Neue Therapieansätze bei Multipler Sklerose |
Laura Rudolph |
17.05.2023 12:30 Uhr |
Ebenso neu seien die Erkenntnisse eines deutschen Forschungsteams aus Göttingen zum Zusammenhang des Lungenmikrobioms und MS, so die DGN (»Nature«; 2022; DOI: 10.1038/s41586-022-04427-4). Das Mikrobiom der Lunge reguliere demnach die Aktivität der Mikroglia, den Immunzellen des Gehirns, und steuere dadurch deren Fähigkeit, Autoimmunentzündungen auszulösen. Gezeigt wurde dies im Tiermodell: Die Gabe des Antibiotikums Neomycin über die Luftröhre verschob das Lungenmikrobiom und führte bei den behandelten Tieren zu einer verstärkten Besiedelung des Lungengewebes mit Bakterien, die Lipopolysaccharide (LPS) produzierten.
Die erhöhte LPS-Menge löste eine Lähmung der Mikroglia aus – in der Folge sank deren Reaktionsfähigkeit auf experimentelle Stimuli, mit denen bei unbehandelten Tieren sonst eine MS ausgelöst werden kann. Die Beseitigung von LPS-produzierenden Bakterien in der Lunge durch ein anderes Antibiotikum verschlimmerte dagegen die zerebrale Autoimmunreaktion der Tiere. Die erneute LPS-Zugabe konnte diesen Effekt wieder umkehren. Daraus schlussfolgern die Forschenden, dass die Beeinflussung der Signale des Lungenmikrobioms an die Mikroglia, die sogenannte »Lungen-Hirn-Achse«, ein innovatives Therapietarget darstellen könnte.
»Beide Forschungsansätze stehen noch ganz am Anfang, sind aber hochinnovativ und stellen vielversprechende Therapieoptionen dar. Dass beide aus Deutschland kommen, illustriere die Stärke der neurologischen Forschung hierzulande. Es bleibt zu hoffen, dass eines Tages kurative Therapien gegen MS zur Verfügung stehen«, resümiert DGN-Generalsekretär Professor Dr. Peter Berlit abschließend.
Anlässlich des Welt-MS-Tags möchte die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) mit einer multimedialen Kampagne auf die Erkrankung MS aufmerksam machen. Apothekenteams, die sich für die Kampagne engagieren möchten, können Plakate und Flyer bei der DMSG bestellen.