Pflegeberatung oft unbekannt |
Brigitte M. Gensthaler |
12.07.2024 09:00 Uhr |
Wer kranke Angehörige zuhause betreut, ist oft hoch belastet. Das gilt vor allem für die Pflege demenzkranker Menschen. Doch es gibt auch bereichernde Elemente. / Foto: Adobe Stock/alephnull
An- und Zugehörige, die Menschen zu Hause pflegen, stehen unter hoher Belastung, holen sich aber oft keine Hilfe. Dies ermittelten Forschende der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg in zwei Befragungen. Die Ergebnisse stellte Privatdozentin Dr. Anna Pendergrass vom Zentrum für medizinische Versorgungsforschung am 9. Juli beim Fachtag Demenz in Bamberg vor.
Zwei Drittel der pflegenden An- und Zugehörigen fühlten sich hoch oder sehr hoch belastet. »Wenn die zu pflegende Person an Demenz leidet, sind es sogar 71 Prozent. Durch die Dauerbelastung haben die Angehörigen ein hohes Risiko, selbst körperliche und psychische Schäden zu erleiden«, berichtete die Psychologin. Auch die objektive Belastung ist enorm: »10 Prozent sind 10 bis 15 Stunden täglich mit der Pflege beschäftigt; 29 Prozent machen nichts anderes als pflegen – außer Selbstpflege und Schlafen.« Ein Fünftel der Pflegenden reduzierten ihre Erwerbstätigkeit und 11 Prozent gäben diese auf.
Um Pflegende zu entlasten, spiele die kostenfreie Pflegeberatung eine Schlüsselrolle. Doch Beratung, Unterstützungs- und Entlastungsangebote würden wenig in Anspruch genommen, so Pendergrass. In der Befragung gaben nur 28 Prozent an, jemals eine Beratung aufgesucht zu haben, ein Fünftel davon in den letzten drei Monaten. 54 Prozent sahen keinen Bedarf, 45 Prozent wussten nichts von ihrem Anspruch auf Beratung und ein Viertel kannte keine Beratungsstellen. »Hier ist großer Bedarf an Aufklärung.«
Freude und Bereicherung: Auch das kann Pflege vermitteln. / Foto: Adobe Stock/Peter Maszlen
Damit Pflegeberatung und Hilfsangebote bekannter werden, müsse die niederschwellige Aufklärung verstärkt werden. Professor Dr. Elmar Gräßel, einer der Co-Autoren der Studie und Projektleiter beim Digitalen Demenzregister Bayern, hält es für wichtig, »die Apotheken mit ins Boot« zu holen. »Jeder, der pflegebedürftig ist, hat eine chronische Erkrankung und braucht Arzt und Apotheker.« Apotheker würden viele ihrer Patienten sehr gut und lange kennen und könnten auf sie zugehen.
In Bayern setzt das Netzwerk der »Demenzfreundlichen Apotheke« genau hier an: Speziell geschulte Apothekenteams sind für den richtigen Umgang mit Demenzpatienten und ihren Angehörigen sensibilisiert und informieren über Hilfs- und Beratungsangebote. Im Freistaat gibt es nach Angaben der Bayerischen Landesapothekerkammer derzeit rund 350 demenzfreundliche Apotheken in 40 Städten und Landkreisen.