Neues Wirkprinzip bei Schizophrenie |
Sven Siebenand |
27.09.2024 14:00 Uhr |
Bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) liegt bislang kein Zulassungsantrag für Xanomelin/Trospiumchlorid vor. Doch dies kann sich nach der US-Zulassung schnell ändern. Professor Dr. Alkomiet Hasan, Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Augsburg, äußerte sich gegenüber dem Science Media Center positiv: »Ich schätze das Potenzial als extrem hoch ein, da wir erstmals seit mehreren Jahrzehnten einen wirklichen Durchbruch in der Pharmakotherapie der Schizophrenie haben.«
Der Mediziner sieht aufgrund des beschriebenen Wirkmechanismus insbesondere die Anwendung bei Menschen mit akuten psychotischen Erkrankungen, Positiv-Symptomen und in frühen Phasen der Erkrankung. Eine besondere Wirksamkeit auf Negativ-Symptome oder kognitive Symptome sei im Moment nicht absehbar. Dennoch gebe der Wirkmechanismus Hoffnung auf eine Wirkung auch bei Negativ-Symptomen – dies müssten aber zukünftige Studien zeigen.
Als großen Vorteil wertet Hasan das sehr geringe bis nicht vorhandene Risiko für motorische Nebenwirkungen bei gleichzeitig günstigem metabolischem Profil. Auch scheine die Substanz wenig zu sedieren. »Ein Nachteil könnte der fehlende D2-Antagonismus sein. Man könnte annehmen, dass die Wirksamkeit in der klinischen Realität vielleicht doch geringer ist als bei den Antipsychotika mit dieser Eigenschaft.« Direkte Vergleichsstudien mit anderen Antipsychotika müssen das in der Zukunft klären.
Neben Xanomelin/Trospiumchlorid stehen in der Schizophrenie-Behandlung weitere neue Optionen bevor. Emraclidin ist zum Beispiel ein positiv-allosterischer Modulator am M4-Rezeptor und weist einen ähnlichen Wirkmechanismus wie Xanomelin auf. Auch die Agonisten am Trace Amine-Associated Receptor 1 (TAAR-1) verfolgen einen komplett neuen Wirkmechanismus. Ebenso ist es bei D-Aminosäure-Oxidase-Hemmern.