglyceriden verestert werden können. Dies könne zu einer verringerten LDL-Bildung führen, erläuterte Professor Dr. Armin Steinmetz vom St. Nikolaus-Stiftshospital Andernach. Der Arzneistoff steigere durch Aktivierung der Lipoprotein-Lipase die Eliminationsrate von triglyceridreichen Chylomikronen aus dem Plasma. Auf diese Weise vermindert Nikotinsäure die Syntheserate von hepatischem VLDL und infolgedessen von LDL.

In placebokontrollierten klinischen Studien war das Flush-Syndrom mit 88 Prozent die häufigste unerwünschte Wirkung. 6 Prozent der Patienten brachen daraufhin die Behandlung ab. Diese Begleiterscheinung nehme bei fortlaufender Therapie jedoch ab, sagte Steinmetz. Die abendliche Einnahme sowie eine langsame Dosissteigerung führten ebenfalls zu einer Reduzierung von Flush-Anfällen. Das Präparat steht als 375 mg, 500 mg, 750 mg und 1000 mg Tablette zur Verfügung, wobei eine langsame Dosissteigerung auf die Erhaltungsdosis von 1000 mg innerhalb eines Zeitraums von vier bis sieben Wochen vorgesehen sei.

 

Zielwerte der Lipidtherapie

Risikofaktoren Kein weiterer Risikofaktor Ein zusätzlicher Risikofaktor Arteriosklerose, kardiovaskuläres Ereignis Cholesterin (mg/dl) < 240 < 200 < 160 LDL (mg/dl) < 160 < 130 < 100 HDL (mg/dl) > 40 > 40 > 40 LDL/HDL < 4 < 3 < 2 Triglyceride (mg/dl) < 150 < 150 < 150

 

Um den besten Therapieerfolg zu erzielen, sind Nikotinsäurepräparate mit HMG-CoA-Reduktase-Hemmern (Statinen) zu kombinieren. Nur wenn Patienten Unverträglichkeiten gegenüber Statinen zeigen, sei eine Monotherapie angebracht.

Kombination mit Statinen

In einer drei Jahre dauernden Doppelblindstudie untersuchten Wissenschaftler den Nutzen der Kombination Simvastatin und Nikotinsäure. An der Studie nahmen 160 Patienten mit koronarer Herzerkrankung, niedrigem HDL-Cholesterol und normalen LDL-Werten teil. Die Probanden wurden vier unterschiedlichen Therapiearmen zugeteilt. Sie erhielten entweder Simvastatin plus Nikotinsäure, Antioxidantien, Simvastatin plus Nikotinsäure in Kombination mit Antioxidantien oder Placebo. Endpunkte der Studie waren eine Koronargefäßverengung oder das erste Auftreten eines kardiovaskulären Ereignisses (Tod, Myokardinfarkt oder Schlaganfall).

Die Simvastatin-Nikotinsäure-Gruppe zeigte die deutlichsten Veränderungen. Unter der Therapie nahm LDL-Cholesterol um 42 Prozent ab und HDL um 26 Prozent zu. Bei der Therapie mit Simvastatin plus Nikotinsäure bei gleichzeitiger Anwendung von Antioxidantien war der Anstieg von schützendem HDL2 abgeschwächt. In der Placebo- und Antioxidantien-Gruppe waren die LDL- und HDL-Werte überwiegend unverändert geblieben. Die Gefäßverengung schritt im Mittel in der Placebo-Gruppe um 3,9 Prozent, mit Antioxidantien um 1,8 Prozent und unter Therapie mit Simvastatin-Nikotinsäure plus Antioxidantien um 1,8 Prozent fort und entwickelte sich durch alleinige Simvastatin-Nikotinsäure-Gabe auf 0,4 Prozent zurück. Top

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