Neue Wirkstoffe in der Systemtherapie |
Die atopische Dermatitis manifestiert sich häufig schon vor dem ersten Lebensjahr, typischerweise im Gesicht. / © Getty Images/Virojt Changyencham
Die atopische Dermatitis (Neurodermitis) ist eine chronische, multifaktoriell bedingte Hauterkrankung, die durch trockene entzündete Haut und starken Juckreiz gekennzeichnet ist. In der S3-Leitlinie »Atopische Dermatitis« (AWMF-Reg.Nr. 013-027) vom Juni 2023 wurden neue Arzneimittel aus den Klassen der Biologika und JAK-Inhibitoren in die Empfehlungen aufgenommen (1). Weitere Kapitel wurden gemäß der EuroGuiDerm Leitlinie (DOI: 10.1111/jdv.18345) für das atopische Ekzem angepasst (2).
Die atopische Dermatitis zählt zu den häufigsten chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen und ist weltweit verbreitet. In Deutschland sind etwa 7 Prozent der Kinder und bis zu 2 Prozent der erwachsenen Bevölkerung betroffen (3, 4). Die Erkrankung beginnt häufig in den ersten Lebensjahren, wobei die Prävalenz mit zunehmendem Alter abnimmt. Trotz des Rückgangs im Erwachsenenalter bleibt sie für viele Patienten eine lebenslange Herausforderung und ist mit erheblichen physischen und psychischen Belastungen verbunden.
Ein ständiger Teufelskreis aus Jucken und Kratzen kann zu weiteren Hautirritationen und Entzündungen führen. Die gestörte Barrierefunktion lässt die Haut austrocknen, macht sie anfälliger für Entzündungen und bietet eine Eintrittspforte für Keime. Zu den Komplikationen zählen Sekundärinfektionen durch Bakterien (meistens Staphylokokken), Viren oder Pilze (1).
Die Diagnose basiert in erster Linie auf dem klinischen Bild und der Anamnese. Zu den Hauptkriterien gehören chronischer Juckreiz, charakteristische Hautveränderungen und der chronisch-rezidivierende Verlauf. Weitere Kriterien umfassen die positive Familienanamnese für atopische Erkrankungen wie Asthma oder Heuschnupfen, was die genetische Komponente unterstreicht. Abzugrenzen ist die Neurodermitis von Erkrankungen wie Schuppenflechte, Kontaktdermatitis und seborrhoischer Dermatitis.
Zur objektiven Beurteilung der Symptome und zur Bewertung des Behandlungserfolgs kann der SCORAD-Index (Scoring Atopic Dermatitis) herangezogen werden. Dieser standardisierte Index ermöglicht es, den Schweregrad der Erkrankung zu messen. Er berücksichtigt sowohl objektive Kriterien wie Ausdehnung und Intensität der Hautveränderungen als auch subjektive Symptome wie Juckreiz und Schlafstörungen (1).
Die atopische Dermatitis ist nicht heilbar, die Symptome können jedoch reduziert werden. Medikamente und Maßnahmen werden dazu gemäß eines Stufenschemas individuell an Schweregrad und Krankheitsverlauf angepasst.
Auf Stufe 1 geht es darum, die trockene Haut mit einer topischen Basistherapie zu pflegen und Triggerfaktoren zu meiden.
Auf Stufe 2 kommen bei leichten und moderaten Ekzemen topische Glucocorticoide als Erstlinienbehandlung hinzu. Bei Unverträglichkeit oder Nichtwirksamkeit sowie an besonderen Lokalisationen wie Gesicht, intertriginösen Hautarealen (in Hautfalten) oder im Anogenitalbereich sind topische Calcineurin-Inhibitoren wie Tacrolimus-Salbe und Pimecrolimus-Creme angezeigt. Zusätzlich können antipruriginöse und antiseptische Mittel eingesetzt werden.
Auf Stufe 3 bei moderaten und schweren Ekzemen ergänzt man die vorherigen Therapien mit systemischen Medikamenten und gegebenenfalls einer UV-Therapie bei Erwachsenen. Die UV-Therapie ist kontraindiziert unter Ciclosporin oder topischen Calcineurin-Inhibitoren. Systemtherapien sind notwendig, wenn topische Behandlungen nicht ausreichen; sie können auch helfen, starke topische Glucocorticoide zu reduzieren.
