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Supportivtherapie ist unverzichtbar

26.09.2005  00:00 Uhr
Onkologie

Supportivtherapie ist unverzichtbar

von Sabine Schellerer, München

In der Onkologie sollten nicht allein die malignen Zellen im Vordergrund stehen. Ebenso gilt es, sich intensiv mit den therapieassoziierten Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Pilzbefall und Tumorlysesyndrom zu befassen.

Viele Krebspatienten leiden bedingt durch die immunsuppressive Chemotherapie an Pilzinfektionen, die mit unterschiedlichen Antimykotika behandelt werden können. So stören Azole die Synthese von Ergosterol, einem essenziellen Baustein der Zytoplasmamembran der Pilze. Fluctyosin agiert nach seiner Umwandlung in 5-Fluoruracil als potenter Antimetabolit, Polyene »durchlöchern« die Pilzmembran und sorgen für eine gesteigerte Permeabilität. Echinocandine verhindern die korrekte Synthese von 1,3-b-Glucan, einem wichtigen Bestandteil der Pilzzellwand. »Doch selbst wenn mittlerweile eine Reihe potenter Antimykotika zur Verfügung steht, sind es dennoch nicht genug«, sagte Dr. Andrew J. Ullmann vom Klinikum der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz, auf einem Presseworkshop in München. Mit 90 Prozent sei zum Beispiel die Letalitätsrate bei Aspergillusinfektionen erschreckend hoch. Besonders Knochenmarktransplantierte, aber auch HIV-Patienten sind durch eine invasive Aspergillose lebensbedrohlich gefährdet. Da Aspergillus tief ins Gewebe, vorzugsweise in die Lunge, eindringt, entzieht er sich der Behandlung. Eine neue Option im Kampf gegen den Pilz ist Posaconazol, ein naher Verwandter des Itraconazols. Das moderne orale Triazolderivat, das zurzeit in Phase-III-Studien getestet wird, erreicht hohe Gewebekonzentrationen. In Labortests wies Posaconazol eine hohe In-vitro-Aktivität gegenüber zahlreichen, mitunter resistenten Stämmen auf. Anschließende In-vivo-Sensitivitätsuntersuchungen lieferten ebenfalls viel versprechende Resultate. Schwere Interaktionen wie sie bei Azolen der älteren Generation häufig sind, erschweren unter Posaconazol kaum die Therapie multimorbider Patienten.

Tumorzerfall mit Folgen

Eine andere lebensbedrohliche Komplikation, unter der viele Onkologiepatienten nach einer erfolgreichen Chemotherapie leiden, ist das Tumorlysesyndrom. Häufig tritt es bei Krebsarten mit einer hohen Tumorlast auf, die sehr gut auf eine Chemotherapie ansprechen. »Schlägt die Therapie an, überschwemmen plötzlich große Mengen abgestorbener Zellen den Organismus«, erklärte Dr. Matthäus Krych von der Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsklinik Großhadern in München. Er erinnerte an die großen Purinmassen aus zerlegter Tumor-DNA, die den Harnsäurespiegel stark ansteigen lassen und an Kalium- oder Phosphationen, die vermehrt ausgeschwemmt werden. Die Ausscheidungsorgane, in erster Linie die Nieren, sind mit der Entsorgung der abgestorbenen Zellen häufig überfordert. Eine massive Hyperurikämie legt die Nieren oft innerhalb von wenigen Stunden lahm, da Harnsäurekristalle die Tubuli verstopfen. Jeder sechste Patient stirbt, jeder dritte wird dialysepflichtig.

Mit Allopurinol und Rasburicase kann der Harnsäurespiegel gesenkt werden. Während Allopurinol durch Hemmung der Xanthinoxidase den Abbau zu Harnsäure verhindert, fördert Rasburicase, eine gentechnisch hergestellte Uratoxidase, die Synthese von Allantoin und damit die Ausscheidung der problematischen Harnsäurekristalle. »Besonders Risikopatienten mit Leukämie, Lymphomen oder ohnehin eingeschränkter Nierenfunktion profitieren von der Therapie mit Rasburicase«, sagte Krych. In einer Phase-II-Studie, an der 100 Patienten aus 14 verschiedenen Zentren in Frankreich, der Schweiz und Belgien teilgenommen hatten, erwiesen sich 0,20 mg Rasburicase/kg/KG als effektiv und sicher. Prophylaktisch reiche es mitunter aus, das Enzym drei statt fünf Tage lang anzuwenden.

Erbrechen muss nicht sein

Übelkeit und Erbrechen sind die am häufigsten auftretenden therapieassoziierten Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Bei vielen Patienten führen sie zum Abbruch der Behandlung. »Obwohl es mittlerweile effektive Antiemetika gibt, leiden immer noch zu viele Patienten an Übelkeit und Erbrechen«, sagte Professor Dr. Hans-Joachim Schmoll vom Zentrum Innere Medizin der Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg.

Die aktuellen Leitlinien für die antiemetische Prophylaxe und Therapie sehen vor, dass Aprepitant zur Prävention akuter und verzögerter Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie mit einem hohem Emesis-Risiko grundsätzlich eingesetzt werden sollte. Studien bestätigten die signifikante Überlegenheit eines Therapieregimes mit dem Wirkstoff Aprepitant gegenüber einer Behandlung mit Ondansetron und Dexamethason allein. Bei Aprepitant handelt es sich um einen Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten. Er blockiert die Substanz P, ein Neurokinin, das maßgeblich an akuter und verzögerter Emesis beteiligt ist.

Bei Lymphomen im Endstadium ist die Meningeosis lymphomatosa, bei der sich Tumorzellen entlang der Hirnhäute ansiedeln, potenziell lebensbedrohlich für die Krebspatienten. Anders als Metastasen werden sie durch eine CT-Diagnostik nicht enttarnt. »Wir kommen diesen tückischen Ablagerungen hauptsächlich über die klinischen Symptome wie schwere Sehstörungen oder plötzliche neurologische Ausfallerscheinungen auf die Schliche«, erklärte Dr. Matthias Schmid von der Uniklinik Ulm. Die schmerzhafte und zeitaufwendige Behandlung mit Cytosinarabinosid zeichnet sich nur durch schwache Ansprechraten von 30 bis 50 Prozent aus. Eine neue liposomale Formulierung des zytotoxischen Wirkstoffs könnte dies verbessern: Verpackt in eine schaumähnliche Substanz reicht es aus, den retardierten Wirkstoff statt bisher alle zwei bis drei Tage nur noch alle zwei bis vier Wochen zu verabreichen. Die Ansprechraten erhöhen sich auf bis 72 Prozent. Top

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