Neuer Kinasehemmer bei GIST |
Kerstin A. Gräfe |
10.02.2022 07:00 Uhr |
Ripretinib besitzt phototoxisches Potenzial. Patienten sollten eine Exposition gegenüber direktem Sonnenlicht, Solarien und anderen UV-Strahlungsquellen vermeiden und schützende Kleidung sowie Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor verwenden.
Sowohl Ripretinib als auch sein aktiver Metabolit DP-5439 werden hauptsächlich über CYP3A4/5 verstoffwechselt und sind Substrate des P-Glykoproteins (P-gp) sowie des Brustkrebs-Resistenzproteins (BCRP). Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Anwendung mit starken CYP3A- und P-gp-Inhibitoren. Der Konsum von Grapefruitsaft wird nicht empfohlen. Die gleichzeitige Anwendung mit starken und moderaten CYP3A-Induktoren muss vermieden werden. Ist sie unumgänglich, kann bei starken Induktoren die Qinlock-Dosis von 150 mg einmal täglich auf 150 mg zweimal täglich erhöht werden. BCRP-Inhibitoren sollten in Kombination mit Ripretinib mit Vorsicht angewendet werden, da sie die Plasmakonzentrationen des Kinasehemmers erhöhen können.
Qinlock darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dass eine Behandlung aufgrund des klinischen Zustands der Frau erforderlich ist. Frauen im gebärfähigen Alter und Männer mit Partnerinnen im gebärfähigen Alter müssen darüber informiert werden, dass der neue Kinasehemmer den Fetus schädigen kann. Während der Behandlung und für mindestens eine Woche nach der letzten Dosis muss eine wirksame Empfängnisverhütung angewendet werden. Frauen, die systemisch wirkende hormonelle Kontrazeptiva anwenden, sollten diese durch eine Barrieremethode ergänzen. Vor Beginn und während der Behandlung muss der Schwangerschaftsstatus von Frauen im gebärfähigen Alter überprüft werden. Das Stillen soll während der Behandlung und für mindestens eine Woche nach der letzten Dosis unterbrochen werden.
Die Zulassung basiert auf der Phase-III-Studie INVICTUS mit 129 Patienten, die an fortgeschrittenen GIST erkrankt waren. Bei allen sprach der Tumor nicht oder nicht mehr auf die Therapie mit mindestens drei bewährten Tyrosinkinase-Hemmern an. Die Probanden erhielten entweder Ripretinib oder Placebo. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben.
Dieses verlängerte sich signifikant von 1,0 Monaten unter Placebo auf 6,3 Monate unter Ripretinib. Nach sechs Monaten waren 51 Prozent der Patienten unter Ripretinib und 3,2 Prozent unter Placebo ohne erneute Progression. Auch beim sekundären Endpunkt, dem Gesamtüberleben (OS), kam es mit Ripretinib zu einer deutlichen Senkung des Risikos um 64 Prozent mit einem durchschnittlichen OS von 15,1 Monaten versus 6,6 Monaten. Nach einem Jahr lebten in der Ripretinib-Gruppe noch 65,4 Prozent der Patienten und in der Placebogruppe 25,9 Prozent.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Haarausfall, Müdigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen, Verstopfung, Muskelschmerzen, Durchfall, verminderter Appetit, Hand-Fuß-Syndrom und Erbrechen.
Leider ist eine Tumorprogression infolge sekundärer Mutationen bei GIST-Patienten nach anfänglichem Ansprechen auf Kinasehemmer wie Imatinib und Sunitinib keine Seltenheit. Weitere Therapieoptionen sind daher wünschenswert. Ripretinib ist eine solche und zählt zu den Schrittinnovationen. Es handelt sich bei der neuen Substanz um einen Pan-KIT- und PDGFRα-Kinase-Inhibitor mit Aktivität über ein breites Spektrum von Mutationen.
In der Zulassungsstudie wurde Ripretinib in der Behandlung von Patienten untersucht, bei denen andere zugelassene Optionen ausgeschöpft waren. Der Kinasehemmer zeigte dabei überzeugende klinische Ergebnisse, etwa beim progressionsfreien Überleben sowie beim Gesamtüberleben. Hervorzuheben ist ferner der Erhalt der Lebensqualität, was für Patienten in dem weit fortgeschrittenen Krankheitsstadium wichtig ist. Nicht überraschend wurde Ripretinib bereits in die ESMO-EURACAN-GENTURIS-Leitlinien bei GIST als Viertlinienbehandlung aufgenommen.
Sven Siebenand, Chefredakteur