Systemische Glucocorticoide sollten wegen des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses nur als Kurzzeittherapie bei akuten Schüben und nicht länger als drei Wochen verwendet werden.
Ciclosporin kann bei Patienten ab 16 Jahren zur Intervalltherapie bei schwerer atopischer Dermatitis eingesetzt werden. Blutdruck und Nierenfunktion müssen engmaschig überwacht werden. Bei guter Verträglichkeit ist eine Langzeittherapie von sechs Monaten und länger möglich, wird jedoch angesichts besserer Alternativen nicht empfohlen.
Für Patienten mit moderaten und schweren Formen stellt die aktualisierte Leitlinie neue systemische Therapien vor. Diese modernen Wirkstoffe stellen eine evidenzbasierte und oft nebenwirkungsärmere Alternative zu den bisherigen Systemtherapien dar (1).
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An der Entstehung der chronisch-entzündlichen Hauterkrankung sind genetische und umweltbedingte Faktoren beteiligt. Genetische Mutationen, vor allem im Filaggrin-Gen führen dazu, dass die Hautbarrierefunktion gestört ist. Die defekte Hautbarriere führt zu erhöhtem transepidermalen Wasserverlust und erleichtert es Allergenen, Schadstoffen und Mikroorganismen, in die Haut einzudringen. Dies aktiviert das Immunsystem und kann eine übersteigerte Immunantwort auslösen. Eine chronische Entzündungsreaktion kann entstehen.
Bei Neurodermitis-Patienten besteht zudem häufig eine Dysbiose des Hautmikrobioms, wobei insbesondere eine Überbesiedelung mit Staphylococcus aureus beobachtet wird. Diese mikrobielle (Fehl-)Besiedelung aktiviert das Immunsystem zusätzlich und verschärft die Entzündung. Stress und ungünstige klimatische Bedingungen (insbesondere trockene, kalte Luft) können die gestörte Hautbarriere zusätzlich beeinträchtigen und die Immunantwort verstärken.
Literatur: (1)
Bei moderater bis schwerer atopischer Dermatitis sind subkutan zu verabreichende, monoklonale Antikörper zur Langzeittherapie indiziert (Tabelle). Sie können allein oder in Kombination mit topischen Glucocorticoiden oder Calcineurin-Inhibitoren eingesetzt werden, wobei Letztere auf Gesicht, Hals, intertriginöse Zonen und den Genitalbereich begrenzt bleiben sollten. Das Ansprechen kann man oft erst nach einigen Wochen beurteilen; die Fachinformationen geben 16 Wochen an. Vor Beginn der Behandlung wird empfohlen, die Immunisierung zu überprüfen, da Lebendimpfstoffe während der Therapie nicht verwendet werden sollten.
Der humane monoklonale IgG4-Antikörper Dupilumab (Dupixent®) ist für Kinder ab sechs Monaten und Erwachsene zugelassen. Dupilumab blockiert die Signalwege von Interleukin-4 (IL-4) und Interleukin-13 (IL-13). IL-4 und IL-13 sind zentrale Treiber von Typ-2-Entzündungen, die Krankheiten wie atopische Dermatitis, Asthma und chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen begünstigen. Erwachsene Patienten sollten Dupilumab zunächst mit einer Anfangsdosis von 600 mg (zwei subkutane Injektionen zu je 300 mg) erhalten. Anschließend wird eine Erhaltungsdosis von 300 mg alle zwei Wochen empfohlen. Für Kinder gibt es Dosiervorgaben nach Alter und Körpergewicht. Dupilumab wird allgemein gut vertragen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Reaktionen an der Injektionsstelle, Konjunktivitis, Blepharitis (Entzündung im Bereich der Augenlider) und oraler Herpes (1, 5, 6).
