Optimismus nach dem Regierungswechsel |
Brigitte M. Gensthaler |
10.07.2025 09:56 Uhr |
Der BAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann leitete die Mitgliederversammlung in Nürnberg. / © BAV/Sabrina Spies
Mit dem Ende der rot-grün-gelben Koalition am 9. November 2024 platzten auch die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). »Damit war das strukturzerstörende Vorhaben einer Apotheke ohne Apotheker vom Tisch«, erinnerte Hubmann.
Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung enthalte für die Apotheker sehr positive Aussagen, darunter die Erhöhung des Apothekenfixums auf 9,50 Euro und die Aufhebung des Skonto-Verbots. Das müsse nun umgesetzt werden, forderte Hubmann: »Eine Soforthilfe für die Apotheken ist absolut notwendig und lässt sich mit einer Verordnung umsetzen!«
Derzeit sei unklar, welchen Weg die Politik beschreiten werde. Nach derzeitigem Stand solle das Apothekenthema nach der Sommerpause angepackt und in einem Gesetzespaket behandelt werden, das das normale parlamentarische Verfahren durchlaufen müsse, informierte Hubmann. »Wir vertrauen auf Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, dass sie sich des Themas annimmt und die Anpassung der Vergütung mit Tatkraft angeht.«
Sofort umsetzbar seien – neben der Erhöhung des Fixums, von der auch der Versandhandel profitieren würde – zudem eine Anhebung von Rezepturzuschlägen, Betäubungsmittel-Dokumentationsgebühr und Botendienstzuschlag.
Anstelle eines höheren Fixums für Apotheken im ländlichen Raum – wie im Koalitionsvertrag angedacht – favorisierten die Apotheker einen »Grundkostenzuschlag«, erklärte Hubmann. Dieses zusätzliche Entgelt nach Rx-Packungsanzahl bei einheitlichem Abgabepreis stärke vor allem kleinere Apotheken. »Damit würde jede Apotheke mehr Geld bekommen, aber kleine Betriebe profitieren überproportional.«
Hubmann unterstrich die Forderung nach mehr Handlungsspielräumen für Apotheken bei der Patientenversorgung und eine Ausweitung von Prävention und Früherkennung.
»Unser Konzept zielt ab auf eine bessere Gesundheitsversorgung und mehr Versorgungssicherheit, auf eine Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und Entlastung von Notdiensten und Arztpraxen. Nach Jahren der Lauterbachschen Depression gehen wir jetzt wieder optimistisch in die Zukunft!«
Seit mehr als einer Dekade sinkt die Zahl der öffentlichen Apotheken in Bayern; Ende 2024 lag sie bei 2697. »Die Zahl der Betriebsstätten sinkt ungebremst.« Hubmann sprach von einem Aderlass. Die Apothekendichte in Deutschland liege mit 20 Apotheken pro 100.000 Einwohner am unteren Ende in Europa; im EU-Durchschnitt seien es 31/100.000.
Dennoch erfreulich für den Verband: Sein Organisationsgrad liegt bei 97,7 Prozent. Nur 62 Apotheken in Bayern sind nicht Mitglied im BAV.
Als Hauptgründe für die Schließungswelle nannte Hubmann die seit Jahren nicht angepasste Vergütung für rezeptpflichtige Arzneimittel und damit einhergehend zunehmende Probleme bei der Personal- oder Nachfolgersuche. Die Einnahmen der Apotheken blieben deutlich hinter dem Verbraucherpreisindex zurück. »Schwach steigende Einnahmen bei stark steigenden Ausgaben, vor allem fürs Personal: Das kann auf Dauer nicht gut gehen.«
Die geplante Anhebung des Mindestlohns sehen die Apothekenleiter mit Vorsicht. Wenn der Mindestlohn 2026 auf 13,90 Euro steigt, sei dies noch im Rahmen des Tarifvertrags. »Auch bei Berufseinsteigern und PKA liegen wir über dem Mindestlohn.« Steigt der Mindestlohn 2027 auf 14,60 Euro, müssten die Tarifverträge angepasst werden, was deutliche Mehrkosten für die Apotheken bedeute.
Auf Antrag von Stefan Hartmann soll die Mitgliederversammlung (MV) künftig hybrid angeboten werden, um eine Online-Teilnahme zu ermöglichen. Damit setze man »ein deutliches Signal, dass alle BAV-Mitglieder ohne viel Aufwand teilnehmen können«, erklärte Hartmann. Laut Antrag soll der Vorstand bei der nächsten ordentlichen MV ein Konzept für eine rechtssichere hybride Versammlung mit den erforderlichen Umsetzungskosten präsentieren und zur Abstimmung stellen.
Hubmann unterstützte den Vorschlag: »Natürlich ist die Teilnahme vor Ort immer die beste Möglichkeit, sich auszutauschen. Das ist wie bei Apotheken: Online kann Präsenz nicht vollwertig ersetzen.« Mit einem hybriden Angebot würde man auch denjenigen die Teilhabe ermöglichen, die nicht persönlich anwesend sein könnten, »weil es zum Beispiel die Personaldecke nicht zulässt«. Dem Antrag stimmten die Anwesenden einhellig zu.
Ein weiterer Vorschlag Hartmanns, im Zuge der Satzungsänderung auch die Vollmachterteilung für Abstimmungen zu ermöglichen, wurde in der Diskussion klar abgelehnt.