Patienten mehr Sicherheit geben |
Daniela Hüttemann |
16.02.2022 18:00 Uhr |
Blicken Arzt und Apotheker regelmäßig auf die Gesamtmedikation eines Patienten, erhöht das dessen Vertrauen in die Therapie und die Heilberufler. / Foto: Getty Images/Cecilie_Arcurs
ARMIN steht für die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen. Im Rahmen eines interprofessionellen Medikationsmanagements durch Apotheker und Hausarzt erhalten die Patienten nach einer ausführlichen Medikationsanalyse einen abgestimmten Medikationsplan. Eine wissenschaftliche Evaluation hat nun untersucht, wie dieses Angebot bei den Patienten ankommt.
»Wenn wir bestimmte Dienstleistungen wie die Medikationsanalyse und das Erstellen eines Medikationsplans anbieten wollen, sollten wir wissen, was sich die Patienten darunter vorstellen können und worin sie einen Nutzen sehen«, erklärt Erstautorin Dr. Christiane Eickhoff vom Geschäftsbereich Arzneimittel der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, die Intention der Studie. Die Ergebnisse wurden vor Kurzem im »Journal of Interprofessional Care« veröffentlicht.
Für die Studie füllten 103 teilnehmende Patientinnen und Patienten (Alter 42 bis 92 Jahre, im Durchschnitt 73 Jahre) einen Fragebogen aus. Zehn von ihnen wurden zudem strukturiert interviewt. 96 Prozent der Fragebogen-Ausfüllenden gaben an, ihren Medikationsplan zu nutzen. Die Hälfte tat dies regelmäßig, zum Beispiel zeigten sie ihn bei Arztbesuchen vor, benutzten ihn als Gedächtnisstütze bei der Einnahme, stellten anhand ihres Plans ihre Medikamente oder ließen dies von Angehörigen übernehmen. Eine regelmäßige Nutzung war mit einem höheren Alter, einer hohen Anzahl von Medikamenten und benötigter Hilfe mit der Medikation assoziiert.
»Viele gaben an, dass ihnen der Plan wirklich hilft«, so Eickhoff. Als Vorteile nannten die Teilnehmenden eine bessere Kenntnis, wozu sie die Medikamente bekommen und wie sie sie anwenden und dosieren müssen. Fast alle (96 Prozent) stimmten zu, das Gefühl zu haben, alle relevanten Informationen zu ihrer Medikation erhalten zu haben. »Ich habe viele Nebenwirkungen erlebt. Ich muss sagen, dass sich für mich vieles zum Guten geändert hat, seit ich an dem Projekt teilnehme«, gab zum Beispiel ein Teilnehmer im Interview an. Der Medikationsplan sei eine große Hilfe im Alltag. Ein anderer sagte: »Vorher war alles ein Durcheinander. Ich wusste nicht, wann, wie und welche Medikamente ich nehme.«
Allerdings stellte das Autorenteam der ABDA sowie der Universität Heidelberg und der Freien Universität Berlin fest, dass die Medikationspläne auch schnell veralteten. 75 Prozent der Studienteilnehmer bekamen während des Untersuchungszeitraums mindestens ein Update, manche sogar vier. »Das unterstreicht, dass es nicht mit einer einmaligen Medikationsanalyse getan ist, sondern wir gerade Patienten mit Polymedikation kontinuierlich begleiten sollten«, betont Seniorautor Professor Dr. Martin Schulz.
»Wenn ein Patient einen Medikationsplan in der Apotheke vorzeigt, sollte man nachhaken, ob alles dem aktuellen Stand entspricht«, rät Eickhoff. Es liege an Hausarzt und Stammapotheke, den Plan stets aktuell zu halten. Dabei bevorzugten die Studienteilnehmer mehrheitlich die Papierversion.
»Die gemeinsame, intensive Betreuung durch Arzt und Apotheker und deren Austausch über die Medikation wurde von den Patienten übrigens mit am meisten geschätzt«, nennt Schulz ein weiteres Studienergebnis. Eickhoff ergänzt: »Die enge Kommunikation zwischen Arzt und Apotheke gibt den Patienten ein Gefühl der Sicherheit.« Dies sei wichtig, denn es stärke die Adhärenz. »Vermutlich waren viele Patienten vorher mit ihrer Medikation überfordert«, mutmaßt Eickhoff. »Sie brauchen das Gefühl ›Da kümmert sich jemand um mich und übernimmt die Verantwortung‹.«
Mit Arzt und Apotheker habe der Patient starke Partner an seiner Seite. Und so stimmten 95 Prozent zu, dass sie durch die ARMIN-Teilnahme eine engere Beziehung zu ihrer Apotheke hätten. Ein Patient sagte: »Vorher habe ich meine Rezepte in der nächstgelegenen Apotheke eingelöst. Jetzt bekomme ich meine gesamte Medikation hier, weil sie (die Apothekenmitarbeiter) alles darüber wissen.«