Nur jedes fünfte Rabattarzneimittel ist zuzahlungsbefreit |
Der Deutsche Apothekerverband appelliert an die Krankenkassen, Patienten bei Rabattarzneimitteln stärker von Zuzahlungen zu befreien. Zudem fordert der DAV, das Management der Lieferengpässe in den Apotheken zu vereinfachen. / Foto: Adobe Stock /pix4U
Allein im vergangenen Jahr haben die Krankenkassen 5,1 Milliarden Euro durch Rabattverträge mit pharmazeutischen Herstellern sowie 2,3 Milliarden Euro durch Zuzahlungen der Versicherten eingespart, teilte der DAV am heutigen Donnerstag mit. »Die Krankenkassen sparen Jahr für Jahr immer mehr Geld ein – durch Rabatte von den Herstellern, durch Zuzahlungen von den Versicherten und demnächst auch noch durch höhere Abschläge vom Apothekenhonorar«, sagte Berend Groeneveld, Patientenbeauftragter des DAV. Er forderte, dass die Kassen angesichts der massiven Lieferengpässe beispielsweise bei Kinderarzneimitteln »die Patientinnen und Patienten von unangebrachten gesetzlichen Zuzahlungen befreien« sollten.
Berechnungen des DAV zufolge sind derzeit nur 5848 von insgesamt 26.451 Rabattarzneimitteln (22 Prozent) komplett oder zur Hälfte von der gesetzlichen Zuzahlung befreit. Wenn sie einen entsprechenden Rabattvertrag mit einem pharmazeutischen Hersteller abgeschlossen hat, hat jede Krankenkasse das Recht, auf die gesetzliche Zuzahlung zwischen fünf und zehn Euro zur Hälfte oder ganz zu verzichten, informierte der DAV. Die Apotheken hätten diese Möglichkeit hingegen nicht. Sie seien grundsätzlich verpflichtet, das ärztlich verordnete Arzneimittel gegen das Rabattarzneimittel der Kasse des Versicherten auszutauschen und von den Versicherten die jeweilige Zuzahlung einzuziehen und an die Krankenkasse weiterzuleiten.
Angesichts der Lieferengpässe setzt sich der DAV zudem dafür ein, dass die Krankenkassen ihre Rabattverträge immer mit mehreren Herstellern mit unterschiedlichen Wirkstoffproduzenten abschließen. Zudem müsse das Management der Lieferengpässe in den Apotheken vereinfacht und erleichtert werden, appellierte der Patientenbeauftragte Groeneveld.
Zudem fordert der DAV »eine Verstetigung der Pandemie-bedingten Austauschregeln durch den Gesetzgeber, um auch nach April die Patientinnen und Patienten unkompliziert und unbürokratisch adäquat versorgen zu können«, so Groeneveld. Die derzeitigen Ausnahmeregeln, die den Austausch von nicht lieferbaren Rabattarzneimitteln gegen tatsächlich lieferbare Ersatzmedikamente mit demselben Wirkstoff erleichtern, gelten nur noch bis April dieses Jahres.
Die Eckpunkte zum geplanten Generika-Gesetz, die Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) vor Weihnachten vorgestellt hatte, sehen vor, dass die Bundesregierung die in der SARS-CoV2-Arzneimittelversorgungsverordnung festgehaltenen Abgaberegeln fortführen will. Demzufolge dürfen Apothekenteams bei Nicht-Verfügbarkeit auch nicht rabattierte Arzneimittel abgeben und beispielsweise auseinzeln und stückeln. Dies soll allerdings nach Inkrafttreten des Gesetzes nur bei Wirkstoffen gelten, die als versorgungskritisch eingestuft wurden. Geplant ist den Eckpunkten zufolge auch eine pauschale Vergütung für das Management der Lieferengpässe in den Apotheken. Bei Rabattvertragsausschreibungen soll künftig auch der Standort berücksichtigt werden. Dies soll zunächst allerdings nur bei Arzneimittel zur Behandlung onkologischer Erkrankungen und auf Antibiotika gelten. Ein Referentenentwurf für das geplante Gesetz wird noch im Januar erwartet.
Zum Hintergrund: Nach Angaben von Pro Generika schreiben die Krankenkassen für etwa 79 Prozent ihres Bedarfs an Generika Rabattverträge aus. Wollen Generikaunternehmen die Versicherten dieser Krankenkassen mit Arzneimitteln versorgen, müssen sie an den Ausschreibungen teilnehmen.