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Den Wettbewerb nutzen

07.04.2003  00:00 Uhr
Pharmazeutische Betreuung

Den Wettbewerb nutzen

von Hanna Kleine-Weischede, Bonn

„Wir Apothekerinnen und Apotheker machen Ernst mit der Pharmazeutischen Betreuung.“ So begrüßte der Kammerpräsident der Apothekerkammer Nordrhein, Karl-Rudolf Mattenklotz, die zahlreichen Besucher zum letzten der drei Wochenendworkshops in Bonn. Die anschließenden Diskussionen zeigten, dass die Pharmazeutische Betreuung durchaus ein Thema mit Zukunft ist.

In den neuen Räumen des Instituts für Klinische Pharmazie, in Sichtweite des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, trafen sich Apotheker aus Offizin, Krankenhaus, Wissenschaft und Hochschule sowie aus den unterschiedlichsten anderen Arbeitsbereichen. „Besser kann man gar nicht demonstrieren, dass unser Berufsstand sich aktiv und konstruktiv für die Sicherung des Gesundheitswesens und für eine patienten- und zukunftsorientierte Arzneimittelversorgung einsetzt“, sagte Mattenklotz.

„Einem Wettbewerb um die Stärkung der Versorgungsqualität durch qualifizierte Beratung bei garantierter Arzneimittelsicherheit stellen wir uns sehr wohl“, betonte Mattenklotz, auch wenn Presse und Politik oft das Gegenteil behaupteten. Dies zeigten Veranstaltungen wie dieser Workshop sowie die Bereitschaft des Berufsstandes zur Fortbildung und Qualifizierung generell.

Zusammen mit den beschlossenen Konzepten zur Neupositionierung der Apothekerleistungen zählt Mattenklotz Qualität, Professionalität und Humanität „zu den eindrucksvollen Belegen der Stärke der Apotheker. Die Pharmazeutische Betreuung, der Beitrag zum Disease Management, Qualitätszirkel, das Hausapothekenmodell sowie eine neugestaltete Apothekenvergütung als zentrales Element unserer heilberuflichen Leistungshonorierung sind unsere Antworten an die Gesundheitspolitik.“

Die Grundlage

Den Zusammenschluss von Wissenschaft und Fortbildung begrüßte auch Professor Dr. Ulrich Jaehde, von der Universität Bonn. Gerade die Verbindung dieser Bereiche sei die wissenschaftliche Grundlage für den Apothekerberuf. Im Fachbereich Pharmazie an der Universität Bonn habe sich viel getan. Nicht nur das Gebäude sei neu. Seit vier Semestern studieren die ersten Studenten unter der novellierten Approbationsordnung. Seit 1999 habe man für den Bereich Klinische Pharmazie eine Professur eingerichtet und auch die Pharmazeutische Betreuung sei ein fester Bestandteil der Ausbildung geworden.

Unterstützt wurde der Workshop unter anderem von der European Society of Clinical Pharmacy (ESCP). Die Deutsche Delegierte der ESCP, Hannelore Krekel, sagte, dass man schon zahlreiche Kontakte zu amerikanischen Kollegen geknüpft habe. Man könne von diesen viel lernen, da dort bereits in den 60er-Jahren die Pharmazeutische Betreuung entwickelt wurde.

Hausapotheke realisiert

Bei der Etablierung der Hausapotheke gibt es inzwischen erste Erfolge, berichtete Dr. Martin Schulz, Leiter der ZAPP, Berlin. In Niedersachsen unterschrieb vergangene Woche der erste Patient freiwillig den Hausapothekenvertrag mit seiner Krankenkasse, der BKK Niedersachsen. Dies sei eine wichtige Entwicklung. Man müsse jetzt mit den Krankenkassen reden, damit die Apotheker eingebunden werden, sagte Schulz. „Wir müssen erst indikationsunabhängige Basisbetreuung leisten“, dies sei die Grundlage für weitere Tätigkeiten, die man den Krankenkassen als Module bieten könne.

Die ersten Krankenkassen würden bereits nachfragen, was die Apothekerschaft zu bieten habe. Dies hätte es vor drei Jahren noch nicht gegeben. Dass die öffentliche Apotheke zur Hausapotheke weiterentwickelt werden müsse, sei auch Konsens des Außerordentlichen Deutschen Apothekertages in Berlin gewesen. „Wenn Vorleistungen erbracht werden, wird auch die Nachfrage induziert“, machte Schulz abschließend den Kollegen Mut.

