Interaktionen als Schwerpunkt in der Pharmazeutischen Chemie |
10.01.2000 00:00 Uhr |
Im Studiengang Pharmazie an der Universität Halle werden im Vorfeld der neuen Approbationsordnung bereits Inhalte der Klinischen Pharmazie in einem Fertigarzneimittelseminar angeboten. Einen wesentlichen Schwerpunkt bilden Arzneimittelinteraktionen und Nebenwirkungen.
Seit ihren Anfängen in den 60er Jahren dieses Jahrhunderts in den USA (1) hat die Klinische Pharmazie zunehmend an internationaler Bedeutung gewonnen. In der Definition von ABDA und der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) spiegeln sich die Ideen der Anfänge von Klinischer Pharmazie wieder, die in diesem Fach eine essentielle Kombination von Praxis und Theorie in einer pharmazeutischen Ausbildung sahen (2). Als patientenorientierte Pharmazie sieht die Klinische Pharmazie die pharmazeutische Betreuung in der Apotheke als einen ihrer Aufgabenschwerpunkte an (1, 3).
Der zunehmenden Bedeutung der Klinischen Pharmazie wird in der neuen Approbationsordnung Rechnung getragen, indem sie als Bestandteil einer praxisrelevanten Ausbildung in den medizinischen Grundlagenfächern zum Gegenstand der universitären Ausbildung wird (3). Als interdisziplinäre Wissenschaft läßt sich Klinische Pharmazie auch im Bereich der Krankenhauspharmazie am wirkungsvollsten durch eine Kooperation von Hochschule und Praxis realisieren.
In den jetzt an der Universität Halle angebotenen Seminaren stehen entscheidende biochemische Grundlagen und konkrete Patientenfälle im problem based learning im Vordergrund. Mit der Analyse von Interaktionen auf molekularer Ebene ist eine wesentliche Ergänzung zu den häufig nur aufgelisteten Interaktionen gegeben. Es ist ein Anliegen der Klinischen Pharmazie, diese soweit wie möglich phamazeutisch/chemisch und biochemisch zu begründen.
Die Schwerpunktthemen pharmakokinetischer Interaktionen werden in den Bereichen Resorption, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung erörtert. Charakteristische Arzneistoff/Arzneistoffinteraktionen sind dabei die verkürzte oder verlängerte Wirkdauer eines Arzneistoffes durch Induktion oder Hemmung von Enzymen der Biotransformation durch einen anderen Arzneistoff oder die Verdrängung aus der Plasmaprotein-Bindung infolge Konkurrenz mehrerer Arzneistoffe um die Bindungsstelle. Ein höher affiner Arzneistoff verdrängt dabei einen anderen Wirkstoff aus seiner Plasmaprotein-Bindung, was insbesondere bei Substanzen mit geringer therapeutischer Breite wie einem oralen Antidiabetikum dramatische Folgen haben kann. Als weitere Seminarinhalte werden behandelt: die Bindung von Arzneistoffen an Anionentauscher wie die Lipidsenker Colestyramin oder Colestipol mit resultierender verminderter Resorption, Antibiotika-Induktion von Transportproteinen wie p-Glykoprotein und daraus resultierender verstärkter Efflux als eine Ursache der Antibiotika-Resistenz zu Beispiel grampositiver Bakterien gegenüber Chinolonen sowie die Hemmung von intestinalen Transportproteinen wie p-Glykoprotein durch Arzneistoffe mit hoher Affinität wie Verapamil oder Ritonavir.
Diese kurze Übersicht macht die Komplexität verschiedener Interaktionen deutlich, zu deren Verständnis die Pharmazeutische Chemie einen wesentlichen Beitrag leisten kann.
Literatur:
Anschrift des Verfassers:
Dr. Andreas Hilgeroth,
Institut für Pharmazeutische Chemie,
Wolfgang-Langenbeck-Str. 4,
06120 Halle
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