Neuer Antikörper bei metastasiertem Lungenkrebs |
Brigitte M. Gensthaler |
11.04.2023 09:00 Uhr |
Lungenkrebs ist die häufigste krebsbedingte Todesursache in Deutschland. Für Patienten mit nicht kleinzelligem Lungenkrebs gibt es mit Tremelimumab eine neue Therapieoption. / Foto: Adobe Stock/ utah51
Tremelimumab ist ein humaner monoklonaler Immunglobulin-G2a-Antikörper und richtet sich gegen das Immun-Checkpoint-Protein CTLA-4 (Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen-4), das auf der Oberfläche von T-Lymphozyten exprimiert wird. Die Interaktion von CTLA-4 mit seinen Liganden CD80 und CD86 begrenzt die Aktivierung von Effektor-T-Zellen. Tremelimumab hemmt selektiv CTLA-4 und blockiert damit die Bindung der Liganden an ihren Rezeptor. In der Folge kommt es zur verstärkten Aktivierung, Proliferation und Diversifikation von T-Lymphozyten: Dies fördert die Antitumoraktivität.
Durvalumab ist ebenfalls ein Checkpoint-Inhibitor, richtet sich aber gegen PD-L1 (Programmed Cell Death Ligand-1). Die Kombination soll synergistisch wirken, die antitumorale Wirkung weiter fördern und die Tumorzellantwort verstärken. Beide Immunonkologika werden von Astra-Zeneca vermarktet.
Tremelimumab ist seit Anfang April als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung mit 20 mg/ml auf den Markt. Das Medikament »Tremelimumab Astra-Zeneca« wird in Kombination mit Durvalumab (Imfinzi®) und einer platinbasierten Chemotherapie eingesetzt zur Erstlinienbehandlung des metastasierten nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (Non Small Cell Lung Cancer, NSCLC), das keine sensibilisierende EGFR- oder ALK-positive Mutationen aufweist. Für die Indikation hepatozelluläres Karzinom heißt das Fertigarzneimittel Imjudo®. Nach Firmenangaben soll der CTLA-4-Inhibitor ab der zweiten Jahreshälfte in beiden Indikationen diesen Namen tragen.
»Etwa 60 Prozent der Patienten haben bei der Erstdiagnose bereits einen metastasierten Lungenkrebs, also Stadium IV«, berichtete Professor Dr. Niels Reinmuth, Asklepios Fachkliniken München-Gauting, in der Launch-Pressekonferenz. »Die Fünf-Jahres-Überlebensraten liegen dank der Immuntherapien bei 20 bis 25 Prozent.«
Die zusätzliche Gabe von Tremelimumab zu Durvalumab und einer platinbasierten Chemotherapie (CT) könne das Gesamtüberleben der Patienten deutlich verlängern, sagte der Onkologe. Das habe die zulassungsrelevante dreiarmige Phase-III-Studie POSEIDON mit mehr als 1000 Patienten gezeigt (DOI: 10.1200/JCO.22.00975).
Die Behandlung mit Tremelimumab (75 mg) plus Durvalumab (1500 mg) plus CT – das sogenannte Poseidon-Regime – habe das Sterberisiko im Vergleich zur alleinigen CT signifikant um 23 Prozent reduziert. Median überlebten die Patienten 14,0 Monate mit der Dreifachtherapie versus 11,7 Monate unter alleiniger CT. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 6,2 versus 4,8 Monate.