Overwiening warnt vor Parallelstrukturen |
Lukas Brockfeld |
06.11.2024 16:24 Uhr |
Auch Markus Beier, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, sieht keinen großen Mehrwert durch die geplanten Versorgungsverträge zwischen Apotheken und Notdienstpraxen. »Wenn wir mobile Patienten haben, ist die Situation eigentlich gut. Wir verstehen nicht ganz, warum der Gesetzgeber bei den mobilen Patienten eingreift und nicht bei den bettlägerigen.«
Es gebe allerdings bei Hausbesuchen gelegentlich Probleme, kurzfristig an Schmerzmittel oder Antibiotika zu kommen. »Wir wollen kein Dispensierrecht, aber es wäre sinnvoll, dass wir zum Beispiel eine Notfalltasche im Hausbesuchsdienst hätten, damit wir vor Ort Medikamente abgeben können«, erläuterte der Ärztevertreter.
Beier war nicht der einzige Arzt, der Kritik an der Notfallreform äußerte. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, wünschte sich eine bessere Ersteinschätzung von vermeintlichen oder tatsächlichen Notfällen. »Alles andere riecht eher nach einem dritten Sektor. Das heißt, wir signalisieren der Bevölkerung, wenn es euch in der Praxis zu lange dauert, dann sucht ihr einfach im Rahmen der notärztlichen Akutversorgung eine wie auch immer geartete Stelle auf. Ob das nun ein INZ, eine Krankenhausambulanz oder was auch immer ist. Das ist glaube ich das falsche Signal, insbesondere in Zeiten von endlichen Ressourcen.«
Schon vor der Anhörung hatte der KBV-Vorstand in einer Stellungnahme geklagt, dass die Notfallreform kaum über einige gute Ansätze, beispielsweise die Weiterentwicklung der Strukturen rund um die Nummer 116117, hinauskomme. Das Ziel, die Notaufnahmen zu entlasten und die Patienten in die für sie passende Versorgungsebene zu steuern, werde verfehlt. Stattdessen entstehe ein »ungeordnetes Nebeneinander mehrerer Anlaufstellen«.
»Ein Blick ins europäische Ausland zeigt, wie es eigentlich geht: Dort wird die Aufnahmerate der Notaufnahmen vielerorts mit einer vorgeschalteten telefonischen Ersteinschätzung begrenzt. In Deutschland droht mit der Notfallreform dagegen eine undurchsichtige Parallelstruktur«, erklärte der KBV-Vorstand. Die geplante Ausweitung des Notdienstes auf eine »24/7-Akutversorgung« werde die niedergelassenen Ärzte zusätzlich belasten. Es sei unklar, woher die dafür notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen kommen sollen.