Amerikaner machen es vor

Dass die Pharmazeutische Betreuung funktionieren kann, zeigte Ann Snyder-Strohkirch von der Universität Bonn. Die Amerikanerin präsentierte die Geschichte der Pharmazeutischen Betreuung in den USA. Seit 1966 ist dieser Bereich bei Ärzten und Krankenhäusern etabliert. Auch die Niederländer haben bereits positive Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt. Auf die Frage, warum dies in Deutschland nicht schon funktioniere, sagte Snyder: „Vielleicht liegt es an der Mentalität. Wir müssen einfach endlich damit anfangen, um zu sehen, ob es klappt. Der Rest kommt von allein.“

Seamless-Care - die Einbindung des Apothekers - hat das Ziel der kontinuierlichen Arzneimitteltherapie über Schnittstellengrenzen hinaus. Wenn Patienten von der Ambulanz in die Klinik, oder umgekehrt, überwiesen werden, kann es zu Umstellungen oder zum Unterbrechen der Arzneimitteltherapie kommen. Dies resultiere oft aus einer mangelhaften Arzneimittelanamese oder Dokumentation, schilderte Dr. Roland Radziwill, Leiter der Krankenhausapotheke des Klinikums Fulda, die Probleme.

Partielle Unwissenheit

Patienten wissen meist nicht genau, welche Krankheiten sie haben oder wollen nicht darüber reden, weil es ihnen peinlich ist. Oft können sie auch nicht sagen, was sie verschrieben bekommen haben oder auf dem Rezept fehlen Hinweise, wie zum Beispiel die Dosierung. Zusätzlich vergessen Ärzte auch, nach einer eventuellen Selbstmedikation zu fragen. Die daraus entstehenden Fehler führen unweigerlich zu Problemen in der Compliance.

Seamless-Care biete hier Verbesserungsmöglichkeiten. Durch eine verstärkte Kommunikation zwischen Arzt, Patient und Apotheker könne die Therapie stringent eingehalten werden. Da auf den Stationen oft ein enormer Zeitdruck herrsche und es daher besonders den Chirurgen und den Unfallärzten egal sei, wie die Arzneimitteltherapie aussieht, sei es nach Meinung des Krankenhausapothekers sinnvoller, dass ein Apotheker die Arzneimittelanamese in Form eines Apothekerbriefes durchführe.

Im Klinikum Fulda ist dies bereits so. Bei der Aufnahme ins Krankenhaus erhalte jeder Patient ein Informationsblatt mit dem Hinweis, dass die Medikamente umgestellt werden und diese nach der Entlassung sich eventuell zum Beispiel aus ökonomischen Gründen wieder ändern könnten. Zudem erstellen Radziwill und seine Kollegen einen ausführlichen Medikamentenpass, in welchem dem Patienten mitgeteilt wird, wann er wie welches Medikament einnehmen soll und was bei der Einnahme zu beachten ist. Kommt der Patient zu einem neuen Arzt oder Apotheker, können sich diese durch den Pass ein genaues Bild von der erfolgten Medikamentation machen.

Zudem habe man sich darauf geeinigt, dass die bestehende Arzneimitteltherapie bei einem Krankenhausaufenthalt von weniger als einer Woche nicht substituiert werde. Bleibt der Patient länger, dürfen Radziwill und seine Kollegen die Therapie umstellen oder auch ändern, falls Komplikationen auftreten. Epileptika und Psychopharmaka würden wegen des Problems der unterschiedlichen Bioverfügbarkeit nicht umgestellt.

Zirkel für Richtlinien

In Qualitätszirkeln zwischen Krankenhausapothekern und niedergelassenen Ärzten wolle man Richtlinien verfassen, welche Patienten umgestellt werden dürfen und welche nicht. Des Weiteren wolle man versuchen Hilfestellungen zur weiteren Medikamentation zu geben. „Wir müssen mehr an der Kommunikation arbeiten“, denn ohne eine gute Kommunikation sei die Pharmazeutische Betreuung nicht möglich, sagte Radziwill. Apotheker seien die letzten Generalisten unter den Heilberuflern. Daher sollten diese bei den Disease-Management-Programmen eine führende Rolle einnehmen. Die Meinung, Ärzte wollten nicht mit Apothekern reden, kann Radziwill nicht teilen. „Je niedriger die Hierarchie sei, desto besser wäre die Kooperationsbereitschaft.“

In den USA habe sich Seamless-Care bereits etabliert. Die Ärzte entschlossen sich, unter Therapieanweisungen zusätzlich die Unterschrift eines Pharmazeuten zu verlangen. Auch für Deutschland sieht Radziwill eine Chance für Seamless-Care, da es in den Krankenhäusern zu wenig Ärzte gebe, um die Betreuung bei der Arzneimitteltherapie zu gewährleisten. Top

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