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Neue Zytostatika und ein Antikörper als Spürhund

03.05.1999  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

TUMORTHERAPEUTIKA

Neue Zytostatika und ein
Antikörper als Spürhund

von Ulrike Wagner, Heidelberg

Wirkstoffe aus der Natur sorgen immer wieder für Überraschungen: Zwei vielversprechende Tumortherapeutika stammen aus einer Pflanze und einem Bakterium. Diese und andere Strategien der Krebstherapie standen im Zentrum des Symposiums der Abteilung Experimentelle Krebsforschung der Deutschen Krebsgesellschaft in Heidelberg.

Neben Taxol, das inzwischen erfolgreich in der Krebstherapie angewendet wird, war ein weiterer Volltreffer bei der Suche nach Zytostatika aus der Natur die Gruppe der Epothilone. Gerhard Höfle von der Abteilung Naturstoffchemie der Gesellschaft für Biotechnische Forschung in Braunschweig stellte die cytotoxisch wirkenden Stoffwechselprodukte aus Myxobakterien in Heidelberg vor. Wie Taxol depolymerisieren sie Tubulin und lassen es zusammenklumpen. Eine Zellteilung ist dann nicht mehr möglich.

Gegen das Toxin aus Eiben können Krebszellen eine Resistenz entwickeln, nicht aber gegen Epothilone. Mehr noch, Zellen, die bereits gegen Taxol resistent sind, weil sich ihre ß-Tubulin-Gene verändert haben, sind gegen Epothilone empfindlich. Außerdem sind diese Moleküle wesentlich hydrophiler als Taxol. Nachteil der ersten Epothilone war allerdings deren Toxizität in Mäusen, was die fieberhafte Suche nach weniger toxischen Derivaten auslöste. Die sind inzwischen gefunden. An der weiteren Entwicklung arbeiten zur Zeit die Firmen Bristol Myers Squibb und Novartis.

Alkaloid aus einer indischen Pflanze

Ein Zytostatikum pflenzlichen Ursprungs ist Flavopiridol. Hans Harald Sedlacek von Hoechst Marion Roussel in Marburg und seine Mitarbeiter hatten den methanolischen Extrakt der Rinde von Dysoxylum binectariferum untersucht. Die Pflanze wird in der traditionellen indischen Medizin verwendet. Die Wissenschaftler isolierten das Alkaloid Rohitukine, das anti-inflammatorisch und immunmodulatorisch wirkt. Die Struktur des Alkaloids war Grundlage für die Synthese von Flavopiridol. Der Kinase-Inhibitor hemmt mehrere Botenmoleküle, die Tumorzellen ständig das Signal geben, sich zu teilen. Außerdem induziert Flavopiridol in einigen Zelltypen den programmierten Zelltod.

Flavopiridol beeinflußt auch das Wachstum von Tumorzellen, die bereits gegenüber Chemo- und Radiotherapie resistent sind. Besonders aggressiv wachsende Krebszellen, die das Tumorsuppressor-Protein p53 verloren haben, reagierten empfindlich auf Flavopiridol in Kombination mit Taxol. Nachdem die Forscher im Tiermodell Tumore mit Flavopiridol erfolgreich bekämpfen konnten, befindet sich das Zytostatikum in Phase II der klinischen Studien. Die Nebenwirkungen des Wirkstoffs sind erstaunlich gering. In hoher Dosierung können Durchfälle auftreten.

Ein Antikörper spürt Tumorzellen auf

Tumorzellen sind körpereigene Zellen. Das ist zwar trivial, aber gleichzeitig auch eine der größten Schwierigkeiten in der Krebstherapie. Daher suchen Forscher ständig nach Proteinen, die vorwiegend in den Membranen von Tumorzellen vorkommen. Dazu gehören die Rezeptoren von Wachstumsfaktoren wie ErbB2. Das Protein ist auf vielen Tumorzellen in großer Menge vorhanden und dessen Hemmung beeinflußt direkt das Tumorwachstum.

Bernd Groner und seine Mitarbeiter vom Institut für Biomedizinische Forschung im Georg-Speyer-Haus in Frankfurt am Main verwendeten einen monoklonalen Antikörper gegen den Rezeptor. Sie isolierten den Teil des Antikörpers, der ErbB2 erkennt und koppelten daran ein Toxin, das die Proteinsynthese hemmt. Dadurch transportiert der Antikörper das Zellgift gezielt zu den Tumorzellen.

Groner testete das veränderte Immunglobulin an Mäusen, die besonders aggressive Metastasen in der Lunge bilden. Tatsächlich verhinderte der Antikörper das Wachstum der Metastasen vollständig oder schränkte es stark ein - abhängig davon, wann die Forscher mit der Therapie begannen. Der Wirkstoff zeigte bei Mäusen minimale Nebenwirkungen, so Groner.

Beim ersten Einsatz des Antikörper-Toxins am Menschen injizierten die Wissenschaftler das Molekül direkt in kutane Metastasen einer Brustkrebspatientin, die sich anschließend vollständig zurückbildeten. Das vielversprechende Molekül ist allerdings noch nicht in einer systemischen Anwendung am Menschen getestet worden. Top

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