Medikamentenklasse | Wirkstoffe | Wirkmechanismus | Indikation |
---|---|---|---|
Glucocorticoide | verschiedene Wirkstoffe, die je nach Schweregrad eingesetzt werden | unterdrücken die Immunantwort, reduzieren Entzündungen | milde bis schwere AD |
Calcineurin-Inhibitoren (topisch) | Pimecrolimus, Tacrolimus | immunmodulierend: Hemmung der T-Lymphozytenaktivität | milde bis moderate AD, auf empfindlichen Hautbereichen und als Alternative zu Glucocorticoiden |
Immunsuppressiva | Ciclosporin | Unterdrückung des Immunsystems | schwere AD |
Biologika | Dupilumab, Lebrikizumab, Tralokinumab | Hemmung der Interleukin-4- und -13-Signalwege | mittelschwere bis schwere AD |
Januskinase-(JAK-)Inhibitoren | Baricitinib, Upadacitinib, Abrocitinib | Hemmung der JAK-Signalwege, die an der Immunantwort beteiligt sind | moderate bis schwere AD |
Seit gut einem Jahr ist auch Lebrikizumab (Ebglyss®) zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren mit mindestens 40 kg Körpergewicht zugelassen, wenn eine systemische Therapie erforderlich ist. Der monoklonale Antikörper bindet gezielt IL-13 und hemmt dessen Signalübertragung. Die empfohlene Anfangsdosis von 500 mg wird in zwei 250-mg-Injektionen in den Wochen 0 und 2 subkutan verabreicht. Anschließend wird eine Erhaltungsdosis von 250 mg alle zwei Wochen bis Woche 16 gegeben. Bei Respondern kann die Erhaltungsdosis als monatliche Injektion fortgesetzt werden. Die häufigsten Nebenwirkungen umfassen Konjunktivitis, Reaktionen an der Injektionsstelle und trockenes Auge (7, 8).
Tralokinumab (Adtralza®) ist ebenfalls ab zwölf Jahren zugelassen. Der humane monoklonale IgG4-Antikörper neutralisiert gezielt IL-13, indem er dessen Bindung an den Rezeptorkomplex IL-13Rα1/IL-4Rα verhindert. Das mindert den Effekt verschiedener Entzündungsmediatoren: Epidermisdicke und Besiedelung der Haut mit Staphylococcus aureus nehmen in der Folge ab. Auf eine Anfangsdosis von 600 mg folgt eine Erhaltungsdosis von 300 mg alle zwei Wochen. Haben die Patienten nach 16 Wochen eine (fast) erscheinungsfreie Haut, kann eine Applikation alle vier Wochen erwogen werden. Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien waren Infektionen der oberen Atemwege, Reaktionen an der Injektionsstelle und Konjunktivitis. Okuläre Nebenwirkungen traten seltener als bei Dupilumab auf (1, 9, 10).
Januskinasen (JAK) sind intrazellulär vorliegende Enzyme, die Signale von Zytokin- oder Wachstumsfaktor-Rezeptoren an der Zellmembran weiterleiten, indem sie die Signaltransduktoren und Aktivatoren der Transkription (STAT) phosphorylieren und aktivieren. Die STAT-Proteine wiederum beeinflussen die Genexpression und steuern dadurch unter anderem Immunzellfunktionen. Werden JAK gehemmt, unterbricht das die STAT-Aktivierung.
Im Gegensatz zu vielen Biologika, die spezifisch ein Zytokin blockieren, hemmen JAK-Inhibitoren die Signalwege mehrerer entzündungsfördernder Interleukine und werden daher als Multizytokin-Hemmer bezeichnet.
JAK-Inhibitoren werden bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis peroral als Langzeit- oder Intervalltherapie verordnet (Tabelle). Abrocitinib und Upadacitinib sind zugelassen für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren, Baricitinib bereits ab zwei Jahren. Die Therapie ist bei thromboembolischen Ereignissen oder erhöhtem genetischen Thromboserisiko kontraindiziert. Regelmäßiges Monitoring mit Blutuntersuchungen ist wichtig.
Antikörper und JAK-Inhibitoren lindern auch den Juckreiz gut. / © Adobe Stock/Maria Fuchs
Der selektive JAK1-Inhibitor Abrocitinib (Cibinqo®) hat in Studien – in Kombination mit topischen Therapien – eine signifikante Wirksamkeit bei atopischer Dermatitis gezeigt, insbesondere bei schwerem Verlauf. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Übelkeit, Kopfschmerzen, Akne, Herpes simplex, erhöhte Kreatinphosphokinase, Erbrechen, Schwindel und Oberbauchschmerzen. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 100 oder 200 mg peroral einmal täglich, für die Erhaltungstherapie wird die niedrigste wirksame Dosis gewählt. Bei Patienten unter 65 Jahren wird mit der höheren Dosierung begonnen, die nach dem Ansprechen angepasst wird (1, 11, 12).
