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Kleines Molekül mit großer Wirkung

08.09.2003  00:00 Uhr
Hautkrebs

Kleines Molekül mit großer Wirkung

von Elke Wolf, Rödermark

Der Name ist nicht gerade einprägsam: Methyl-(-5-amino-4-oxopentanoat), kurz MAOP genannt. Dennoch lenkt dieses Molekül seit kurzem die Aufmerksamkeit der Dermatologen auf sich. Hat doch MAOP für einen Fortschritt in der photodynamischen Therapie von Präkanzerosen und Basalzellkarzinomen gesorgt.

Präkanzerosen und Hauttumoren sind in Mitteleuropa auf dem Vormarsch. Experten sind sich einig, dass das an der bewusst in Kauf genommenen Sonnenexposition im Urlaub oder in Solarien liegt. Unter den Krankheitsfällen dominieren aktinische Keratosen und Basalzellkarzinome, beide durch UV-B-Strahlung ausgelöst. Bei etwa jedem Fünften entsteht aus der aktinischen Keratose ein spinozelluläres Karzinom. Und das Basalzellkarzinom (Basaliom) ist der häufigste aggressive epitheliale Tumor der Haut.

Bisher angewandte Verfahren wie die Kryo- oder die Lasertherapie können bei guter Wirksamkeit Narben nach sich ziehen. Das ist gerade bei Hautläsionen im Gesichtsbereich kosmetisch wenig zufrieden stellend. Die photodynamische Therapie mit MAOP (Metvix®) bietet dagegen eine narbenfreie Behandlungsoption bei mindestens gleicher Wirksamkeit, hieß es auf der jüngsten Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Berlin.

Lichtquelle entscheidet Therapieerfolg

Bevor die MAOP-Creme dünn aufgetragen werden kann, müssen Schuppen und Krusten entfernt werden. Auf die Cremeschicht kommt für drei Stunden ein Okklusivverband. In dieser Zeit reichert sich MAOP bevorzugt in den geschädigten Zellen der Haut an, wo der Arzneistoff zu Protoporphyrin IX, dem eigentlichen Lichtsensibilisator, metabolisiert wird. MAOP ist als Prodrug der Methylester von Aminolävulinsäure, die bislang experimentell zur photodynamischen Therapie von Hautkrebs eingesetzt wurde. MAOP dringt jedoch schneller und mit höherer Selektivität in neoplastische Zellen ein als Aminolävulinsäure.

Entscheidend für den therapeutischen Erfolg ist jedoch der zweite Baustein der Behandlung, die Lichtquelle. Die speziell für die photodynamische Therapie mit MAOP entwickelte Lampe Aktilite® strahlt ein kaltes Rotlicht mit der Wellenlänge von 630 nm ab, das im Vergleich zu anderen Wellenlängen tief in die Haut eindringt. Da ihr Spektrum keinen Infrarotanteil enthält, wird deutlich weniger Wärme als bei bisher eingesetzten Lampen abgestrahlt und das Gewebe geschont, so die Experten in Berlin. Die durch die topische MAOP-Anwendung gebildeten Porphyrine sind photoaktiv. Durch Lichtaktivierung bildet sich in neoplastischem Gewebe aus Sauerstoff Singulett-Sauerstoff, und der wirkt phototoxisch. Die entarteten Hautzellen werden durch Apoptose und/oder Nekrose zerstört. Die Läsionen werden zweimal im Abstand von einer Woche photodynamisch behandelt. Der Erfolg der Behandlung soll nach drei Monaten kontrolliert werden. „Die Wirksamkeit der photodynamischen Therapie mit MAOP und Aktilite ist vor allem durch die hohe Selektivität des Photosensibilisators und die gute Eindringtiefe des speziellen Rotlichts zu erklären“, sagte Privatdozent Dr. Rolf-Markus Szeimies, Regensburg.

 

Rund um die Anwendung
  • Die Creme ist mit einem Spatel rund 1 cm über den Rand der Läsion aufzutragen, damit auch Vorläuferstadien erfasst werden, die makroskopisch noch nicht aufgefallen sind.
  • Zwar ist die photodynamische Therapie mit weniger Schmerzen verbunden als andere Verfahren, dennoch können sonnenbrandähnliche Beschwerden auftreten. Zur Schmerzkappung sind Paracetamol oder Metamizol geeignet. Nicht steroidale Antirheumatika oder lokale Steroide sind zu meiden, weil sie möglicherweise immunologische Prozesse beeinträchtigen, die zur Zerstörung des Tumors notwendig sind.
  • Nach der Therapiesitzung 24 Stunden das direkte Sonnenlicht meiden.
  • Kontraindiziert ist das Verfahren, wenn die Tumoren eine Dicke von mehr als 3 mm haben, bei pigmentierten Hautveränderungen und bei sklerodermiformen Basalzellkarzinomen.

 

Die photodynamische Therapie mit MAOP wurde in klinischen Studien mit mehr als 1000 Patienten geprüft. Nach der ersten Bestrahlung gingen 68 Prozent, nach zweimaliger Sitzung 90 Prozent der aktinischen Keratosen in eine komplette Remission über; nach Kryotherapie waren es 78 Prozent. Bei oberflächlichen Basalzellkarzinomen waren beide Therapien gleich wirksam (97 versus 95 Prozent komplette Remissionen). Noduläre Karzinome reagierten zu 90 Prozent. Aber: „Der klare Vorteil der phytodynamischen Therapie ist aber das deutlich bessere kosmetische Resultat“, betonte Szeimies.

Die bisherigen Studien liefen über maximal drei bis sechs Monate für aktinische Keratosen und zwölf Monate für Basaliome. Ob die Bestrahlungstherapie längerfristig wirksam ist, muss noch untersucht werden.

 

Bestrahlung bei Leishmaniose Die photodynamische Therapie hat sich in einer Pilotstudie auch wirksam gegen die Hautleishmaniose erwiesen. Die Leishmaniose ist neben Schlangenbissen und Malaria eine der häufigsten Tropenkrankheiten. Die vom Stich der Sandmücke hervorgerufene Hautveränderung - in extremen Fällen ein aufbrechendes Geschwür – flacht nach Bestrahlung wieder ab. Die Idee, die photodynamische Hautkrebs-Therapie auch gegen die Leishmaniose einzusetzen, ist bei einem Gastaufenthalt eines Jerusalemer Hautarztes an der Universitäts-Hautklinik Düsseldorf entstanden, meldete die Gastgeber-Klinik kürzlich über dpa.

 

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