Blutegel versus Diclofenac |
01.12.2003 00:00 Uhr |
Die medizinische Anwendung von Blutegeln zu therapeutischen Zwecken hat heute nur noch eine geringe Bedeutung. Isoliertes Hirudin, eine der vielen biologisch aktiven Substanzen im Speichel des Blutegels, wird jedoch seit kurzem zur Prophylaxe und Behandlung von Thrombosen angewandt.
Weitere Stoffe sollen entzündungs- und schmerzhemmende Eigenschaften aufweisen. Erste Hinweise dafür lieferten nicht-kontrollierte Studien. Eine Arbeitsgruppe aus Essen untersuchte nun in einer randomisierten Pilotstudie die Effektivität einer Blutegeltherapie im Vergleich zu Diclofenac.
51 Patienten mit nachgewiesener Gonarthrose erhielten entweder eine einmalige Behandlung mit vier bis sechs lokal applizierten Blutegeln oder eine Therapie mit Diclofenac-Gel. Dabei wurden die Egel an den schmerzhaftesten Punkten angesetzt und verblieben dort so lange, bis sie satt waren und sich von selbst lösten, was nach etwa 70 Minuten der Fall war. Demgegenüber wurde das Gel zweimal täglich 28 Tage lang aufgetragen. Endpunkte waren Schmerz, Funktion und Steifheit, die am Tag 3, 7, 28 und 91 mithilfe von zwei standardisierten Scores (Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index, WOMAC) erfasst wurden.
Der Schmerz am siebten Tag, der als primärer Endpunkt definiert wurde, reduzierte sich in der Blutegelgruppe von durchschnittlich 53,5 auf 19,3 Punkte signifikant stärker verglichen mit der Abnahme von 51,5 auf 42,2 Punkte unter Diclofenac. An den späteren Untersuchungstagen zeigte sich hinsichtlich der Schmerzreduktion keine signifikante Differenz mehr. Allerdings waren die Scores bezüglich der Endpunkte Funktion und Steifheit zu allen Zeitpunkten in der Blutegelgruppe signifikant besser.
Somit scheinen Blutegel die Symptomatik einer Gonarthrose gegenüber einer anerkannten topischen Therapie mit Diclofenac signifikant stärker lindern zu können, wobei der Wirkungsmechanismus noch unklar ist.
Quelle: Michalsen, A., et al., Ann Intern Med 139
(2003) 724 - 730
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