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Wirksame Präparate nur in der Apotheke

12.09.2005  00:00 Uhr
Phytopharmaka

Wirksame Präparate nur in der Apotheke

von Kerstin A. Gräfe, Bilbao

Was unterscheidet ­ abgesehen vom Preis ­ freiverkäufliche von apothekenpflichtigen Johanniskrautpräparaten? Ganz einfach: Apothekenpflichtige sind wirksam, freiverkäufliche sind unwirksam. So das Fazit von Professor Dr. Theo Dingermann, Universität Frankfurt am Main, auf einer von Steigerwald unterstützten Pressekonferenz.

»Freiverkäufliche Präparate sind aus Sicherheitsgründen von Amtswegen unterdosiert und daher unwirksam«, informierte Dingermann. Begründet ist dies in einer Änderung der 5. AMG-Novelle. Danach können traditionell angewandte Arzneimittel eine vereinfachte Nachzulassung beantragen. Im Rahmen dieses Verfahrens wird zwar die pharmazeutische Qualität gefordert, diese aber nicht systematisch überprüft. »Hier geht es allein um Sicherheit und nicht um Wirksamkeit und das ist ein Skandal«, so der Institutsleiter und ehemalige DPhG-Präsident. Erkennbar sind diese Präparate an dem Anwendungshinweis »Traditionell angewendet« zur Stärkung und Kräftigung, zur Besserung des Befindens, zur Unterstützung der Organfunktion, zur Vorbeugung oder als mild wirkendes Arzneimittel.

Erschwerend bei der Aufklärung des Verbrauchers sei die generische Namensgebung. In der Regel werden die Präparate nicht mit dem Wirkstoff, sondern mit dem Pflanzennamen bezeichnet. So entsteht beim Verbraucher der Eindruck, dass freiverkäufliche und apothekenpflichtige Johanniskrautpräparate miteinander vergleichbar seien. »Dies ist völlig falsch«, so Dingermann. Der Wirkstoff sei nicht Johanniskraut, sondern der Extrakt. Selbst hier sei es nicht ausreichend, den Extrakt zu kennen, sondern er müsse unter anderem anhand des Droge-Extrakt-Verhältnisses bewertet werden. Denn Extrakt ist nicht gleich Extrakt, sondern vielmehr ein komplexes Stoffgemisch, dessen Zusammensetzung entscheidend von mehreren Faktoren beeinflusst wird. Dazu zählen Qualität und verwendete Teil der Arzneipflanze sowie das Extraktionsmittel und Herstellungsverfahren. Insofern sei es auch unzulässig, Studienergebnisse eines Extraktes auf einen anderen zu übertragen oder auf eine Monographie zu verweisen.

Aufgeräumt werden sollte auch mit der Annahme, dass die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel auf tradiertem Wissen beruht. Zuverlässig wirkende pflanzliche Arzneimittel werden genauso geprüft wie chemisch synthetische Wirkstoffe. Apotheker sollten nur Extrakte von Herstellern empfehlen, deren Wirksamkeit in klinischen Studien nachgewiesen sei, so Dingermann. Als Beispiel stellte er die Ergebnisse einer Studie mit dem Spezialextrakt STW 3-VI (Laif® 900) vor (siehe Kasten). Nach der Ausgrenzung der meisten Phytopharmaka aus der Erstattungsfähigkeit, hätten viele Firmen ihre Forschungstätigkeiten reduziert. Als wichtigster Berater hätten es die Apotheker nun in der Hand, durch die Abgabe klinisch geprüfter Präparate die rationale Phytotherapie zu fördern.

 

Spezialextrakt versus Citalopram Der Johanniskrautextrakt STW 3-VI (Laif® 900) ist bei mittelschwerer Depression ebenso wirksam wie der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Citalopram und besser verträglich. Dies zeigte eine randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie mit 388 Patienten (1).

Die Probanden bekamen sechs Wochen lang entweder einmal täglich 900 mg Hypericumextrakt STW 3-VI, 20 mg Citalopram oder Placebo. In beiden Verumgruppen zeigte sich ein signifikanter Behandlungserfolg. Das Hauptzielkriterium zur Wirksamkeit war der Hamilton-Depressions-(HAMD)-Score (Items 1-17). Bei nahezu identischen Ausgangswerten (STW 3-VI: 21,9; Citalopram: 21,8; Placebo: 22,0) verringerte sich der HAMD-Score nach sechs Wochen bei STW 3-VI und Citalopram auf 10,3. Unter Placebo konnte nur eine Verringerung auf 13,0 Punkte erreicht werden. Dabei war sowohl die Testung auf Nicht-Unterlegenheit (non-inferiority) von STW 3-VI gegenüber Citalopram als auch die Überlegenheit verglichen mit Placebo signifikant. Dabei war der Hypericumextrakt deutlich verträglicher als der SSRI: 17,2 versus 53,2 Prozent hatten Nebenwirkungen.

Literatur: (1) Gastpar, M., Bässler, D., Zeller, K. Phytopharmaka und Phytotherapie 2004, Forschung und Praxis, 84

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