Bei Baricitinib (Olumiant®) beträgt die empfohlene Dosierung für Erwachsene und Patienten mit einem Körpergewicht ab 30 kg 4 mg einmal täglich und wird bei guter Krankheitskontrolle auf 2 mg täglich reduziert. Die Dosis von 2 mg gilt auch bei einem Körpergewicht von 10 bis 30 kg. Der selektive JAK1-/JAK2-Inhibitor blockiert die Aktivierung von Zytokinen wie IL-6, INF-α/β und GM-CSF (Granulozyten-Makrophagen-Kolonie stimulierender Faktor), die eine Signalkaskade auslösen, die im Zellkern die Produktion entzündungsfördernder Proteine steigert.
In Studien traten als Nebenwirkungen unter anderem Hypercholesterolämie, Infektionen der oberen Atemwege, Übelkeit, Gürtelrose und Harnwegsinfektionen auf. Da Baricitinib mit einer erhöhten Infektionsrate im Vergleich zu Placebo assoziiert ist, sollten Nutzen und Risiken bei Patienten mit aktiven, chronischen oder wiederkehrenden Infektionen vor Therapiebeginn sorgfältig abgewogen werden (1, 13, 14).
Upadacitinib (Rinvoq®) für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren bietet sich besonders an, wenn gleichzeitig Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis oder Colitis ulcerosa bestehen. Bei atopischer Dermatitis beträgt die Dosierung je nach Krankheitsbild 15 oder 30 mg einmal täglich. Der JAK-Inhibitor hemmt hauptsächlich JAK1 und JAK3. Upadacitinib verbesserte in Studien Neurodermitis-Symptome signifikant. Als Nebenwirkungen traten unter anderem Infektionen der oberen Atemwege, Akne und Herpes-simplex-Infektionen auf (1, 15, 16).
Trockene Haut und eine gestörte Hautbarriere kennzeichnen alle Schweregrade der atopischen Dermatitis. Die Basistherapie gehört daher immer und auch in schubfreien Zeiten mindestens zweimal täglich zum Pflichtprogramm.
Ziel der Hautpflege ist es, Lipide in die obere Epidermis einzubringen und die Feuchtigkeit des Stratum corneum zu erhöhen. Das soll Juckreiz lindern und dazu beitragen, Schübe zu reduzieren. Geeignete Produkte enthalten Lipide wie Ceramide und Feuchthaltefaktoren wie Harnstoff oder Glycerol, die die Hautbarriere stärken und den Wasserverlust verringern.
Trockene Haut benötigt fetthaltigere Grundlagen, während entzündete Haut eher eine wasserhaltige Pflege erfordert. Salben enthalten am meisten Fett, aber Cremes sind leichter aufzutragen. Lotionen haben den höchsten Wasseranteil, können aber austrocknend wirken. Empfehlenswert sind Produkte, die frei von potenziell reizenden Stoffen wie Duftstoffen, proteinbasierten Allergenen, Konservierungsstoffen und Parabenen sind.
Der doch erhebliche Pflegeaufwand kann sich für die Patienten lohnen, da der langfristige Einsatz von Emollienzien die Intervalle zwischen den Schüben verlängern kann. Eine Kombination aus Emollienzien und topischen Medikamenten, zum Beispiel Glucocorticoiden, ist in der Regel effektiver als die Hautpflege alleine (1, 17, 18).
Glucocorticoide und Calcineurin-Inhibitoren sind zur topischen entzündungshemmenden Therapie zugelassen (Tabelle).
Topische Glucocorticoide wie Prednicarbat und Mometasonfuroat sind im Allgemeinen Mittel der ersten Wahl, wobei die Anwendung auf die Krankheitsaktivität und den betroffenen Hautbereich abgestimmt werden sollte, um Nebenwirkungen wie Hautatrophie zu vermeiden. Calcineurin-Inhibitoren sind auf empfindlichen Hautarealen zu bevorzugen.
Dies ist nur eine knappe »Fingertip-Einheit«. / © Getty Images/R. Sadel
Um die passende Menge Salbe zu bestimmen, bietet sich die »Fingertip-Einheit«-Regel an. Dazu wird der Salbenstrang von der Fingerspitze bis zur ersten Fingerbeuge abgemessen. Das macht bei einem Durchmesser des Stranges von 5 mm etwa 0,5 g Salbe. Bei Creme ist eine minimal größere Menge erforderlich (19). Patienten wenden die Topika idealerweise auf hydratisierter Haut an, um die Aufnahme zu optimieren.
