Neuer Kombinationspartner für Cefepim |
Annette Rößler |
09.07.2024 07:00 Uhr |
Bakterien können mithilfe von Betalactamasen unempfindlich gegen Betalactam-Antibiotika werden. Der neue Betalactamase-Hemmer Enmetazobactam schaltet eine bestimmte Klasse dieser Enzyme aus. / Foto: Getty Images/Andrew Brookes
Betalactamasen sind bakterielle Enzyme, die den β-Lactam-Ring von Antibiotika öffnen und sie damit wirkungslos machen. Entsprechende Antibiotika fix mit einem Betalactamase-Hemmer zu kombinieren, ist deshalb eine bewährte Vorgehensweise. Nun ist mit Enmetazobactam ein neuer Betalactamase-Hemmer auf den Markt gekommen. Enthalten ist er zusammen mit Cefepim, einem schon länger verfügbaren Cephalosporin der vierten Generation, im Präparat Exblifep® von Advanz Pharma. Eine Durchstechflasche mit Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung enthält 2 g Cefepim und 0,5 g Enmetazobactam.
Zugelassen ist Exblifep zur Behandlung von Erwachsenen mit komplizierten Harnwegsinfektionen (cUTI) oder im Krankenhaus erworbenen Lungenentzündungen (HAP). Es wird als intravenöse Infusion angewendet. Die empfohlene Dosis beträgt 2 g/0,5 g Cefepim/Enmetazobactam alle acht Stunden. Bei cUTI wird die Infusion üblicherweise über eine Dauer von zwei Stunden gegeben, bei HAP über vier Stunden. Diese Dosierungen gelten für Patienten mit normaler Nierenfunktion. Einschränkungen der Nierenfunktion können eine Dosisreduktion und eine Verlängerung des Dosisintervalls erforderlich machen. Genaue Anweisungen hierzu enthält die Fachinformation.
Die übliche Behandlungsdauer beträgt sieben bis zehn Tage. Im Allgemeinen soll die Behandlung mindestens sieben und maximal 14 Tage dauern. Eine Dosisanpassung bei älteren Patienten ist nicht prinzipiell vonnöten; da im Alter meist die Nierenfunktion abnimmt, ist die Dosis jedoch mit Bedacht zu wählen. Auch muss die Nierenfunktion von älteren Menschen und ebenso bei jüngeren, die potenziell nephrotoxische Arzneistoffe anwenden, unter der Therapie mit Exblifep überwacht werden.
Während der Schwangerschaft sollte das neue Medikament nur bei klarer Indikationsstellung angewendet werden und auch nur dann, wenn der Nutzen für die Mutter das Risiko für das Kind überwiegt. In der Stillzeit muss eine Entscheidung getroffen werden, ob abgestillt oder die Cefepim/Enmetazobactam-Behandlung unterbrochen beziehungsweise nicht begonnen werden soll. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Behandlung für die Mutter zu berücksichtigen.
Das Hemmspektrum von Enmetazobactam umfasst Extended-Spectrum-Betalactamasen (ESBL) der Klasse A, wobei die Klasse-A-Carbapenemase Klebsiella-pneumoniae-Carbapenemase (KPC) nicht zuverlässig gehemmt wird. Betalactamasen der Klassen B, C und D sind gegen Enmetazobactam unempfindlich.
In klinischen Studien wurde eine Wirksamkeit gegen die gramnegativen Erreger Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae und Proteus mirabilis nachgewiesen. Ergebnisse von In-vitro-Studien legen zudem eine Wirksamkeit gegen Klebsiella aerogenes, Klebsiella oxytoca, Serratia marcescens, Citrobacter freundii, Citrobacter koseri, Providencia rettgeri, Providencia stuartii, Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter cloacae sowie Methicillin-empfindlichen Staphylococcus aureus nahe, obwohl dies in klinischen Studien nicht gezeigt wurde. Laut In-vitro-Daten sind Enterokokken nicht gegen Exblifep empfindlich.
Als Beleg für die Wirksamkeit berichtet die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) von einer Studie mit 1041 Erwachsenen mit cUTI, in der sich das Medikament gegenüber Piperacillin/Tazobactam als überlegen erwiesen habe. Nach 7 bis 14 Tagen hatte Exblifep bei 273 von 345 Patienten (79 Prozent) angeschlagen, Piperacillin/Tazobactam dagegen nur bei 196 von 333 (59 Prozent). In einer Studie mit 19 gesunden Freiwilligen sei nachgewiesen worden, dass Cefepim/Enmetazobactam in ausreichendem Maß ins Lungengewebe penetriert, um bei Pneumonie eingesetzt zu werden.
Als häufigste Nebenwirkungen von Exblifep sind in der Fachinformation erhöhte Alaninaminotransferase (ALT) oder Aspartataminotransferase (AST), Diarrhö und Phlebitis an der Infusionsstelle genannt. Sie betrafen in der Phase-III-Studie 4,8 Prozent, 3,5 Prozent, 2,9 Prozent und 1,9 Prozent der Behandelten. Eine schwerwiegende Nebenwirkung in Form einer Clostridioides-difficile-Kolitis trat bei 1 von 516 Patienten (0,2 Prozent) auf.
Exblifep ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C und im Umkarton zu lagern.
Neue Antibiotika braucht es ganz sicher. Der in Exblifep® enthaltene neue Betalactamase-Hemmer Enmetazobactam bringt allerdings keinen nennenswerten Vorteil und ist vorläufig als Analogpräparat einzustufen. Die Nähe zum lange bekannten Tazobactam kann man schon am Namen ablesen. Gegenüber Tazobactam weist Enmetazobactam eine Methylgruppe mehr im Triazol-Ring auf. Das ist es. Ein Vorteil im Wirkspektrum gegen Betalactamasen ist nicht erkennbar.
Die in der Vergleichsstudie mit der Kombination aus Piperacillin und Tazobactam beobachtete tendenziell etwas bessere Wirksamkeit der Cefepim/Enmetazobactam-Kombination ist vermutlich auf Cefepim zurückzuführen. Vermutlich hätte auch eine Cefepim/Tazobactam-Kombination die Piperacillin/Tazobactam-Kombination geschlagen.
Sven Siebenand, Chefredakteur