| Christina Hohmann-Jeddi |
| 07.10.2025 17:04 Uhr |
Strukturanalysen erklären die Stärke des Antikörpers: Eine ungewöhnlich lange, elf Aminosäuren umfassende Schleife in seiner Struktur wirkt wie ein zusätzlicher Greifarm. Sie erlaubt es 04_A06, auch schwer zugängliche, hochkonservierte Bereiche des Virusproteins gp120 zu erreichen.
Gegen aktuelle Virusvarianten aus großen internationalen Präventionsstudien zeigte 04_A06 eine ähnlich hohe Aktivität. Berechnungen zufolge könnte eine weiterentwickelte, länger haltbare Variante des Antikörpers mit dem Kürzel 04_A06LS in klinischen Anwendungen mehr als 93 Prozent Schutz bieten.
Die Autoren glauben, dass die Identifizierung des Antikörpers einen neuen Weg in der HIV-Therapie und -Prävention eröffne. Sollte sich die Wirksamkeit in klinischen Studien bestätigen, könnte 04_A06 langfristig helfen, Infektionen zu verhindern und bestehende HIV-Infektionen besser zu kontrollieren als bisherige Ansätze.
Bis zu einem potenziellen Einsatz sei es aber ein langer Weg, betont Privatdozent Dr. Christoph Spinner vom Klinikum der Technischen Universität München gegenüber dem Science Media Center Germany. »Bei der Arbeit handelt es sich um in vitro Labordaten, sodass die Wirksamkeit nicht direkt in das echte Leben übertragen werden kann. Im Grunde ist die Studie mit der Identifikation des Antikörpers die Grundlage für jetzt notwendige Studien zur Dosisfindung, Verträglichkeit und Wirksamkeit des Antikörpers. Das heißt auch, selbst wenn die ersten Ergebnisse vielversprechend sind, dass noch ein langer Weg zur potenziellen klinischen Nutzbarkeit liegt.« Hierfür müsse der Antikörper noch so modifiziert werden, »dass die Applikation in einem vertretbaren Intervall – zum Beispiel alle drei bis sechs Monate – möglich wäre«.
Um das Problem der Haltbarkeit zu umgehen, wählten Forschende aus den USA einen Ansatz, den sie im August im Fachjournal »Nature« vorstellten: Sie verimpften die Bauanleitung für einen breit neutralisierenden Antikörper in einem Adenovirus-Vektor. Dieser führte in den behandelten Tieren zu einer stabilen Produktion des bnAb 3BNC117. Auch dieser Ansatz ist bislang noch in der Präklinik, Studien mit Menschen sind in der Vorbereitung.