Bei akuten Schüben können »Wet-Wraps« (nasse Wickel) die Wirkung verbessern und die Verträglichkeit erhöhen. Die Wet-Wrap-Therapie wird klassisch als kurzzeitig anwendbare Option der Rescue-Therapie genutzt. Patienten tragen auf die Hautstellen topische Glucocorticoide oder Emollienzien auf und legen dann ein warmes feuchtes Baumwolltuch auf, das von einem trockenen Baumwolltuch bedeckt wird (1, 20, 21).
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Arzneimittel mit unterschiedlichen Wirkmechanismen befinden sich derzeit in der Entwicklung. Einige Beispiele:
Hoffnung verspricht die Hemmung des OX40-Signalwegs mit den Antikörpern Amlitelimab und Rocatinlimab, denn die Interaktion zwischen dem kostimulatorischen T-Zell-Rezeptor OX40 und seinem Liganden OX40L ist ganz zentral im Entzündungsgeschehen. Rocatinlimab (AMG 451 oder KHK4083 von Kyowa Kirin/Amgen, Phase III) ist ein humaner monoklonaler Anti-OX40-Antikörper, der die T-Zell-Reaktion durch Blockade des OX40-Rezeptors reduziert. Amlitelimab (KY1005 von Kymab/Sanofi, Phase III) blockiert dagegen den OX40-Liganden. Dadurch soll Amlitelimab das Gleichgewicht zwischen proinflammatorischen und regulatorischen T-Zellen wiederherstellen.
Bei Tradipitant (VLY-686 oder LY686017 von Vanda Pharmaceuticals, Phase III) handelt es sich um einen oralen Neurokinin-1-Rezeptor-(NK-1R-)Antagonisten. Die Interaktion zwischen Substanz P und NK-1R im neuronalen Gewebe spielt eine Rolle im Entzündungsgeschehen und beim Schmerzempfinden.
Der monoklonale Antikörper Rademikibart (CBP-201 von Suzhou Connect Biopharmaceuticals, Phase III) zielt auf den IL-4Rα-Rezeptor ab. Dies ist eine gemeinsame Untereinheit der IL-4- und IL-13-Rezeptoren. IL-4 und IL-13 sind als wichtige Th2-Zytokine in verschiedene entzündliche Prozesse involviert.
Der JAK1- und JAK2-Inhibitor Ruxolitinib ist in peroraler Form bereits für andere Indikationen zugelassen. Die topische Formulierung hat sich in Studien als wirksam erwiesen, um Entzündungen zu reduzieren und Juckreiz zu lindern. Sie wird auch bei Vitiligo überprüft.
Tapinarof ist ein topisch angewandter Agonist des Arylhydrocarbon-Rezeptors (AhR) und in den USA zur Behandlung von Plaque-Psoriasis bei Erwachsenen zugelassen. Der Arylhydrocarbon-Rezeptor ist ein ligandenabhängiger Transkriptionsfaktor, der eine Rolle bei der Regulierung der Zytokin- und Hautbarriere-Protein-Expression sowie der antioxidativen Aktivität spielt.
Literatur: (35–42)
Patienten mit atopischem Ekzem haben deutlich häufiger eine Besiedlung mit Staphylococcus aureus auf der Haut als hautgesunde Menschen. Die Kolonisierungsdichte korreliert mit der Schwere der Erkrankung. Dennoch entwickeln die meisten Patienten keine sichtbaren Infektionszeichen. Klinische Anzeichen von Hautentzündungen können in den Schüben mit Infektionszeichen überlappen, was die Diagnose erschwert.
Bei bakteriellen Superinfektionen, etwa durch Staphylococcus aureus, sind kurzfristig topische Antiseptika wie Chlorhexidingluconat sinnvoll, während topische Antibiotika wegen Resistenzgefahren vermieden werden sollten. Bei großflächigen superinfizierten Läsionen sind Antibiotika systemisch indiziert.
Eine Cochrane-Analyse fand keine ausreichenden Belege für die Wirkung von Anti-Staphylokokken-Behandlungen bei Menschen mit infiziertem oder nicht infiziertem Ekzem. Topische Glucocorticoid-Antibiotika-Kombinationen könnten im Vergleich zu topischen Glucocorticoiden allein mit geringen therapeutischen Vorteilen verbunden sein (22).
