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Eine Therapie im Umbruch

11.12.2000  00:00 Uhr

BRUSTKREBS

Eine Therapie im Umbruch

von Gertrude Mevissen, Frankfurt am Main

Das Therapieschema mit den zytotoxischen Wirkstoffen Cyclophosphamid, Methotrexat und 5-Fluorouracil (CMF) galt lange Zeit als Standard beim metastasierten Mammakarzinom. Heute stehen neue Wirkstoffe in den Startlöchern und machen CMF den Platz eins in der Firstline-Therapie streitig. Auf einer von Aventis Pharma veranstalteten Ärztefortbildung fassten Experten die bisherige Datenlage zusammen.

Brustkrebspatientinnen, die ein erhöhtes Risiko an Fernmetastasen haben, erhalten nach einer chirurgischen oder radiochemischen Tumorentfernung häufig eine Chemotherapie. Ein hohes Rezidivrisiko besteht dann, wenn der Tumorherd großflächig ist, Lymphknoten befallen sind und Tumorzellen immer bösartiger werden. Bricht der Krebs in den Brustdrüsen oder anderem Geweben trotz adjuvanter Chemotherapie erneut aus, bedeutet das für viele Patientinnen eine weitere Behandlung.

Im fortgeschrittenen Stadium ist ein metastasiertes Mammakarzinom nach wie vor unheilbar. Ärzte können lediglich versuchen, den Tumor zurückzudrängen und die dadurch verlängerte Lebenszeit so beschwerdefrei wie möglich zu gestalten. Viele Frauen mit metastasiertem Mammakarzinom sprechen bereits auf die Firstline-Therapie an, bei manchen hilft erst ein anderes Schema (Second-Line-Therapie). Wie lange Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs überleben können, hängt entscheidend von der Art und Aggressivität des Tumors ab. Im Durchschnitt leben Betroffene, nachdem erste Metastasen auftreten, noch ein bis zwei Jahre. Besonders schlecht sind die Prognosen bei Metastasen im Gehirn und in der Leber. Hier liegen die durchschnittlichen Überlebenszeiten bei ein bis acht beziehungsweise sechs bis zwölf Monaten.

Von der Hormon- zur Chemotherapie

Vier von zehn Brustkrebspatientinnen haben einen positiven Hormonrezeptor-Status. Das heißt, sie sprechen auf eine Hormontherapie an und ihre mediane Überlebenszeit steigt gegenüber unbehandelten Frauen auf 43 Monate. Da die Hormontherapie gegenüber alkylierenden Chemotherapeutika nebenwirkungsärmer ist, werden in der Palliativtherapie zunächst alle Möglichkeiten einer Hormontherapie ausgeschöpft. Zur Auswahl stehen Antiestrogene wie zum Beispiel Tamoxifen, GnRH-Analoga wie Leuprorelin oder Triptorelin und Aromatasehemmer, wie Letrozol. Erst wenn die Patientinnen unter massiven Beschwerden leiden und eine akute Lebensgefahr besteht, werden Hormonrezeptor-positive Frauen mit aggressiveren Substanzen behandelt.

Bei moderat verlaufendem Mammakarzinom gilt die Kombination von Cyclophosphamid, Methotrexat und 5-Fluoruracil als Standard. Aggressiver werden dagegen Hochrisiko-Patientinnen mit viszeralen Metastasen und kurzem rezidivfreien Intervall behandelt. Bei ihnen ist eine schnell einsetzende Chemotherapie oft lebensentscheidend. Üblich sind hier Anthrazykline wie Doxorubicin sowie die Kombination von Anthrazyklinen mit anderen Therapeutika, wie Cyclophosphamid oder Taxanen.

Die Ansprechraten auf das CMF-Schema liegen bei 25 bis 40 Prozent, mit einer rezidivfreien Zeit von einem halben Jahr und einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 16 Monaten. Die Kombination führt jedoch zu erheblichen Nebenwirkungen, wie gastrointestinalen Beschwerden und Blutbild-Veränderungen. Inzwischen entwickelten Forscher neue Substanzen: die Taxane Docetaxel (Taxotere®) und Paclitaxel (Taxol®), das Spindelzellgift Vinorelbin, die Antimetabolite Gemcitabin (Gemzar®) und Capecitabin (Xeloda®) und das liposomale Doxorubicin (Doxil®). Während einige dieser Substanzen für die Indikation Mammakarzinom noch weiter untersucht werden, steht Docetaxel für Behandlung des fortgeschrittenen Mammakarzinoms bereits zur Verfügung.

Erst im September dieses Jahres ließ die europäische Zulassungsbehörde Taxotere® in Kombination mit Doxorubicin zur Firstline-Therapie zu. Bislang war die Substanz nur indiziert, wenn der Tumor auf eine Chemotherapie mit Alkylantien oder Anthrazyklinen nicht ansprach (Secondline). Die Indikationserweiterung stützt sich auf die Ergebnisse einer randomisierten Phase-III-Studie (Nabholtz, J.M. et al, ASCO, 1999), an der 429 Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs teilnahmen. Die zuvor unbehandelten Frauen erhielten entweder Doxorubicin plus Docetaxel (AT-Schema) oder Doxorubicin plus Cyclophosphamid (AC-Schema). Die AT-Kombination sprach gegenüber dem etablierten AC-Schema signifikant besser an (60 versus 47 Prozent).

Außerdem verlängerte sich der Zeitraum, bis die Krankheit weiter voranschritt, von 31,9 auf 37,3 Wochen. Auch adjuvant vorbehandelte Patientinnen und solche mit ungünstiger Prognose profitierten von der AT-Kombination, die im Vergleich zu Anthrazyklin/Cyclophosphamid weniger kardiotoxisch wirkt. Docetaxel hemmt die Teilung von Krebszellen, indem es die Mikrotubuli des Zell- und Spindelapparats im polymerisierten Zustand einfriert. Der Zellzyklus kommt zum Erliegen und die Zelle stirbt ab. Nach Angaben des Herstellers sind weltweit bisher etwa 85.000 Brustkrebspatientinnen mit Docetaxel behandelt worden. Zugelassen ist Docetaxel auch für die Behandlung lokal fortgeschrittener und metastasierter nicht kleinzelliger Bronchialkarzinome.

Die Pharmakonzerne Aventis Pharma und Roche kündigten vergangene Woche in einer Pressemitteilung ihr gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen Brustkrebs an. Die Zusammenarbeit biete sich an, da die Kombination von Docetaxel und dem monoklonalen Antikörper Trastuzumab (Herceptin®) viel versprechende Ergebnisse gezeigt habe. Die Studien wurden beim Brustkrebs-Symposium in San Antonio/USA vorgestellt. Danach wirken Docetaxel und Trastuzumab offenbar synergistisch: Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom und einer Überexpression des HER2/neu-Rezeptors erreichten eine signifikant höhere Remissionsrate und überlebten signifikant länger, wenn Docetaxel mit Trastuzumab kombiniert wurde. Top

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