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Kosten bei Arzneimittelzulassung einsparen

Datum 12.04.2004  00:00 Uhr

Kosten bei Arzneimittelzulassung einsparen

von Anke Pfleger, Frankfurt am Main

Arzneimittelzulassungen sind mit hohen Kosten verbunden. Mithilfe des biopharmazeutischen Klassifizierungssystems (BCS) könnten Firmen unter bestimmten Vorraussetzungen auf teure In-vivo-Bioäquivalenzstudien verzichten und Kosten einsparen. Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) erarbeitet Konzepte für eine Datenbank, die für das BCS geeignet Arzneistoffe enthalten soll.

Ende 2000 brachte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) eine Leitlinie heraus, die das Zulassungsverfahren für Arzneimittel vereinfachte. Sie führte das BCS zur Beurteilung der Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz schnell freisetzender oraler Applikationsformen ein. Nach diesen Maßgaben erarbeitete auch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMEA) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entsprechende Leitlinien. Nun können Arzneimittel zugelassen werden, die den Nachweis der Bioäquivalenz allein durch In-vitro-Untersuchungen erbracht haben. „Jedoch müssen die Firmen ausreichend begründen, warum es nicht nötig ist, eine Bioäquivalenzstudie durchzuführen“, erläuterte Dr. Henrike Potthast, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Pharmazeutische Qualität des BfArM im Rahmen einer Veranstaltung des Colloquiums Pharmaceuticum. Bei dieser Begründung seien sowohl die Eigenschaften des Wirkstoffs als auch der Arzneiform zu berücksichtigen, heißt es in der Bekanntmachung des BfArM zur Zulassung nach §21 AMG vom 18. Dezember 2002.

Die Firma Chephasaar konnte nun von dieser Änderung profitieren. Das BfArM erteilte dem Unternehmen für Sotalol-HCl (Sota-saar®) die Nachzulassung, nachdem das ZL einen Entwurf erarbeitet hatte, wie die Dokumentation für die biopharmazeutische Charakterisierung des Wirkstoffs aussehen könnte.

Expertenschätzungen zufolge könnten die Ausgaben für Bioäquivalenzstudien mithilfe des BCS um das Fünf- bis Sechsfache gesenkt werden, sagte Dr. Jürgen Mössinger, Leiter der Produktentwicklung bei Chephasaar. Das BCS erlaubt es, anhand bestimmter physikalisch-chemischer Eigenschaften von Wirkstoffen zu entscheiden, ob eine Bioäquivalenzstudie gegebenenfalls verzichtbar ist. Löslichkeit, Permeabilität des Arzneistoffs sowie seine Freisetzung aus der Arzneiform sind fundamentale Kenngrößen, die nach dem BCS-Konzept für die orale Bioverfügbarkeit eines Produktes verantwortlich sind, sagte Dr. Mona Tawab, Assistentin der wissenschaftlichen Leitung des ZL. Je nach Löslichkeits- und Permeabilitätsverhalten teilt das BCS Arzneistoffe in vier Klassen ein (Tabelle).

 

BCS-Klasse Löslichkeit Permeabilität I hoch hoch II niedrig hoch III hoch niedrig IV niedrig niedrig

 

Arzneistoffe der Klasse I eignen sich als so genannte Biowaiver (Arzneimittel, bei denen auf Bioäquivalenzstudien verzichtet werden kann). Substanzen der Klasse III eignen sich nur bedingt. Typische Beispiele für gut lösliche Substanzen der Klasse I sind Paracetamol und Metoprololtartrat. Aciclovir gehört zur Klasse III. Für Arzneistoffe der Klassen II und IV bietet es sich dagegen nicht an, auf Bioäquivalenzstudien zu verzichten.

Neben Aussagen über Löslichkeit und Permeabilität von Wirkstoffen fordert die FDA-Leitlinie auch eine Beurteilung der Arzneistofffreisetzung und zwar in Medien, die den physiologischen pH-Wert im Gastrointestinaltrakt widerspiegeln. Daher gelten für Biowaiver folgende Kriterien: hohe Löslichkeit und Permeabilität, schnelle Freisetzung, unproblematische Hilfsstoffe, große therapeutische Breite sowie Stabilität im Bereich pH 1 bis 6,8, fasste Tawab zusammen. Sie könne sich auch eine Erweiterung des BCS vorstellen. So könnten zum Beispiel Zusätze wie Gallensalze bei Löslichkeitsbestimmungen die physiologischen Bedingungen noch besser imitieren.

Die Mitarbeiter des ZL prüfen im Labor die Permeabilität von Wirkstoffen anhand von Zellkulturen. Hierfür eignen sich zum Beispiel Caco-2-Zellen. Die aus einem humanem kolorektalen Adenokarzinom gewonnene Zelllinie dient als In-vitro-Modell, das den Forschern ermöglicht, auch Proteinbindungen, Permeabilität des Wirkstoffs und Interaktionen zu anderen Substanzen zu berücksichtigen. Caco-2-Zellen verfügen über Verdauungsenzyme, wie sie auch in Dünndarmepithelzellen zu finden sind, und exprimieren wie diese Exportproteine. So zum Beispiel das P-Glykoprotein, das auch Multidrug-Resistance-Protein genannt wird. Die Transportproteine sind für die aktive Sekretion von Arzneistoffen aus Zellen verantwortlich. Bei Überexpression führen sie zum Beispiel zu verstärktem Transport des Arzneistoffs aus der Zelle und damit zu Resistenzen. Da biologische Systeme unterschiedlicher Zelllinien sich nie genau gleichen, müssen Wissenschaftler mit Standardsubstanzen Kontrollen durchführen. Mit diesen weisen sie nach, wie stark die P-Glykoprotein-Produktion in den Zellen der verwendeten Zellkultur ist, erläuterte Professor Dr. Gert Fricker von der Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg. Zu Vorhersagen von Biotransformationsreaktionen haben Caco-2-Zellen sich ebenfalls bewährt, auch wenn nicht zu allen metabolisierenden Isoenzymen gleich gute Vorhersagen getroffen werden können.

Das BCS biete große Chancen. Doch bislang mangele es an frei zugänglichen Datenbanken für Löslichkeits- und Permeabilitätsdaten aktueller Arzneistoffe, sagte Sandra Klein von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Abhilfe könnte eine einheitliche, frei zugängliche BCS-Datenbank schaffen. Hierfür ist die Zusammenarbeit mehrerer Stellen gefragt – Universitäten, ZL und Industrie könnten hier ihren Beitrag leisten. Top

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