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Betablocker machen Boden gut

24.10.2005  00:00 Uhr
Herzinsuffizienz

Betablocker machen Boden gut

von Elke Wolf, Bergisch Gladbach

Die langjährigen Therapierichtlinien bei Herzinsuffizienz geraten ins Wanken. Grund ist eine jüngst im Fachmagazin »Circulation« veröffentlichte Studie, nach der die Initialtherapie mit Betablockern der mit ACE-Hemmern in nichts nachsteht (1). Bislang galten ACE-Inhibitoren als Einstiegsarznei der Wahl.

Seit rund zehn Jahren gehören niedrig dosierte Betablocker zur Basistherapie der Herzinsuffizienz. Sowohl die amerikanischen als auch die europäischen Therapieleitlinien empfehlen für den Start einen ACE-Hemmer und im zweiten Schritt die Kombination mit einem Betablocker bei allen Patienten mit stabiler leichter, moderater oder schwerer Herzinsuffizienz. »Doch dieses Vorgehen beruht nicht auf evidenzbasierten Daten. Man beginnt mit ACE-Hemmern, weil sie eher für diese Indikation entdeckt wurden als die Betablocker«, sagte Professor Dr. Rainer Hambrecht vom Herzzentrum in Leipzig auf einem von Merck Pharma veranstalteten Presseworkshop. Das spiegelt auch eine Studie wider, die die Verordnungsweise von Ärzten analysierte. Hambrecht: »Die Mediziner verschreiben zuerst ACE-Hemmer, erst dann ­ wenn überhaupt ­ Betablocker. Und Letztere sind meist zu niedrig dosiert.«

Doch einige Beobachtungen sprechen dafür, dass für ausgesuchte Patienten eine initiale Betablocker-Therapie von Vorteil sein könnte, berichtete Hambrecht. »Besonders am Anfang der Herzinsuffizienz-Erkrankung im NYHA-Stadium I und II beobachtet man eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems, noch bevor das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System aktiviert wird. In diesen Fällen können Betablocker der erhöhten neurohormonalen Aktivität besser entgegenwirken als ACE-Hemmer.« Frühere Studien hätten zudem gezeigt, dass Betablocker gerade in der frühen Phase und bei milder symptomatischer Herzinsuffizienz die Mortalität durch plötzlichen Herztod besser verhindern können als ACE-Hemmer.

Betablocker mindestens gleichwertig

Licht in die Ungewissheit sollte die Studie CIBIS III (Cardic Insufficiency Bisoprolol Study) bringen. Ihr Ziel war es zu klären, ob der Einstieg in die Kombinationstherapie mit einem ACE-Hemmer oder besser mit einem Betablocker erfolgen sollte. Ihr Ergebnis ist eindeutig: Beide Therapiestrategien sind bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit klinisch miteinander vergleichbar.

Bei CIBIS III handelt es sich um eine prospektive randomisierte Multicenterstudie, an der 1010 Patienten mit Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium II oder III oder solche mit verminderter linksventrikulärer Ejektionsfraktion teilnahmen. Die Hälfte der Probanden erhielt eine sechsmonatige Initialtherapie mit Bisoprolol (Concor® COR), die andere Hälfte eine Initialtherapie mit Enalapril. Beide Medikamente wurden stufenweise alle zwei Wochen hochtitriert. Die Phase für die Kombinationsbehandlung folgte unmittelbar auf die Beendigung der sechsmonatigen Monotherapie. Zu Beginn der Kombinationstherapie wurde das jeweilige zweite Medikament in der gleichen Art und Weise auftitriert wie in der Monotherapiephase.

Der primäre Endpunkt setzte sich aus den Einzelfaktoren Gesamtmortalität und Gesamtkrankenhauseinweisung am Studienende zusammen. In der Intention-to-Treat-Gruppe trat bei 35,2 Prozent der Patienten, die als Anfangstherapie Bisoprolol erhalten hatten, der kombinierte primäre Endpunkt Tod oder Hospitalisierung ein. Bei den Enalapril-Einsteigern war dies bei 36,8 Prozent der Fall. Insgesamt verstarben unter den Bisoprolol-Einsteigern 65 Patienten, im Vergleich zu 73 in der Enalapril-Gruppe. Bei beiden Therapiestrategien traten fast gleich viele kardiovaskuläre Todesfälle auf: 55 unter der Bisoprolol-Initialtherapie und 56 bei der Enalapril-Initialtherapie. Eine Post-hoc-Analyse des ersten Behandlungsjahres ergab für die Bisoprolol-Einsteiger offenbar einen Überlebensvorteil: 42 Patienten in der Bisoprolol-Gruppe waren verstorben im Vergleich zu 60 Probanden in der Enalapril-Einstiegsgruppe, wobei die Differenz jedoch nicht statistisch signifikant war.

Was die reine Hospitalisierungsrate betrifft, schnitt Bisoprolol zunächst schlechter ab, erst gegen Ende der Studie näherte sie sich wieder derjenigen der Enalapril-Gruppe an. »Das mag an Dosisfindungsproblemen für Bisoprolol liegen. Erfahrungen diesbezüglich fehlen noch. Empfehlenswert ist eine Dosisverdopplung alle zwei bis vier Wochen. Zu Beginn sollten 1,25 mg Bisoprolol gegeben werden«, empfahl Hambrecht.

Nach diesen Studiendaten sieht Hambrecht die Enalapril- und die Bisoprolol-Gabe als Einstieg in die Kombinationstherapie als gleichwertig an. Dennoch seien bestimmte Patienten für eine Bisoprolol-Initialtherapie prädestiniert: »Patienten mit Arrhythmien, eingeschränkter Nierenfunktion und solche mit chronischen Entzündungserkrankungen haben Vorteile von einem Betablocker, weil ACE-Hemmer die Nierenfunktion oft weiter verschlechtern.«

 

Literatur

  1. Willenheimer, R., et al., Circulation 112 (2005), DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.105. 582320.

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