Neue Kontraindikationen für Pseudoephedrin |
Annette Rößler |
01.12.2023 17:00 Uhr |
In der Erkältungszeit gehören Kombipräparate mit Pseudoephedrin zu den Schnelldrehern in der Apotheke. Bestimmte Risikopatienten sollen sie künftig aber nicht mehr anwenden. / Foto: Adobe Stock/gpointstudio
Die Anwendung von Pseudoephedrin kann das Risiko für ein posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom (PRES) und ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) erhöhen. Das hat die Sicherheitsüberprüfung des EMA-Ausschusses ergeben. Er empfiehlt daher, dass Arzneimittel mit Pseudoephedrin bei Patienten mit schwerem oder unkontrolliertem (nicht behandeltem oder therapieresistentem) Bluthochdruck oder mit schweren akuten oder chronischen Nierenerkrankungen oder Nierenversagen nicht mehr angewendet werden sollen. Die Produktinformationen der betroffenen Präparate sollen entsprechend ergänzt werden.
PRES und RCVS sind seltene Krankheitsbilder, die mit einer Minderdurchblutung des Gehirns einhergehen und lebensbedrohlich sein können, bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung aber in der Regel reversibel sind. Symptome können etwa starke, plötzlich auftretende Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Verwirrung, Krampfanfälle und Sehstörungen sein. Patienten, die Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel anwenden, sollen beim Auftreten solcher Symptome sofort die Anwendung abbrechen und einen Arzt aufsuchen.
Pseudoephedrin ist ein Sympathomimetikum mit bekanntem kardiovaskulären Risiko. Es führt zu einer Verengung von Blutgefäßen und wird deshalb als Dekongestivum bei verstopfter Nase im Rahmen von Erkältung, Grippe, allergischer und vasomotorischer Rhinitis eingesetzt. Der Wirkstoff ist in vielen Kombipräparaten enthalten, darunter Aspirin® Complex, Grippostad® Complex, Rhinopront® Kombi und Wick® Daynait. Pseudoephedrin wird dabei systemisch, nicht lokal angewendet.
Angestoßen worden war die Sicherheitsüberprüfung von Frankreich, nachdem in Pharmakovigilanz-Datenbanken und in der medizinischen Literatur Fälle von PRES und RCVS aufgefallen waren. Die Empfehlung des Pharmakovigilanz-Ausschusses wird nun zunächst innerhalb der EMA an den Ausschuss für Humanarzneimittel weitergeleitet und von dort an die EU-Kommission. Diese kann dann eine rechtsverbindliche Entscheidung erlassen, die in allen EU-Mitgliedstaaten gilt.