Bei viralen Infektionen wie Eczema herpeticatum ist eine systemische antivirale Therapie, zum Beispiel mit Aciclovir, notwendig.
Bei atopischer Dermatitis vom »Head and Neck«-Typ können Pilzinfektionen insbesondere mit Malassezia spp. auftreten. Eine antimykotische Therapie umfasst topische und systemische Ansätze (1, 23).
Pruritus ist ein zentrales Symptom der atopischen Dermatitis und belastet die Patienten erheblich. Glucocorticoide und Calcineurin-Inhibitoren haben einen indirekten juckreizlindernden Effekt; das gilt auch für systemische Therapien etwa mit Dupilumab und JAK-Inhibitoren.
Polidocanol in der Kombination mit Urea lindert gezielt den Juckreiz.
Höchstens zeitlich begrenzt können in Einzelfällen begleitend H1-Antihistaminika der ersten Generation eingesetzt werden. Jedoch werden sowohl topische als auch systemische Antihistaminika wegen ihrer geringen Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen meist nicht empfohlen. Die Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter (KASK) der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) verweist auf das ungünstige Nutzen-Risiko-Profil und rät von sedierenden Präparaten mit Wirkstoffen wie Doxylamin, Diphenhydramin, Dimenhydrinat oder Promethazin bei Kindern ab (24).
Ein Muss in jedem Stadium der atopischen Dermatitis: Hautpflege und Eincremen mindestens zweimal täglich. / © Getty Images/Kinga Krzeminska
SSRI, also Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, und Opioid-Antagonisten werden wegen ihres ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses nicht zur Behandlung des Pruritus bei Neurodermitis empfohlen (1, 25).
Zukünftig könnte Nemolizumab eine Option sein. Der monoklonale Antikörper hemmt gezielt den IL-31-Signalweg, der bei Juckreiz und Entzündungen eine zentrale Rolle spielt. Er zeigte in zwei Phase-III-Studien (ARCADIA 1 und 2) vielversprechende Ergebnisse bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis. Nemolizumab verbesserte in Kombination mit topischer Therapie signifikant den Hautzustand und linderte bereits ab der ersten Woche den Juckreiz. In Europa ist der Arzneistoff zur Zulassung empfohlen (26).
Bei Kindern verleitet das Jucken oft zu blutigem Kratzen. Anstelle Kratzen zu verbieten (was selten zielführend ist), können Eltern versuchen, den Juckreiz mit einem Kühlpad, einem kalten Löffel oder gekühlten Erbsenkissen zu stillen. Hautschonender als Kratzen sind Reiben, Kneifen oder Klopfen. Mit einem Buch, Spielzeug oder einer Fantasiereise können sich Kinder vom Juckreiz ablenken. Entspannungsmethoden wie progressive Muskelentspannung, Tai-Chi oder Yoga sind für ältere Kinder und Erwachsene geeignet, um Stress und damit oft auch den Juckreiz zu reduzieren (27).
Eine Raumtemperatur von 16 bis 18 Grad Celsius hilft, nächtliches Schwitzen zu verhindern, das den Pruritus verstärken kann. Milbenallergene im Staub können den Juckreiz verschlimmern. Eine staubfreie Umgebung im Schlafzimmer kann daher Erleichterung bringen. Vor dem Schlafen helfen Entspannungs- oder Atemübungen, um den Körper auf die Nachtruhe vorzubereiten (28).
