Neuer Tyrosinkinasehemmer bei CML |
Annette Rößler |
08.11.2022 07:00 Uhr |
Ausschlaggebend für die Zulassung waren die Ergebnisse der unverblindeten Phase-III-Studie ASCEMBL, an der 233 Patienten mit Philadelphia-Chromosom-positiver CML in der chronischen Phase teilnahmen, die zuvor Therapieversagen oder Unverträglichkeit auf mindestens zwei TKI gezeigt hatten. Die Probanden wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert und erhielten entweder Asciminib 40 mg zweimal täglich oder Bosutinib 500 mg einmal täglich. Die Wirksamkeit der Therapie wurde anhand des guten molekularen Ansprechens (Major Molecular Response, MMR) erfasst. Dieses ist erreicht, wenn der Anteil der BCR-ABL-Kopien bei einem Patienten auf ≤ 0,1 Prozent abgesunken ist.
Den primären Endpunkt der Studie, ein MMR nach 24 Wochen, erreichten 25,5 Prozent der Patienten unter Asciminib und 13,2 Prozent unter Bosutinib. Nach 96 Wochen betrug die MMR-Rate im Asciminib-Arm 37,6 Prozent und im Vergleichsarm 15,8 Prozent (sekundärer Endpunkt). Eine Aufschlüsselung der Ansprechraten in Abhängigkeit von der Anzahl der Vortherapien zeigt, dass Asciminib auch bei stark vorbehandelten Patienten noch wirksam sein kann: Die MMR-Rate nach 24 Wochen betrug bei Patienten, für die die Studienmedikation die dritte, vierte beziehungsweise fünfte oder höhere TKI-Therapielinie darstellte, unter Asciminib 29,3 Prozent, 25 Prozent beziehungsweise 16,1 Prozent (Bosutinib: 20 Prozent, 13,8 Prozent und 0 Prozent).
Die häufigsten Nebenwirkungen von Asciminib waren muskuloskelettale Schmerzen (37,1 Prozent der behandelten Patienten), Infektionen der oberen Atemwege (28,1 Prozent), Thrombozytopenie (27,5 Prozent), Fatigue (27,2 Prozent), Kopfschmerzen (24,2 Prozent), Arthralgie (21,6 Prozent), erhöhte Pankreasenzyme (21,3 Prozent), Bauchschmerzen (21,3 Prozent), Durchfall (20,5 Prozent) und Übelkeit (20,2 Prozent).
Die Behandlung von Patienten mit Philadelphia-Chromosom-positiver chronischer myeloischer Leukämie (CML) in der chronischen Phase hat sich dank der bekannten BCR-ABL-Kinasehemmer seit mehreren Jahren deutlich verbessert. Kommt es zur Resistenz oder Intoleranz gegen diese Wirkstoffe, ist das aber ein therapeutisches Problem. STAMP-Hemmer stellen hier eine innovative Lösung dar. Sie greifen an einer anderen Stelle der BCR-ABL-Kinase an als die Vorgängersubstanzen. Asciminib ist der erste STAMP-Hemmer auf dem deutschen Markt und vorläufig als Sprunginnovation zu sehen.
In der Zulassungsstudie zeigte sich, dass der Wirkstoff in der Drittlinie besser abschnitt als der bekannte BCR-ABL-Hemmer Bosutinib. Das Potenzial von Asciminib muss mit der Anwendung in späten Therapielinien aber keineswegs ausgeschöpft sein. In den USA ist es bereits bei Patienten mit der T315I-Resistenzmutation in der Erstlinie zugelassen. Hier ist von den bisher zugelassenen Kinasehemmern nur Ponatinib wirksam.
Bisher gibt es vor allem Daten aus der chronischen Phase der CML. Wünschenswert wären auch Daten zum Einsatz in der akzelerierten und blastischen Phase.
Sven Siebenand, Chefredakteur