Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Rechtsstreit

Opiumtinktur darf abgegeben werden

Die Opiumtinktur der Firma Maros kann ohne Probleme bundesweit abgegeben werden. Lediglich zwei Hamburger Apotheken, die eine einstweilige Verfügung erhielten, ist dies aktuell nicht erlaubt. Die Rechtsstreitigkeiten sorgten in den vergangenen Tagen für Verwirrung mit Blick auf die Abgabe der Arznei.
AutorKontaktCharlotte Kurz
AutorKontaktAnnette Rößler
Datum 04.08.2020  15:48 Uhr

Die Firma Innocur jagte mit einer Pressemitteilung vergangene Woche vielen Apotheken einen Schrecken ein. Darin behauptete das Frankfurter Pharmaunternehmen, dass es Apotheken untersagt sei, Opiumtinktur als Rezeptur auf BtM-Rezept abzugeben, wenn sie diese als fertigen Ausgangsstoff beziehen, lediglich umfüllen und neu kennzeichnen, ohne sie wesentlich zu verändern. Bei den Apothekern schrillten die Alarmglocken, denn dieses Vorgehen gehört zum normalen Alltag in der Offizin und wird auch mit anderen Ausgangsstoffen praktiziert.

Nach der aktuellen Rechtsprechung steht jedoch fest, »dass Apotheker die streitgegenständliche Opiumtinktur zum Zwecke der Abgabe an Verbraucher in einer für einen bestimmten Indikationsbereich zulässigen Menge in einen der Anwendung dienendes Gefäß abfüllen und mit einer Dosierungsanleitung versehen in den Verkehr bringen dürfen«, so der Jurist und Kammergeschäftsführer Ulrich Laut. Damit ist die Sorge vom Tisch, Rezepturarzneimittel nicht abgeben zu dürfen.

Doch was steckt hinter der Behauptung von Innocur? Das Unternehmen vertreibt in Deutschland das Opiumtinktur-haltige Fertigarzneimittel Dropizol®, das von der dänischen Firma Pharmanovia hergestellt wird. Dass Apotheken statt Dropizol® aber Tinctura Opii von der Firma Maros Arznei als Rezeptur abgeben, ist Innocur offenbar ein Dorn im Auge. Mit Rechtsmitteln versucht es, die unliebsame Konkurrenz auszuschalten.

Im Kern sind hier zwei Rechtsstreite auf verschiedenen Ebenen zu unterscheiden. Die eine Streitsache erfolgte zwischen Innocur beziehungsweise Pharmanovia und der Firma Maros Arznei, die »Tinctura Opii normata ph Eur.« als Rezeptur-Ausgangsstoff vertreibt. Pharmanovia hatte versucht, Maros die Abgabe ihres Produkts per einstweiliger Verfügung zu verbieten. Diesen Antrag wies das Landgericht Hamburg bereits am 28. Mai 2019 als unbegründet zurück. Pharmanovia legte daraufhin Berufung ein. Nach einer sogenannten Nahelegung des Hanseatischen Oberlandesgerichts mit Hinweis darauf, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, nahm Pharmanovia den Widerspruch zurück. Damit gilt das Verfahren als beendet.

Rechtliche Schritte gegen zwei Apotheken

Neben der gerichtlichen Auseinandersetzung der Hersteller schwelt jedoch ein zusätzlicher Streit über die Opiumtinktur zwischen Pharmanovia und zwei Apotheken. In beiden Offizinen wurde vor einiger Zeit ein Betäubungsmittel-Rezept eingelöst, wobei jeweils die Opiumtinktur von Maros – nach Prüfung, Abfüllen in abgabefertige Gefäße und entsprechende Kennzeichnung – als Rezeptur über den HV-Tisch ging. Daraufhin folgte erst eine Abmahnung, später dann eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburgs. Die Antragstellerin der einstweiligen Verfügung war die Pharmanovia, bestätigte eine Pressesprecherin des Hanseatischen Oberlandesgerichts gegenüber der PZ. Mit dieser Verfügung vom 8. Januar 2020 wurde einer der beiden Hamburger Apotheken laut Pressesprecherin verboten »im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die von der Maros Arzneimittel GmbH hergestellte und unter der Bezeichnung »Tinctura Opii normata ph Eur.« vertriebene Opiumtinktur ohne Veränderung der Wirksubstanz als Arzneimittel an Endkunden abzugeben, wenn und solange für die abgegebene Opiumtinktur keine Arzneimittelzulassung erlangt ist«.