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Prävalenz
Etwa 7 Prozent der Kinder und bis zu 2 Prozent der Erwachsenen in Deutschland, weltweit häufiger in industrialisierten Ländern
Ätiologie
Multifaktoriell: genetische Prädisposition, zum Beispiel Filaggrin-Mutationen, Dysfunktion der Hautbarriere, immunologische Überreaktion, Umweltfaktoren (Allergene, Schadstoffe), Stress
Pathophysiologie
Defekte der Hautbarriere führen zu erhöhter Permeabilität, Feuchtigkeitsverlust und erhöhter Exposition gegenüber Umweltallergenen; Dysregulation des Immunsystems mit TH2/TH22-Dominanz
Leitsymptome
Chronisch-rezidivierende Ekzeme, intensiver Juckreiz, trockene und empfindliche Haut, oft beginnend im frühen Kindesalter; typische Verteilung der Läsionen je nach Alter
Klinische Manifestation
Akute Schübe mit erythematösen, exsudativen Läsionen, chronische Phasen mit Lichenifikation, Hyperkeratose; oft quälender Juckreiz (Pruritus), kann Schlaf und Lebensqualität stark beeinträchtigen
Differenzialdiagnose
Psoriasis, seborrhoisches Ekzem, Kontaktdermatitis, Ichthyosen, Skabies, kutane Lymphome
Drei Therapiestufen
Basistherapie (Emollienzien zur Unterstützung der Hautbarriere); topische Therapie (Glucocorticoide, Calcineurin-Inhibitoren); systemische Therapie (Glucocorticoide, Biologika, Januskinase-Inhibitoren)
Proaktive Therapie
Langfristiger Einsatz topischer entzündungshemmender Mittel auf erkrankte Hautpartien, kombiniert mit Emollienzien zur Prävention von Rezidiven
Antimikrobielle Therapie
Bei Infektionen, zum Beispiel mit Staphylococcus aureus, aber keine Lokaltherapie aufgrund von Resistenzbildung; systemische Antibiotika nur bei großflächigen Infektionen
Prognose
Oft Rückbildung im Erwachsenenalter, bei vielen Patienten jedoch persistierende oder rezidivierende Symptome; Verschlechterung durch Stress, Klimafaktoren und Infektionen möglich
Komorbiditäten
Häufig mit anderen atopischen Erkrankungen assoziiert wie Asthma, allergische Rhinitis, Nahrungsmittelallergien; erhöhtes Risiko für psychische Störungen und Schlafstörungen
Patienten suchen oft nach Wegen, um die Krankheit besser zu kontrollieren. In den Leitlinien wird von verschiedenen Methoden der Komplementärmedizin, zum Beispiel Akupunktur, Phytotherapie, Autologes Blutserum und Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), wegen der unzureichenden Evidenzlage abgeraten (1, 29).
Positiv bewertet werden interdisziplinäre Schulungen nach den Curricula der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung (AGNES) für Eltern von an Neurodermitis erkrankten Kindern sowie der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung für Erwachsene (ARNE). In den Programmen lernen Patienten und ihre Familien, die Krankheit besser zu verstehen, zu akzeptieren und zu bewältigen (1, 30).
Bei atopischer Dermatitis leidet auch die Seele. Bei einem verringerten Selbstwertgefühl, ausgelöst durch Stigmatisierung und Vorurteile, meiden Betroffene oft lieber soziale Kontakte. Zu beachten ist, dass Menschen mit Neurodermitis generell ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angststörungen und andere psychische Erkrankungen haben. Solche Komorbiditäten erfordern immer eine professionelle Behandlung. Bei Alltagsproblemen können Selbsthilfegruppen dabei unterstützen, selbstbewusster mit der Erkrankung umzugehen (31).
Einige Frauen fühlen sich sicherer, wenn sie geschminkt sind. Bei atopischer Dermatitis ist es dabei wichtig, den aktuellen Hautzustand zu berücksichtigen. Während akuter Schübe, wenn die Haut stark entzündet ist oder nässt, verzichten Frauen besser auf Make-up. Ansonsten sollten sie immer darauf achten, dass die Kosmetikprodukte die Haut nicht irritieren. Vor dem Auftragen sollte die Haut gut mit Feuchtigkeit versorgt werden, um die Barrierefunktion zu unterstützen. Augenpartie und Lippen sind besonders empfindlich.
Hypoallergene Mittel, die frei von Duftstoffen, Parabenen oder Konservierungsmitteln sind, werden oft am besten vertragen. In der vermeintlich schonenderen Naturkosmetik sind hingegen häufig potenzielle Allergene wie Kolophonium enthalten. Das Apothekenteam kann auf Produkte hinweisen, die speziell für Menschen mit Neurodermitis entwickelt wurden (32–34).
Nicole Schuster studierte zwei Semester Medizin, dann Pharmazie und Germanistik in Bonn und später in Düsseldorf. Während ihres Studiums machte sie Praktika bei verschiedenen wissenschaftlichen Verlagen. Nach der Approbation absolvierte Schuster ein Aufbaustudium in Geschichte der Pharmazie in Marburg und wurde 2016 zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert. Die PZ-Leser kennen Schuster als Autorin zahlreicher Fachbeiträge.