»Ohne Apotheken machen Cannabis-Modelle keinen Sinn« |
Christiane Neubaur vom Verband der Cannabis versorgenden Apotheken hält es für »unabdingbar«, dass Apotheken an den Modellprojekten zur Erprobung der kontrollierten Abgabe von Genusscannnabis teilnehmen können. / Foto: Getty Images/Jupiterimages
Die Ampelkoalition hat sich vorgenommen, Cannabis zu Genusszwecken zu legalisieren. In ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten SPD, Grüne und FDP, die kontrollierte Abgabe von Genusscannabis in lizenzierten Geschäften einzuführen. Nach Bedenken aus Brüssel veröffentlichten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) Eckpunkte für ein 2-Säulen-Modell. In der ersten Säule soll unter anderem der Anbau in sogenannten Cannabis-Clubs erlaubt werden, und Erwachsene sollen bis zu 25 Gramm der Droge legal besitzen dürfen. Über das Cannabis-Gesetz berät ab dem 18. Oktober der Bundestag, es soll Anfang 2024 in Kraft treten. Die Versorgung mit medizinischem Cannabis soll in einem eigenen Gesetz geregelt werden.
In der zweiten Säule ist geplant, den Verkauf in lizenzierten Fachgeschäften fünf Jahre in Modellregionen wissenschaftlich zu erproben. »Viele Kommunen haben bereits Interesse signalisiert, Modellregion zu werden«, informierte die Bundestagsabgeordnete Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) zum Auftakt des Fachgesprächs, zu dem die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen gestern Abend ins Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin eingeladen hatte. Bevor die Gesetzgebung zur zweiten Säule demnächst beginne, solle noch einmal Expertise gebündelt und überlegt werden, wie die Modellregionen am besten ausgestaltet werden könnten, erläuterte Kappert-Gonther.
Viele Apotheken seien interessiert, an den geplanten Modellprojekten teilzunehmen, sagte Christiane Neubaur, Geschäftsführerin des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken. »Für mich ist es unabdingbar, dass Apotheken an den Modellprojekten beteiligt werden«, betonte sie. »Ohne Apotheken macht es keinen Sinn.« Zur Begründung führte sie an, dass Apotheken vom Verkauf des Genusscannabis nicht wirtschaftlich abhängig seien. Zudem hätten sie umfangreiche Expertise und könnten beispielsweise Patienten von Konsumenten unterscheiden. »Wir können Konsumenten, die eigentlich Patienten sind, erkennen und bei Bedarf zum Arzt schicken«, erläuterte die Apothekerin. Das sei wichtig zum Schutz der Cannabis-Konsumierenden. Weiterhin hätten sich viele Offizinen durch die Abgabe von medizinischem Cannabis umfangreiches Wissen zum Thema angeeignet, das sie in Schulungen weitergeben könnten. »Für die Auswertung der geplanten Modellprojekte ist es wichtig, den Verkauf in Shops und in Apotheken zu erproben. Nur so erhalten wir ein umfassendes Bild«, sagte sie. Die Konsumierende in den Modellregionen sollten selbst entscheiden, wo sie sich das Cannabis abholten. »Möglicherweise denken manche Konsumenten, dass sie in Apotheken besser beraten werden«, sagte Neubaur.
Derzeit ist allerdings noch unklar, ob Apotheken an den Modellversuchen beteiligt werden. »Von politscher Seite ist es sinnvoll und notwendig zu hören, welche Expertise in Apotheken vorhanden ist. Das heißt aber nicht, dass sie das Cannabis zu Genusszwecken dann auch abgeben werden«, stellte Kappert-Gonther klar.