Kombianalgetika: Keine neuen Erkenntnisse |
15.12.1997 00:00 Uhr |
Pharmazie
Diener räumte allerdings ein, daß die verschreibungspflichtigen
Kombinationsanalgetika mit Codein mehr Sucht und Nebenwirkungen zeigen
würden, und daß die Verschreibungspflicht nicht unbedingt als Schutz für den
Patienten interpretiert werden könnte: "Die Patienten sind viel vernünftiger als das
Verschreibungsverhalten mancher Ärzte!" Außerdem sei eine fundierte Beratung und
Aufklärung der Bevölkerung besser als gesetzliche Regelungen.
Professor Dr. Dr. Johannes M. Fox, Frankfurt, warnte davor, mit der erneuten
Diskussion über die Verschreibungspflicht coffeinhaltiger Analgetika, die
Bundesrepublik Deutschland zum "Nachtwächterstaat" zu machen. Bei nur drei
Prozent der Anwender könne ein Mißbrauch registriert werden. Hier sollten die
Apotheken die Aufklärungspflicht übernehmen. Die Apothekerinnen und Apotheker
müßten wissen, daß zum Beispiel durch Mißbrauch von Analgetika ein Kopfschmerz
induziert werden könnte. Bezugnehmend auf den Antrag des BfArM sagte er, daß
Thesen, wie "Kombis seien nephrotoxischer als Monos" und "Coffein steigere die
Analgetikasucht", nicht durch Wiederholungen richtiger würden. Die Analgetikaniere
sei eindeutig eine Phenacetinniere. Außerdem gebe es keine wissenschaftlichen
Daten, die belegen könnten, daß eine definierte Abhängigkeit durch coffeinhaltige
Analgetika verursacht werde. Außerdem verschwiegen die Gegner der
Mischanalgetika immer, daß Monos auch Nephrotoxizität entwickeln.
Schließlich versucht Professor Dr. Gunther Haag, Elztal, Generalsekretär der
Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), die Frage zu
beantworten, ob die Ablehnung von Kombinationsanalgetika in den
Therapierichtlinien der DMKG gerechtfertigt sei.
Dazu habe er alle verfügbaren Studien mit Dreierkombinationen analysiert. Als Fazit
zog Haag, daß Kombinationen in einigen Studien effektiver waren als Monos und
Placebo. Es sei auch falsch, aufgrund der Datenlage zu behaupten, vorwiegend oder
ausschließlich würden Kombinationspräparate Schmerzmittelkopfschmerz
verursachen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es deshalb auf der Basis wissenschaftlicher
Ergebnisse nicht gerechtfertigt, den Kombinationspräparaten eine negative Rolle in
der Kopfschmerztherapie zuzuschreiben. Haag empfahl deshalb, die Richtlinie
dahingehend zu ändern, daß Schmerzmittel grundsätzlich nicht länger als drei Tage
hintereinander und nicht häufiger als an zehn Tagen pro Monat eingenommen werden
sollten.
Neue Studie begonnen
Im November 1997 war der Startschuß einer neuen klinischen Studie, die das Ziel
hat, die Rationale der fixen Arzneimittelkombination Acetylsalicylsäure, Paracetamol
und Coffein unter Beweis zu stellen. Diese Studie wurde von der Firma Thomae
initiiert und wird mit Thomapyrin durchgeführt. Erstmals soll in einer sechsarmigen,
placebokontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie der Effekt der
Dreierkombination gegenüber einer Zweierkombination aus ASS und Paracetamol,
den drei Monosubstanzen und Placebo gleichzeitig untersucht werden. Es werden
1600 bis 1700 Patienten in 100 bis 120 Prüfzentren eingeschlossen. Um ein
repräsentatives Patientenkollektiv zu bilden, werden in diese Studie nur Patienten
einbezogen, die üblicherweise ihre Kopfschmerzen mit einem verschreibungsfreien
Schmerzmittel selbst behandeln. Die Ergebnisse der Studie werden voraussichtlich
Anfang des Jahres 2000 vorliegen.
PZ-Artikel von Hartmut Morck, Berlin
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