Daraufhin legte die Apotheke Widerspruch ein. Am 28. Mai 2020 gab das Gericht dann folgende Einschätzung der Rechtslage ab und sorgte damit für Irritation in der Apothekerschaft: »In der Sache dürfte ein Verstoß gegen § 21 AMG überwiegend wahrscheinlich sein. Voraussetzungen für die zulassungsfreie Herstellung und den entsprechenden Vertrieb aufgrund einer Rezeptur ist, dass das Mittel tatsächlich aufgrund einer individuellen Rezeptur hergestellt wird. Hieran fehlt es, wenn ein Mittel – wie hier – in keiner Weise mehr von dem dem Apotheker angelieferten Zwischenprodukt beziehungsweise der Bulkware abweicht und sich dessen Tätigkeit daher auf das bloße Umfüllen des gebrauchsfertigen Wirkstoffs in ein zur Abgabe an den Verbraucher bestimmtes Behältnis beschränkt.«

Die Apotheke nahm schließlich ihren Widerspruch zurück. Die Gründe dafür sind unklar. Es könnten finanzielle Gründe gewesen sein, denn für den Antragsteller ist es oftmals günstiger die Berufung zurückzunehmen, als auf ein Urteil zu warten. Mit der Rücknahme akzeptierte die Apotheke die einstweilige Verfügung und darf die Opiumtinktur von Maros aktuell nicht als Rezeptur abgeben. Die zweite Hamburger Apotheke erhielt ebenfalls zuerst eine Abmahnung und schließlich eine einstweilige Verfügung. Hier steht der Gerichtstermin am Landgericht Hamburg allerdings noch aus, der Fall wird in wenigen Wochen verhandelt.

Nur zwei Apotheken dürfen keine Opiumtinktur abgeben

Somit dürfen die beiden Hamburger Apotheken die Opiumtinktur aktuell nicht abgeben – allerdings als einzige in Deutschland. Dies betont auch die ABDA in einem Rundschreiben an die Geschäftsführer der Landesapothekerkammern und -verbände: »Durch die behauptete Rücknahme des Widerspruchs ist die Entscheidung des LG Hamburg rechtskräftig geworden. Die Entscheidung hat indes Rechtskraft ausschließlich im Verhältnis der beteiligten Parteien.« Damit lasse sich insbesondere kein generelles Abgabeverbot begründen, da die konkreten Gründe für die Rücknahme des Widerspruchs nicht bekannt seien und es auch keine gerichtliche Entscheidung gebe, die hierfür weitergehende Anhaltspunkte bieten kann, so die ABDA.

Also Entwarnung: Die Firmen Innocur und Pharmanovia wollten vermutlich mit ihrem gerichtlichen Vorgehen gegen die Apotheker einen Präzedenzfall schaffen, um die Abgabe von Opiumtinktur als Rezeptur zu verbieten, damit die hauseigene Arznei Dropizol® einen größeren Absatzmarkt findet. Offen bleibt aber die Frage, wie Innocur von der Rezepteinlösung in den Hamburger Apotheken gewusst haben konnte. Momentan besteht aber kein Grund zur Sorge, dass es generell verboten wird, Rezepturarzneimittel ohne Zulassung nach Paragraf 21 Arzneimittelgesetz in Flaschen abzufüllen und ohne den Wirkstoff zu verändern abzugeben.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa