| Daniela Hüttemann |
| 23.12.2025 18:00 Uhr |
AoG unterstützt mittlerweile sieben Projekte in Deutschland, die sich in erster Linie an wohnungslose Menschen richten. Möglich ist dies durch die gute Zusammenarbeit zwischen hauptamtlichen Mitarbeitern der Geschäftsstelle und den engagierten Ehrenamtlichen der Regionalgruppen. / © Apotheker ohne Grenzen
»Dass die USA, aber auch das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium Hilfen kürzen, merken auch wir – an den erhöhten Anfragen für unsere Hilfe, aber auch am Konkurrenzdruck um Spenden unter den Hilfsorganisationen«, stellt AoG-Geschäftsführerin Eliette Fischbach fest. »Unsere Arbeit wird schwieriger und wir haben unsere Budgets stets im Blick. Umso mehr freuen wir uns, wenn Projekte weiterlaufen und wir neue Kooperationen anstoßen können.«
Projektvorschläge können über die AoG-Website eingereicht werden. So kam es beispielsweise zu einer Zusammenarbeit mit dem Verein Neue Wege, um eine lokal verankerte Gesundheitsstation im Südsudan zu unterstützen – ein Gebiet, das pharmazeutisch-medizinisch extrem vernachlässigt ist, wie Fischbach betont. AoG konnte bereits eine erste Medikamentenlieferung von Kenia aus realisieren. 2026 sei eine Projektreise geplant, wenn es die Sicherheitslage zulässt.
Apotheker ohne Grenzen feierte im Mai dieses Jahres sein 25-jähriges Bestehen. Der Verein zählt mittlerweile mehr als 2300 Mitglieder. »Unsere Nothilfe-Einsätze haben unzählige Menschenleben gerettet – darauf sind wir stolz«, sagte der Erste Vorsitzende Jochen Wenzel. Aktuell laufen 25 Projekte in 16 Ländern. Die nächste Mitgliederversammlung findet am 25. April 2026 statt.
In Haiti unterstützt AoG seit 2018 ein Gesundheitszentrum in der Region Baudin. / © Apotheker ohne Grenzen
Mit einem Gesundheitszentrum auf Haiti, das AoG seit Langem unterstützt und früher regelmäßig besucht hat, können die Projektkoordinatoren schon seit mehreren Jahren nur digital den Kontakt halten. Überweisungen funktionieren noch, sodass Apotheker ohne Grenzen die lokalen Fachkräfte bezahlen kann und Arzneimittel inländisch gekauft werden können.
Zusätzlich werden im begrenzten Rahmen auch Lebensmittel finanziert, um diese an Schwangere weiterzugeben, »doch wir stoßen hier an die Grenzen unserer Möglichkeiten«, auch weil es kaum Medienpräsenz und damit Spenden gezielt für den krisengeschüttelten Kleinstaat gebe. Das Projekt ist für die Menschen vor Ort jedoch von großer Bedeutung und ermöglicht vielen Haitianern Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung.
Im Fokus der Weltöffentlichkeit stand dagegen der Gaza-Streifen, in den Arzneimittel-Hilfslieferungen jedoch lange Zeit kaum möglich waren. »Um seriös mit den Spendengeldern umzugehen, müssen wir auch sicherstellen können, dass unsere Lieferungen ankommen. Das war enorm schwierig und langwierig in den Vorbereitungen und der Umsetzung«, erklärt Fischbach.
Die Sicherheitslage sei immer noch prekär und die Infrastruktur so massiv zerstört, dass es momentan schwierig sei, zu helfen. Der Verein steht im regelmäßigen Austausch mit anderen Akteuren, auch um künftige Möglichkeiten zur Unterstützung der Menschen auszuloten – etwa die Versorgung von Geflüchteten, falls diese aus dem Gaza-Streifen in die Nachbarländer kommen.
AoG unterstützt die Geflüchteten-Hilfe im Mittelmeerraum mit Medikamenten, Hilfsmitteln und pharmazeutischem Know-how, hier in Griechenland. / © Apotheker ohne Grenzen
»Hilfe für die Menschen, dort, wo sie sind« – das gilt auch für die vielen Geflüchteten im Libanon. Hier unterstützt AoG ein Gesundheitszentrum an der Grenze zu Syrien, das auch Anlaufstelle für die Einheimischen ist. Geplant ist eine Projektreise, um Arzneimittelschulungen auf Arabisch anzubieten.
In Syrien selbst unterstützt AoG bereits mobile Kliniken rund um Aleppo, um auch dort Menschen niedrigschwellig Zugang zu Gesundheitsversorgung zu bieten und die fragilen Gesundheitsstrukturen zu stärken. Es gebe eine weitere Projektidee, doch auch hier gelte es, die sich ständig ändernde Sicherheitslage zu beobachten.
»Die Arbeit für Geflüchtete hat zu Recht viel Präsenz in diesem Jahr bei uns eingenommen«, führt Fischbach weiter aus. So ist AoG pharmazeutische Partnerorganisation von SOS Humanity, die mit Schiffen im Mittelmeer unterwegs sind. »Wir waren schon zweimal an Bord, allerdings nur im Hafen, nicht auf See – dafür reicht der Platz nicht aus.« AoG sei aber im ständigen digitalen Austausch mit der Crew, falls Fragen zur Arzneimittelanwendung kommen. Auch in Griechenland wurde die Unterstützung für Geflüchtete in Athen und auf Kos 2025 wieder aufgenommen.
