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Zytokin fördert die Wundheilung

20.12.1999  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

BECAPLERMIN

Zytokin fördert die Wundheilung

von Ulrich Brunner, Frankfurt

"Don't substitue, integrate", brachte es der amerikanische Mediziner Dr. Adam Landsberg auf den Punkt. Die Therapie mit dem Wachstumsfaktor Beclaplermin fördert zwar die Heilung, kann aber eine gute Wundversorgung diabetischer Füße keinesfalls ersetzen.

Jahr für Jahr verlieren alleine in der Bundesrepublik rund 25.000 bis 28.000 Diabetiker eine Gliedmaße. Damit stehen die Amputationen noch vor Erblindung und Niereninsuffizenz auf Platz eins der Liste diabetischer Folgeerkrankungen. Viele Füße könnten aber nach Meinung von Experten gerettet werden. Ein Diabetischer Fuß lässt sich durch vorbeugende Maßnahmen, die das Verletzungsrisiko minimieren, und eine regelmäßige Inspektion der Extremitäten verhindern. "Die Versorgung der Patienten ist in Deutschland aber nach wie vor mangelhaft", kritisierte Privatdozent Dr. Thomas Haak, Diabetologe an der Uni Frankfurt, während einer Presseveranstaltung von Janssen-Cilag.

Sowohl die periphere Neuropathie als auch Durchblutungsstörungen in den Füßen aufgrund einer Makroangiopathie begünstigen die Entstehung der Ulcera am Fuß. Dadurch fühlen die Diabetiker einerseits keinen Schmerz in ihren Extremitäten und bemerken kleinere Verletzungen ebensowenig wie Verbrennungen oder Druckstellen. Andererseits fördern die ateriosklerotischen Veränderungen in den peripheren Gefäßen chronische Wunden. Aufgrund der Neuropathie verändert sich zudem die Anatomie der Füße. Es kommt zu Deformationen wie Hammer- und Krallenzehen. Weitere Druckstellen und Verhornungen sind die Folge.

Entsprechend der multifaktoriellen Genese des diabtischen Fußsyndroms muss auch therapiert werden, sagte Haak. Zunächst sollten Patienten die betroffenen Stellen am Fuß durch spezielles Schuhwerk entlasten. Zusätzlich gilt es, die Wunde täglich zu desinfizieren. Ferner sollte der Mediziner die Infektion mit Antibiotika behandeln. "Vermeiden Sie unbedingt eine Amputation und holen Sie vor dem Eingriff erst eine Zweitmeinung ein", betonte der Diabetologe. Viele der Amputationen seien durch sachgerechte Diagnostik und Behandlung der Ulcera, zum Beispiel in einer speziellen Fußambulanz, zu vermeiden.

Der jetzt in Deutschland neu zugelassene rekombinante humane thrombozytäre Wachstumsfaktor BB (rhPDGF-BB) kann neben der guten Wundversorgung die Heilung fördern, berichtete Professor Dr. Gerhard B. Köveker vom Städtischen Krankenhaus Sindelfingen. Der Chirurg betreute unter anderem klinische Studien mit dem Wachstumsfaktor.

Das Protein PDGF (Platelet-derived Growth Factor) zählt zur Klasse der Zytokine. Der Botenstoff ist an diversen Reaktionen bei der physiologischen Wundheilung beteiligt und stimuliert zum Beispiel die Bildung von Makrophagen sowie Fibroblasten und fördert die Kollagensynthese. Laut Köveker gehört PDGF zu den am besten experimentell und klinisch untersuchten Wachstumsfaktoren.

In vier klinischen Studien erhielten insgesamt 922 Patienten neben der herkömmlichen Wundversorgung Becaplermin-Gel oder Placebo. Alle Diabetiker hatten seit mindestens acht Wochen schlecht heilende Ulcera an den unteren Extremitäten. Aufgrund der lokalen Therapie mit dem Zytokin heilte die Wunde schneller ab und es verkürzte sich die Behandlungsdauer, fasste Köveker die Untersuchungen zusammen.

"Die Studienergebnisse dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass beim diabetischen Ulcus multifaktorielle, lokale und systemische Störfaktoren vorliegen, die eleminiert werden müssen," schränkt er ein. Compliance der Patienten, Infektionskontrolle und ein radikales chirurgisches Debridement seien entscheidend für den Therapieerfolg. PDGF könne seine Wirkung nur in akuten Wunden entfalten, deshalb müsse der Chirurg zunächst den verletzten Bereich großflächig ausräumen; "eine blutige Angelegenheit, aber unabdingbar", so der Mediziner.

"Becaplermin alleine verschließt keine Wunden", betonte auch Dr. Adam S. Landsmann vom Scholl College of Podiatric Medicine in Chicago. Nur die Therapie in Kombination mit einer sachgerechten Wundversorgung sei erfolgreich. Der Mediziner berichtete von seinen Erfahrungen mit dem Wachtumsfaktor im Kinikalltag. In den USA ist die Substanz bereits seit 1998 auf dem Markt. Goldstandard der Wundtherapie sei nach wie vor "aggressives" Debridement und ein physiologisches Wundklima entsprechend den Heilungsphasen. Nur wer diese Voraussetzungen erfülle, könne mit Becaplermin den Heilungsprozess günstig beeinflussen.

In klinischen Studien war 0,01-prozentiges Becaplermin der niedriger dosierten Zubereitung (0,003 Prozent) überlegen. Der Hersteller Janssen-Cilag führt das höher dosierte Gel am 15. Januar 2000 unter dem Handelsnamen Regranex® auch in Deutschland ein. Die Therapie sollte nur ein Facharzt oder Allgemeinmediziner mit Erfahrungen in der Behandlung chronischer Wunden beginnen und überwachen. Das Gel muss mit einem kleinen Spatel in dünner Schicht einmal täglich appliziert werden. Die Therapiekosten belaufen sich laut Janssen-Cilag auf 20 DM pro Tag. Top

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