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Post/Long-Covid-Syndrom

Neue S1-Leitlinie zu Covid-19-Folgen

Long Covid oder auch Post Covid ist ein Syndrom, das mit dem langsamen Abklingen des Pandemiegeschehens immer stärker in den Fokus rückt. Eine interdisziplinär erarbeitete Leitlinie bringt jetzt eine gewisse Ordnung in die Covid-19-Folgeerkrankung.
Theo Dingermann
19.07.2021  18:00 Uhr

Die neue S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Post/Long-Covid-spezifischen Symptomen wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und unter Beteiligung 16 weiterer Gesellschaften und wissenschaftlicher Zentren erarbeitet. Sie dient in erster Linie als eine klinische diagnostisch-therapeutische Orientierung auf dem Boden einer sehr häufig noch begrenzten Datenlage, wobei insbesondere dem klinischen Versorgungsweg Rechnung getragen wird.

Nach aktuellen Schätzungen sind 15 Prozent der Covid-19-Genesenen von Post/Long Covid betroffen. Erschwert werden Diagnostik und Therapie der Erkrankung durch eine ungewöhnlich große Zahl an möglichen Symptomen, die in unterschiedlichen Kombinationen auftreten können. Erst kürzlich zeigte eine Internetumfrage, dass die Betroffenen bis zu 200 verschiedene Symptome angeben. Die häufigsten Beschwerden waren Müdigkeit, geringe Belastbarkeit (»Post Exertional Malaise«) und kognitive Störungen (»Brain Fog«).

Nicht zuletzt auch aus diesem Grund war das Syndrom bisher nur unzureichend definiert. Dieses Defizit beseitigt nun die aktuelle S1-Leitlinie. Dabei betonen die Autoren, dass gerade wegen der vielfältigen Symptomatik bei Verdacht auf Post/Long Covid immer auch andere Differenzialdiagnosen zu bedenken und gegebenenfalls auszuschließen sind.

Verschiedene Phasen und Komplexität

In Anlehnung an eine Leitlinie des britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE) vom Dezember letzten Jahres definiert die S1-Leitlinie Post/Long Covid auf Basis des Auftretens oder der Persistenz der Beschwerdesymptomatik in Relation zum Zeitpunkt der SARS-CoV-2-Infektion.

  • Von akutem Covid-19 spricht man, wenn Symptome für bis zu vier Wochen nach der Infektion bestehen.
  • Halten die Symptome weitere acht Wochen an (vier bis zwölf Wochen nach der Infektion), wird dies als fortwährend symptomatisches Covid-19 bezeichnet.
  • Bestehen Symptome länger als zwölf Wochen nach der Infektion, spricht man von einem Post-Covid-19-Syndrom.
  • Wenn vier Wochen nach der Infektion neue Symptome hinzukommen oder wenn Symptome länger als vier Wochen bestehen, wird dies in der Leitlinie als Long Covid bezeichnet.

Zur Versorgung Betroffener kann zusätzlich zur primärärztlichen/allgemeinmedizinischen Versorgung die Einbindung einer Vielzahl medizinischer Teildisziplinen erforderlich sein, darunter die Pneumologie, die Nephrologie, die Rheumatologie, die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, die Dermatologie, die Endokrinologie, die Neurologie, die Psychiatrie, die Psychosomatik und die Kardiologie. Somit erfordert die Diagnose und Behandlung von Post/Long Covid eine generalistisch-interdisziplinäre Herangehensweise mit Blick auf den ganzen Menschen sowie eine Kontinuität der Versorgung. Dieser komplexen Ausgangslage trägt die neue S1-Leitlinie in besonderem Maße Rechnung.

Medikamente und Impfung

Die bei einem Teil der Patienten beobachtete Viruspersistenz wird auf eine unzureichende viruseliminierende Immunantwort zurückgeführt. Vor diesem Hintergrund war es naheliegend, den Effekt einer postinfektiösen SARS-CoV-2-Vakzinierung zu untersuchen. In einer kleinen Observationsstudie wurde gezeigt, dass sich in dem Kollektiv mit ausgeprägten Post/Long-Covid-Symptomen bei 23,2 Prozent der Vakzinierten und 15,4 Prozent der Nichtgeimpften eine Verbesserung einstellte; zu einer Verschlechterung der Symptome kam es bei 5,6 Prozent der Vakzinierten und 14,2 Prozent der Nichtgeimpften. Diese Unterschiede waren zwar statistisch signifikant, aber nur gering ausgeprägt. Größere kontrollierte prospektive Studien sind notwendig, um die Effektivität einer Vakzinierung bei Post/Long Covid zu überprüfen. Daraus leitet die Leitlinie die Empfehlung ab, eine therapeutische Vakzinierung nur im Rahmen von Studien vorzunehmen.

In der Leitlinie wird betont, dass gesicherte therapeutische Interventionen bei Post/Long Covid bisher nicht bekannt sind. Daher sollte sich eine medikamentöse Therapie an den Symptomen orientieren.

Regelmäßig sollten bei den Patienten die Vitalparameter, aber auch die kognitiven Funktionen überprüft werden. Bei Hinweisen auf Verschlechterung sollten unter anderem Sauerstoffsättigung, D-Dimere, das Blutbild (Lymphopenie), Kreatinin und die Elektrolyte kontrolliert werden. Und schließlich sollten sowohl die Angehörigen wie auch die Sozial- und Pflegedienste, Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden frühzeitig in die Therapie mit eingebunden werden.

Neben dieser neuen S1-Leitlinie existiert auch eine weitere »S2k-Leitlinie zu SARS-CoV-2, Covid-19 und (Früh-)Rehabilitation«, die Ende 2020 unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR) gemeinsam mit 13 weiteren Fachgesellschaften veröffentlicht wurde.

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