Für die Ukraine-Hilfe gehen die Rücklagen nach der zu Kriegsbeginn großen Spendenbereitschaft bald zur Neige. »Obwohl die Lage für die Menschen in der Ukraine weiterhin dramatisch ist, müssen einige unserer Partner ihre Arbeit zurückfahren.« Fischbach betont jedoch, dass es immer noch Privatspenden, Stiftungsgelder und Apotheken gebe, die speziell für die Ukraine sammeln und spenden. »Wie überall gilt: Wir würden gern noch mehr tun.« Immerhin gelang 2025 die erste Projektreise nach Lwiw. »Das war sehr hilfreich und gewinnbringend. Wir haben ganz andere Einblicke bekommen, um noch zielgerichteter unterstützen zu können.«
2025 war erstmals ein Projektbesuch im ukrainischen Lwiw möglich. Im Bild: Max Haselbach, zuständiger Projektkoordinator für die Ukraine. / © Apotheker ohne Grenzen
Was ist noch neu? In Tansania kam eine weitere Gesundheitsstation in einer neuen Region hinzu. In Nepal unterstützt AoG zukünftig auch ein Arzneimittelinformationszentrum. Nothilfe in Form einer Gesundheitsstation für Geflüchtete wurde nach heftigen Überschwemmungen in Burundi geleistet und soll auch 2026 fortgeführt werden. Nach der Projektreise im November mit Besuch einer PTA-Schule und des Geflüchteten-Camps laufen die Vorbereitungen für eine kontinuierliche Hilfe auf Hochtouren.
Ungewöhnlich seien in diesem Jahr viele letztlich nicht zustande gekommene Noteinsätze. Unter anderem prüfte das Nothilfe-Team einen Einsatz nach dem Erdbeben in Myanmar im März, doch hier war die Sicherheitslage zu instabil, um ehrenamtliche Einsatzkräfte zu entsenden. Im November gab es nach dem Hurrikan Melissa eine dringende Unterstützungsanfrage der US-amerikanischen Partnerorganisation IMC für Jamaika. Kurzfristig konnte die erste Einsatzreise dann jedoch abgesagt werden, da die betroffenen Krankenhäuser die Menschen vor Ort schneller als erwartet wieder aus eigener Kraft versorgen konnten.
Im Katastrophenfall startet AoG frühzeitig ein Monitoring zur Lage vor Ort und erstellt vor jeder Entscheidung über einen Einsatz zudem eine sorgfältige Einsatz- und Sicherheitseinschätzung. Auch diese vorbereitenden Maßnahmen binden bereits Ressourcen, doch sei es natürlich schön, wenn man wie im Fall Jamaika doch nicht gebraucht wird, »die Strukturen vor Ort also resilient genug sind, sodass man ohne unsere Unterstützung klarkommt«.
»Damit wir im Katastrophenfall schnell, sicher und wirksam helfen können, bauen wir kontinuierlich unsere Nothilfe-Strukturen aus und verbessern bestehende Abläufe«, sagt Fischbach. Vieles davon geschehe im Hintergrund, wie die Erstellung von Sicherheits- und Logistikkonzepten. »Doch gerade diese vorbereitende Preparedness-Arbeit ist entscheidend, damit unsere Einsätze im Ernstfall gelingen. Wir haben viele geschulte Ehrenamtliche, die in einen Einsatz gehen würden, und haben starke Partner. Wir sind bereit.«
Im Juni beteiligten sich zwei ehrenamtliche AoG-Mitglieder an einer Bundesübung des Arbeiter-Samariter-Bundes und übernahmen den Aufbau einer Notapotheke für den Ernstfall. Im November beteiligte sich die Hilfsorganisation an einer Cholera-Response-Übung, initiiert und unterstützt von der Aktion Deutschland Hilft und dem Robert-Koch-Institut. Zudem ist AoG seit diesem Jahr auch Kooperationspartner von Malteser International für gemeinsame Einsätze mit dem Emergency Medical Team.
Auch innerhalb Deutschlands hat Apotheker ohne Grenzen sein Engagement dank seiner ehrenamtlich Aktiven in den Regionalgruppen ausgeweitet. Bereits seit Längerem ist der Verein in Mainz, Berlin, München und Frankfurt am Main in der Obdachlosenhilfe tätig. Neuerdings werden auch Projekte in Münster, Düsseldorf und Bielefeld pharmazeutisch unterstützt. »In Bielefeld ist das Besondere, dass keine NGO, sondern das Gesundheitsamt der Stadt unser Partner ist. Das Projekt richtet sich speziell an Frauen, die keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben«, erläutert Fischbach.
Seit Kurzem unterstützt AoG die humanitäre gynäkologische Sprechstunde im städtischen Gesundheitsamt Bielefeld, die sich an Frauen in Not unabhängig von Versicherungsstatus, Herkunft oder Aufenthaltsrecht. Im Bild: Dr. Runa Speer, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe (links), und Cathrin Vietmeier, ehrenamtlich aktiv im Bielefeld-Projekt sowie im AoG-Vorstand. / © Apotheker ohne Grenzen
Die gelungene Ausweitung der Obdachlosenhilfe sei wegen der begrenzten Mittel zwar ein Erfolg, birgt aber zugleich eine niederschmetternde Erkenntnis: »Denn eigentlich leben wir in einem Land, das allen Menschen den Zugang zum Gesundheitssystem gewähren könnte und sich dennoch auf Hilfsorganisationen wie uns verlässt«, bedauert Fischbach.
Umso mehr freut sich der Verein über jede Spende und helfende Hand, ob vor der eigenen Haustür oder für benachteiligte und erkrankte Menschen weltweit. »Apotheker ohne Grenzen wird auch im kommenden Jahr einen Unterschied machen und viele Menschen weltweit unterstützen, denn: Für uns ist Gesundheit ein Recht, kein Privileg«, so Fischbachs klare Botschaft.
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