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Vom langsamen Sterben der Neuronen

01.07.2002  00:00 Uhr

PZ-Akademie

Vom langsamen Sterben der Neuronen

Der Verfall von Nervenzellen steht am Anfang jeder Demenzerkrankung. Da sich das Gewebe quantitativ jedoch nicht regenerieren kann, ist es für langsam kumulierende Schäden besonders anfällig, berichtete Privatdozent Dr. Tilman Grune vom Neurowissenschaftlichen Forschungszentrum an der Berliner Charité.

"Die meisten Demenzerkrankungen sind bereits seit Jahrzehnten bekannt; um so erstaunlicher, dass die Pathomechanismen bis heute nicht vollständig aufgeklärt sind", sagte der Biochemiker. Den Begriff der Amyloid-Plaques prägte bereits Virchow. Er glaubte ursprünglich, dass es sich dabei um Zucker handelt. Inzwischen sind die tatsächlichen Mechanismen der Proteinablagerung gut untersucht. Bei Morbus Alzheimer identifizierten Wissenschaftler so genannte neurofibrilläre Tangles sowie senile Plaques.

Grune ging detailliert auf die Entstehung der Amyloid-Plaques ein. Vorstufe aller b-Amyloide ist das so genannte b-Amyloid-Percursor-Protein (bAPP). Es wird durch verschiedene Proteasen wie die a, b- und g-Sekretase in kürzere Peptide zerschnitten. Bislang konnten sich die Wissenschaftler aber nicht erklären, wie die g-Sekretase in der lipophilen Membran arbeitet, da die Protease zum Abspalten der Peptidketten Wasser benötigt. Höchstwahrscheinlich schlängelt sich die g-Sekretase mehrfach durch die Membran und bildet so eine Röhre, in die sich dann das Substrat bAPP einlagert. Die b- und g-Sekretasen schneiden aus APP den 38 bis 42 Aminosäuren langen Abschnitt heraus. Schließlich lagern sich Metalle in das unlösliche Adukt. "Das Produkt ist nicht nur schwer löslich, sondern wirkt auch stark oxidativ und neurotoxisch", erläuterte Grune. In der Folge wird das mikrogliale Gewebe durch Entzündungsprozesse irreversibel geschädigt.

Die Forscher beobachteten bei Morbus-Alzheimer-Patienten jedoch noch eine zweite pathologische Veränderung im Hirn. Es handelt sich um so genannte Neurofibrillen - die Neurofibrillären Tangles (NFT) und Neurophilen Threads (NT) - die sich im Gegensatz zu den Amyloid-Plaques in den Neuronen festsetzen. Die NFT bestehen aus tau-Proteinen. Die Eiweiße sind normalerweise für den Aufbau von Mikrotubuli in den Axonen verantwortlich.

Im nicht phosphorylierten Zustand stabilisieren die tau-Proteine die Mikrotubuli. Phosphoryliert fallen sie jedoch von den Strängen ab, und die Mikrotubuli zerfallen. Im Hirn von Alzheimer-Patienten herrscht ein Missverhältnis zwischen Phosphatasen und Kinasen, das den Zerfall der Tubuli begünstigt.

"Die Ablagerungen beginnen sehr früh und kumulieren langsam über einen sehr langen Zeitraum", berichtete der Referent. Erst wenn eine definierte Schwelle überschritten wird, leiden die Patienten unter einer Demenz. "Man muss plötzlich etwas aufhalten, was schon seit Jahrzehnten ablief", so Grune. Dieses Problem lasse sich eventuell lösen, indem man Risikopatienten bereits früh selektiere.

Inzwischen haben Wissenschaftler die genetischen Faktoren identifiziert, die die Entstehung der Alzheimer-Krankheit begünstigen. Neben der seltenen erblichen Komponente kann die Demenz aber auch durch schwere Schädel-Hirn-Trauma oder Stoffwechselkrankheiten ausgelöst werden. Zudem korreliere das Alzheimer-Risiko vermutlich mit dem Bildungsgrad sowie dem Lebensalter. Ferner seien Kinder sehr früh oder sehr spät gebärender Mütter häufiger betroffen, fasste Grune Daten aus epidemiologischen Studien zusammen.

Der Experte glaubt auch an einen Einfluss der Ernährung. Seiner Meinung nach ist oxidativer Stress im Nervengewebe für den Untergang der Neuronen mit verantwortlich. Wissenschaftler prüften daher zur Zeit in klinischen Studien den Einfluss von Antioxidantien auf das Erkrankungsrisiko.

 

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