Zoff als Chance: Die Forschung zeigt, warum Konflikte durchaus hilfreich sein können. Wer anfängt, hat den Ausgang praktisch in der Hand. / © Adobe Stock/Miljan Zivkovic
Hört auf zu streiten – das hat wohl jedes Kind schon gehört – und vermutlich auch das eine oder das andere Mal später selbst dem eigenen Nachwuchs mit auf den Weg gegeben. Denn Streit wird als etwas Negatives, Nerviges, Überflüssiges betrachtet.
Fachleute sehen das jedoch anders. »Lasst uns streiten«, appelliert die Kommunikationsexpertin und Autorin Birte Karalus. Und Streitforscher Christian Boeser von der Universität Augsburg meint: »Wir brauchen den Streit unbedingt – privat, beruflich und gesamtgesellschaftlich.« Doch dafür muss man einiges beherzigen – und nicht einfach drauflos zoffen.
»Ob ein Streit furchtbar oder fruchtbar ist, liegt an uns. Derjenige, der anfängt, hat es in der Hand«, sagt Karalus. Das fängt mit der Motivation an – geht es mir um die Sache, will ich eine Lösung finden oder bin ich auf Verletzung aus? Und reicht bis zum richtigen Zeitpunkt – nehme ich mir Ruhe und Zeit oder breche ich zwischen Tür und Angel mal eben einen Riesen-Krach vom Zaun?
»Wenn ich aber wirklich bereit bin, mich mit dem anderen auseinanderzusetzen, wenn man Klarheit bekommt über das, worum es geht, dann ist es die Kraft des Streites, dass ich Antworten bekomme, Missverständnisse aufklären und Blockaden auflösen kann«, erklärt die Mediatorin.
Warum aber hält man Streit dann eigentlich für etwas Schlechtes? »Weil es, vor allem, wenn es ein feindseliger Streit ist, auch negative Konsequenzen hat, Misstrauen schürt, Verletzungen zurücklässt und immer auch die Gefahr beinhaltet, dass es eskaliert«, erklärt Boeser.
Vor allem dann, je besser man sich kennt und je näher man sich steht. »Dann kennt man genau die Triggerpunkte«, so Karalus. »Das ist ja das Gemeine, weil ich dann weiß, wie ich jemanden persönlich treffen kann.«
Und oft spitzt sich eine Auseinandersetzung auch deshalb zu, weil man einfach eine andere Streitkultur und Biografie, eine völlig andere Erwartungshaltung und Persönlichkeitsstruktur hat. »Dann wird es kompliziert, weil Menschen unterschiedlich empfinden und das Verhalten eines Menschen als feindselig betrachten, was gar nicht so gemeint ist«, sagt Boeser.