Neues Blutkrebsmittel beim Lymphom |
Kerstin A. Gräfe |
06.03.2020 08:00 Uhr |
Die Anwendung von Polivy während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine Verhütungsmethode anwenden, wird nicht empfohlen. Frauen sollten während einer Behandlung mit Polivy nicht stillen, da ein Risiko für den gestillten Säugling nicht ausgeschlossen werden kann.
Präklinische Studien weisen darauf hin, dass Polatuzumab Vedotin die männliche Reproduktionsfähigkeit und Fertilität beeinträchtigen kann. Männern mit Kinderwunsch, die mit diesem Arzneimittel behandelt werden, wird deswegen geraten, vor Behandlungsbeginn Spermaproben einzufrieren und aufzubewahren. Zudem sollten sie während der Behandlung und bis zu sechs Monate nach der letzten Dosis kein Kind zu zeugen.
Die Zulassung basiert auf der randomisierten, offenen Phase-Ib/II-Studie GO29365. In der Studie wurde Polivy als Add-on zu Bendamustin plus Rituximab mit der alleinigen Gabe dieser Kombination verglichen. Im Vergleich zum Kontrollarm verdoppelte Polivy die Rate kompletter Remissionen (40 versus 17,5 Prozent) und verlängerte das mediane progressionsfreie Überleben (9,5 versus 3,7 Monate) sowie das Gesamtüberleben (12,4 versus 4,7 Monate). Das entspricht einem um 58 Prozent reduzierten Sterberisiko.
Als häufigste Nebenwirkungen traten Anämie, Thrombozytopenie, Neutropenie, Fatigue, Diarrhö, Übelkeit und Fieber auf. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden bei 27 Prozent der Polivy-Patienten beobachtet, darunter febrile Neuropathien, Fieber und Pneumonien.
Polivy hat einen geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.
Das neue Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Polatuzumab Vedotin ist vorläufig bei den Schrittinnovationen einzuordnen. Wie die zulassungsrelevante Studie zeigt, bringt die Add-on-Therapie mit Polatuzumab Vedotin in einer bestimmten Therapiesituation beim diffus großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) einen Vorteil gegenüber einer Behandlung ausschließlich mit Bendamustin und Rituximab. Unter anderem erhöhte sich unter Hinzunahme von Polivy die Remissionsrate und das progressionsfreie Überleben verlängerte sich. Damit ist bei Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem DLBCL, die für eine Stammzelltransplantation nicht infrage kommen, ein Therapiefortschritt vorhanden. Auch die beiden im Handel befindlichen CAR-T-Zelltherapeutika sind beim rezidivierenden oder refraktären DLBCL zugelassen. Interessant wäre ein direkter Vergleich mit Polatuzumab Vedotin. Möglicherweise kann es auch sinnvoll sein, Patienten so lange vorübergehend mit dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat zu behandeln, bis die ex vivo zu produzierenden CAR-T-Zellen für die Infusion zur Verfügung stehen.
Sven Siebenand, Chefredakteur