OLG München verbietet Rx-Boni |
Alexander Müller |
08.03.2024 10:24 Uhr |
Das Oberlandesgericht München (OLG) hat gestern die Gewährung von Rx-Boni durch ausländische Versandapotheken für unzulässig erklärt. / Foto: IMAGO/Dirk Sattler
Das Verfahren hat eine sehr lange Vorgeschichte: Tanimis – damals unter dem Namen Wellsana firmierend – hatte 2012 auf jedes rezeptpflichtige Medikament einen Bonus von 3 Euro gewährt – pro Rezept wurden so bis zu 9 Euro direkt von der Rechnung abgezogen. Doc Morris war zu diesem Zeitpunkt schon an dem Versender beteiligt, Anfang 2013 erfolgte die vollständige Übernahme.
Der Bayerische Apothekerverband (BAV) hatte die Bonusgewährung als Verstoß gegen die Preisbindung moniert und den Versender abgemahnt. Das Bonus-Modell wurde dann noch einmal angepasst, die Kunden wurden formal für die Teilnahme an einem »Arzneimittel-Check« belohnt.
In erster Instanz gab das Landgericht München I Anfang 2014 der Klage des BAV statt. Tanimis habe gegen die Preisbindung verstoßen. Die Umstellung des Bonusmodells erkannten die Richter als schlecht getarnten Versuch, weiterhin Rabatte zu gewähren.
Der Versender ging in Berufung. Das OLG München setzte den Fall 2015 aus. Denn zwischenzeitlich hatte das OLG Düsseldorf einen anderen Streit um Rx-Boni beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Luxemburger Richter kamen 2016 bekanntlich zu dem Schluss, dass sich ausländische Versender nicht an die deutsche Preisbindung halten müssen. Der EuGH hatte den Zusammenhang zwischen Preisbindung und flächendeckender Arzneimittelversorgung als nicht ausreichend begründet angesehen.
2017 wurde das Verfahren vor dem OLG München wieder aufgegriffen. Dem BAV ging es mit Unterstützung der ABDA darum, eine Korrektur der EuGH-Rechtsprechung zu § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) zu erreichen, in dem die Preisbindung verankert ist. Zwischenzeitlich hat aber auch der Gesetzgeber reagiert und das Boni-Verbot in das Sozialgesetzbuch V (SGB V) umgezogen.
Das OLG München hat nun mit überraschender Deutlichkeit Rx-Boni verboten. Zwar liegen die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vor, die Kammer hat Prozessbeobachtern zufolge in der mündlichen Verhandlung aber zu verstehen gegeben, dass die Boni angesichts der nunmehr vorliegenden Daten sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtsprechung verboten wären, und zwar in vollem Umfang.
Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Das OLG hat Revision zum BGH zugelassen, und den Weg nach Karlsruhe wird Doc Morris auch gehen. Ob es hier zu einer Entscheidung oder zu einer erneuten Vorlage beim EuGH kommt, lässt sich noch nicht abschätzen. Der BGH hatte im vergangenen Jahr schon in einem Streit zwischen Doc Morris und der Apothekerkammer Nordrhein erneut Fragen zur Vorabentscheidung nach Luxemburg geschickt. In diesem Verfahren geht es allerdings um die Auslegung von § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG).