Neuer Wirkstoff überwindet Resistenz |
Kerstin A. Gräfe |
01.10.2020 15:00 Uhr |
Gastrointestinale Stromatumoren treten im Verdauungstrakt auf und entstehen aus Binde- oder Stützgewebe. Dagegen entstehen Darmkrebs oder Magenkrebs aus den Schleimhäuten heraus. / Foto: dimdimich - Fotolia.com
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind Tumoren des Bindegewebes im Magen-Darm-Trakt. Mit etwa 1.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland zählen sie zu den seltenen Krebsarten. Therapie der Wahl ist die operative Entfernung des Tumors. Bei Patienten im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium ist der Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib (Glivec®) Goldstandard. Etwa 10 Prozent der Tumoren sprechen jedoch auf die Behandlung mit Imatinib nicht an. Ursache dieser Resistenz sind meist Mutationen des Thrombozyten-Wachstumsfaktor-Rezeptors-alpha (PDGFRA) im Bereich der Aktivierungsdomäne Exon 18; am häufigsten infolge der Punktmutation D842V.
Für diese Patienten steht mit Avapritinib (Ayvakit®, Blueprint Medicines) nun erstmals eine zielgerichtete Therapie zur Verfügung. Angewendet werden darf das Orphan Drug als Monotherapie bei erwachsenen Patienten mit nicht operablen oder metastasierten GIST, die eine PDGFRA-D842V-Mutation aufweisen. Avapritinib ist ein Typ-1-Kinase-Inhibitor, der eine biochemische In-vitro-Aktivität auf die PDGFRA-D842V- und KIT-D816V-Mutanten gezeigt hat, die mit einer Resistenz gegen Imatinib, Sunitinib und Regorafenib assoziiert sind.
Die Zulassung basiert unter anderem auf der offenen, einarmigen Phase-I-Studie NAVIGATOR an 43 Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem GIST. Bei allen wurden PDGFRA-Exon-18-Mutationen im Tumor nachgewiesen, darunter waren 38 Patienten mit der Punktmutation D842V. Alle Patienten erhielten zunächst entweder einmal täglich 300 mg oder 400 mg Avapritinib. Aufgrund von Toxizitäten wurde die Dosis im Laufe der Therapie auf 200 mg oder 100 mg reduziert.
In der D842V-Gruppe erzielten unter Avapritinib 34 von 38 Patienten (89 Prozent) eine Remission, darunter waren drei Vollremissionen (8 Prozent). Das mediane Gesamtüberleben mit 74 Prozent noch lebenden Patienten war zum Zeitpunkt der Publikation noch nicht erreicht. Das progressionsfreie Überleben betrug durchschnittlich 24 Monate.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Übelkeit, Ermüdung, Anämie, Ödeme, Hyperbilirubinämie, Durchfall, Erbrechen, vermehrte Tränensekretion, verminderter Appetit und Gedächtnisstörungen. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei 23 Prozent der Patienten auf; die häufigsten schweren unerwünschten Wirkungen waren Anämie und Pleuraerguss.