Pemigatinib in der Zweitlinie |
Sven Siebenand |
01.06.2021 07:00 Uhr |
Die häufigste Nebenwirkung vom Pemigatinib ist Hyperphosphatämie (61 Prozent der Teilnehmer der Zulassungsstudie). Diese kann zur Ausfällung von Calcium-Phosphat-Kristallen führen, die zum Beispiel eine Hypokalzämie, Krampfanfälle, eine QT-Zeit-Verlängerung und Arrhythmien bedingen kann. Empfehlungen für die Behandlung der Hyperphosphatämie umfassen die diätetische Phosphatrestriktion, die Verabreichung einer phosphatsenkenden Therapie und, falls erforderlich, eine Dosisänderung.
Warum kommt es zur Hyperphosphatämie? FGFR-Inhibitoren wie Pemigatinib können in der Niere die FGF23-vermittelte Blockade der Reabsorption von Phosphat aus dem Urin aufheben. FGF23 ist ein aus dem Knochen stammendes Hormon, das an FGFR1c auf renalen Zellen bindet und dadurch den Signalweg aktiviert, der die Reabsorption von Phosphat unterbindet. Die pharmakologische Inhibierung des FGF-Rezeptors führt dazu, dass mehr Phosphat aus dem Urin reabsorbiert wird und somit der Spiegel im Blut steigt.
Ebenfalls sehr häufig wurden unter Pemigatinib unter anderem Alopezie (50 Prozent), Diarrhö (47 Prozent), Nageltoxizität (45 Prozent), Ermüdung (44 Prozent), Übelkeit (42 Prozent), Geschmacksstörung (41 Prozent), Stomatitis (37 Prozent), Obstipation (37 Prozent), Mundtrockenheit (34 Prozent) und trockenes Auge (28 Prozent) beobachtet.
In der Schwangerschaft darf der neue Kinasehemmer nicht eingenommen werden, es sei denn, die Behandlung der Frau ist aufgrund ihres klinischen Zustands erforderlich. Das Stillen sollte während der Behandlung und für eine Woche nach Abschluss der Gabe unterbrochen werden. Frauen im gebärfähigen Alter, die mit Pemigatinib behandelt werden, sollte geraten werden, nicht schwanger zu werden, und Männern, die mit Pemigatinib behandelt werden, sollte geraten werden, während der Behandlung kein Kind zu zeugen.
Für das Cholangiokarzinom (CCA) stehen nur begrenzte Therapieoptionen zur Verfügung. Die zielgerichtete Therapie mit dem Kinasehemmer Pemigatinib stellt im Falle nachgewiesener FGFR2-Fusionen oder -Umlagerungen einen Fortschritt in der Zweitlinie dar, sodass der neue Wirkstoff als Schrittinnovation angesehen werden kann. Klinisches Ansprechen wurde in vielen Fällen erreicht, wenn auch nur selten definiert als komplettes Ansprechen.
Wie erfolgreich Pemigatinib bei anderen FGF/FGFR-Alterationen ist, kann man aufgrund der geringen Anzahl behandelter Patienten bislang nicht sagen. Grundsätzlich sind weitere Studien erforderlich, um den beobachteten klinischen Nutzen von Pemigatinib beim CCA zu bestätigen. Bislang hat der Kinasehemmer nur eine bedingte Zulassung in der EU erhalten. Mit Interesse darf man zudem auf Ergebnisse einer Head-to-Head-Studie warten, die Pemigatinib versus Chemotherapie in der Erstlinie des CCA vergleicht.
Sven Siebenand, Chefredakteur