Neuer Antikörper bei Neurodermitis |
Kerstin A. Gräfe |
03.01.2024 07:00 Uhr |
Vor Beginn der Therapie sollten Patienten alle empfohlenen Impfungen erhalten, da unter der Therapie mit Lebrikizumab keine Lebendimpfstoffe und attenuierten Lebendimpfstoffe gegeben werden sollten. Inaktivierte Impfstoffe oder Totimpfstoffe können Patienten, die mit Lebrikizumab behandelt werden, aber erhalten.
Patienten, die unter der Lebrikizumab-Behandlung eine Konjunktivitis entwickeln, die nach der Standardbehandlung nicht abklingt, sollten einen Augenarzt aufsuchen. Patienten mit vorbestehenden Helminthosen sollten vor dem Therapiestart mit Lebrikizumab behandelt werden. Wenn Patienten während der Lebrikizumab-Therapie infiziert werden und nicht auf eine Behandlung mit Anthelminthika ansprechen, sollte die Antikörper-Therapie unterbrochen werden, bis die Infektion abgeklungen ist.
Als Vorsichtsmaßnahme ist die Anwendung des neuen Medikaments während der Schwangerschaft zu vermeiden. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit dem Antikörper verzichtet werden soll. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.
Die Zulassung basiert auf den Phase-III-Studien ADvocate 1 und ADvocate 2, in denen Lebrikizumab als Monotherapie untersucht wurde, sowie auf der Phase-III-Studie ADhere, in der Lebrikizumab in Kombination mit TCS geprüft wurde. Insgesamt nahmen 1062 Erwachsene und Jugendliche mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis teil.
In allen drei Studien erhielten die Patienten eine Anfangsdosis von je 500 mg Lebrikizumab in Woche 0 und 2, gefolgt von 250 mg alle zwei Wochen (Q2W) bis Woche 16 oder entsprechend Placebo. Der zusammengesetzte primäre Endpunkt war ein IGA-Score (Investigator Global Assessment) von 0 (klare Haut) oder 1 (fast klare Haut) mit einer Reduktion von mindestens zwei Punkten gegenüber dem Ausgangswert sowie eine mindestens 75-prozentige Veränderung des Ausgangswerts im Eczema Area and Severity Index (EASI-75) nach 16 Wochen.
In den Monotherapie-Studien erreichten signifikant mehr Patienten unter Verum einen IGA-Score zwischen 0 und 1: 43,1 versus 12,7 Prozent in ADvocate 1 und 33,2 versus 10,8 Prozent in ADvocate 2. Signifikant war auch der Unterschied beim EASI-75: 58,8 Prozent versus 16,2 Prozent in ADvocate 1 beziehungsweise 52,1 versus 18,1 Prozent in ADvocate 2. Signifikante Verbesserungen erzielte Ebglyss zudem in den sekundären Endpunkten Juckreiz und Schlafstörungen.
In der Studie ADhere erreichten im Verumarm 41,2 Prozent einen IGA zwischen 0 und 1 gegenüber 22,1 Prozent in der Placebogruppe. Einen EASI-75 erzielten 69,5 Prozent der Teilnehmenden mit Lebrikizumab plus TCS versus 42,2 Prozent unter Placebo plus TCS. Somit war die Kombination aus Lebrikizumab plus TCS der TCS-Monotherapie signifikantüberlegen, was auch in den sekundären Endpunkten Juckreiz sowie Schlaf- und Lebensqualität galt.
Insgesamt zeigte das klinische Entwicklungsprogramm der Phase III eine anhaltende Hautbesserung und Juckreizlinderung über ein Jahr bei 80 Prozent der Patienten, die in Woche 16 auf die Behandlung mit Lebrikizumab ansprachen, sofern sie die monatliche Erhaltungsdosis erhielten.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Konjunktivitis, Reaktionen an der Injektionsstelle, allergische Konjunktivitis und trockenes Auge.
Ebglyss ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C zu lagern. Das Präparat sollte 45 Minuten vor der Anwendung aus dem Kühlschrank entnommen werden. Zudem müssen Fertigspritze und Fertigpen vor hohen Temperaturen und direktem Sonnenlicht geschützt werden und dürfen nicht geschüttelt werden.
Weder Wirkprinzip noch Zulassungsgebiet von Lebrikizumab sind neu. Gegenüber dem schon seit mehr als zwei Jahren verfügbaren Tralokinumab ist kein Therapiefortschritt zu erkennen. Im Vergleich zum Antikörper Dupilumab sogar noch weniger. Denn dieser hemmt neben dem IL-13-Signalweg auch den IL-4-Signalweg. Zudem darf er bei entsprechenden Patienten mit atopischer Dermatitis bereits ab einem Alter von sechs Monaten zum Einsatz kommen. Auch wenn Lebrikizumab zweifelsohne seine Wirksamkeit in placebokontrollierten Studien unter Beweis gestellt hat, ist somit vorläufig die Einstufung bei den Analogpräparaten vorzunehmen. Ein direkter Vergleich der drei genannten Antikörper untereinander wäre natürlich wünschenswert.
Sven Siebenand, Chefredakteur